DFB-Testspielniederlage Schwarzer Tag für Dortmunds Musterschüler

Dortmunder DFB-Debütant Bender: Öffentliche Kritik durch den Bundestrainer
Foto: dapdJürgen Klopp wird sich verwundert die Augen gerieben haben, als der Ausgleichstreffer fiel. Es war die 61. Minute im Freundschaftsspiel der DFB-Elf gegen Australien. Sven Bender, einem der Lieblingsschüler des Trainers von Borussia Dortmund, war zuvor ein echter Anfängerfauxpas unterlaufen. Der Mittelfeldspieler hatte versäumt, den Torschützen David Carney vor dem Strafraum aufzunehmen. Derart grobe Fehler passieren Spielern, die durch Klopps Taktikschule gegangen sind, eigentlich nie.
Bundestrainer Joachim Löw reagierte entsprechend erbost auf den Patzer. "Sven Bender darf da nicht mit dem Ball mitlaufen, er muss mit dem Gegenspieler mitlaufen", sagte Löw nach der 1:2-Niederlage später vor einem Millionenpublikum im Fernsehen. Eine Kritik, die im Freizeitfußball zum Alltag gehört, nicht aber bei der Nationalmannschaft.
Bender saß anschließend auf dem Podium im Pressezelt und reflektierte die Tage mit der Nationalelf als "schöne Geschichte für mich". Doch die tiefe Falte auf seiner Stirn verriet, dass er nicht glücklich war über den Verlauf dieses Abends in Mönchengladbach. Es war wahrlich kein sehr gutes Debüt für den 21-Jährigen, der eine überragende Bundesliga-Saison spielt.
Schwache Vorstellung des Dortmunder Quartetts
Nicht nur er hatte einen schlechten Tag erwischt. Seltsamerweise waren seine drei Dortmunder Kollegen, die zum Einsatz kamen, kaum besser aufgelegt. Dabei hatte Löw seine Hoffnungen für das Freundschaftsspiel gerade in junge, hungrige Spieler gesetzt. Leute wie André Schürrle, der zum besten deutschen Akteur der Partie avancierte. Oder eben die Dortmunder Bender, Mats Hummels, Marcel Schmelzer sowie Mario Götze, der die letzte halbe Stunde mitwirken durfte.

"Das Wichtige ist für mich bei solchen Spielen, die jungen Leute zu testen", sagte Löw. Genutzt hat diese Chance einzig Schürrle. Schmelzer habe seine Aufgabe zumindest "in der ersten Halbzeit gut gelöst", sagte der Bundestrainer. Vielleicht hätte der Linksverteidiger öfter geflankt, wenn Lukas Podolski ihn stärker ins Offensivspiel eingebunden hätte. So aber konnte auch Schmelzer nicht wirklich glänzen. Immerhin war er noch der beste der Dortmunder.
Mario Götze, der auch im Club zuletzt nicht mehr so überragend auftrat, konnte in der Schlussphase nur noch wenig ausrichten. Hummels hingegen wurde wie Bender ungewöhnlich offen kritisiert. "In der Offensive ist es für unser Spiel besser, wenn man versucht, flach durchs Mittelfeld zu spielen", sagte der Löw zu den langen Bällen, die der Innenverteidiger mehrfach geschlagen hatte. In Dortmund lässt Hummels sich nicht so häufig zu dieser anachronistischen Art der Spieleröffnung hinreißen, in der Nationalmannschaft ist möglicherweise die Angst vor Fehlern größer.
Parallelen zu Hoffenheim und Wolfsburg
Irgendwie weckte dieser Abend Erinnerungen an ein paar andere Episoden der jüngeren Nationalmannschaftsgeschichte. Nachdem etwa die TSG Hoffenheim im Herbst 2008 die Bundesliga gerockt hatte, wurden Leute wie Marvin Compper, Tobias Weis oder Andreas Beck zu Nationalspielern. Ein halbes Jahr später wurde der VfL Wolfsburg Meister, plötzlich lud Löw Sascha Riether und Marcel Schäfer ein.
All diese Spieler konnten ihre Leistungen aus den Überfliegermonaten nicht in die Auswahlmannschaft transportieren. Inzwischen ist klar, dass Weis, Beck oder Schäfer während der Hochphasen im Club über ihren Verhältnissen spielten. Die Qualität internationaler Spitzenfußballer haben sie nicht.
Das stützt die These, dass auch Hummels, Götze, Bender und Schmelzer in der Bundesliga auch deshalb so überragend spielen, weil sie vom Zauber einer unwiderstehlichen Gruppendynamik beflügelt werden. Ebenso zutreffend könnte allerdings eine andere Erklärung sein: Die Dortmunder bewegen sich nach Monaten im Spielrausch gerade auf eine erste Formkrise zu.
Zuletzt hat der Tabellenführer nur einen Punkt aus zwei Partien erspielt, der Vorsprung auf Platz zwei ist von zwölf auf sieben Punkte geschrumpft, und am Samstag ist die unangenehme Kontermannschaft aus Hannover zu Gast beim BVB. Wenn es schlecht läuft, gerät die sicher geglaubte Meisterschaft noch einmal in Gefahr.
Im Saisonfinale käme ein nachhaltiges Leistungstief einiger der besten Spieler überaus ungelegen, so gesehen hätte sich eigentlich Jürgen Klopp über das ungünstig terminierte Länderspiel beklagen müssen und nicht Bayern-Präsident Uli Hoeneß.