Marco Fuchs

Eklat um Beleidigungen gegen Hopp Plötzlich geht's

Marco Fuchs
Ein Kommentar von Marco Fuchs
Bei Beleidigungen gegen Hoffenheims Mäzen Dietmar Hopp zeigt die Deutsche Fußball Liga eine ungekannte Konsequenz. Sie muss beweisen, dass bei Sexismus und Rassismus ähnlich hart durchgegriffen wird. Zweifel sind angebracht.
Dietmar Hopp bedankt sich bei dem Schiedsrichterteam

Dietmar Hopp bedankt sich bei dem Schiedsrichterteam

Foto: KAI PFAFFENBACH/ REUTERS

Es waren Szenen, wie sie die Fußball-Bundesliga in knapp 60 Jahren noch nicht gesehen hat: Nachdem die Partie zwischen der TSG Hoffenheim und dem FC Bayern München zweimal unterbrochen war, schoben sich die Spieler beider Mannschaften eine Viertelstunde lang den Ball nur noch hin und her. An der Mittellinie standen die befreundeten Größen beider Klubs, Karl-Heinz Rummenigge und Dietmar Hopp, und spendeten Applaus. Auslöser war eine Schmähung Hopps, dieses Mal aus der Bayern-Kurve, nachdem in den vergangenen Wochen Fans aus Dortmund und Mönchengladbach übers Ziel hinausgeschossen waren.

Keine Frage: Hopp als "Hurensohn" zu bezeichnen, mag zur Fußball-Folklore gehören, geschmacklos ist sie dennoch, sein Gesicht "im Fadenkreuz" ist es allemal. Einige Fans in den Kurven wollen den Konflikt eskalieren lassen, der sich um Bundesligaklubs als privates Hobby, um die allumfassende Kommerzialisierung dreht. Dafür ist Red Bull das Getränk, Hopp das Gesicht. Die Kollektivstrafen für das Fehlverhalten einiger Dortmunder Fans gegen Hopp, seine Privatklagen gegen BVB-Anhänger haben den Konflikt dabei nicht entschärft.

Dennoch sorgt die plötzlich mögliche Konsequenz gegenüber Fehlverhalten auf den Rängen für einen schalen Beigeschmack. Wer in den vergangenen Jahrzehnten in Bundesligastadien zu Gast war, hat derartige Beleidigungen gegen Klubs und Einzelpersonen schon hundertfach gehört. Bei Rassismus auf den Rängen empfahl der DFB am Tag vor dem Eklat per Social Media noch, dass man den Übeltätern ein "Wir wollen Fußball schauen!" entgegensetzen solle. Bei Beleidigungen gegen den Mitgründer des DFB-Premium-Partners SAP ist die Sanktionspalette weitreichender.

Als der Herthaner Jordan Torunarigha kürzlich rassistisch beleidigt wurde, gab es noch nicht einmal eine Stadiondurchsage. Als Jugendfußballer von Hertha den Platz wegen rassistischer Beleidigungen verließen, wurde die Partie gegen sie gewertet. So entsteht bei den Fußballfans in Deutschland der Eindruck, dass es bei Fehlverhalten Opfer erster und zweiter Klasse gibt. Nationalstürmer Timo Werner musste sich ebenfalls als "Hurensohn" beleidigen lassen, ohne dass dies Folgen gehabt hätte. Die Rufe kamen aus dem Block der Hoffenheimer Fans. Dort hing auch schon ein Banner, in dem der Gegner als "FotzenFreiburg" beleidigt wurde, ohne dass sich Schiedsrichter oder Spieler zu solch großen Gesten wie in der Partie zwischen Hoffenheim und München gesehen bemüßigt fühlten.

Wenn dieses Vorgehen nun die neuen Leitplanken im deutschen Fußball einziehen soll, dann wird sich der Fußball grundlegend ändern -  wenn jede Pöbelei, jede Geschmacklosigkeit zu einem Spielabbruch führen soll, wird kein Bundesligawochenende mehr mit neun Partien über 90 Minuten zu Ende gehen.

Sollte der Eklat hingegen der Startschuss sein, künftig mit ähnlicher Härte gegen Rassismus und Homophobie vorzugehen, hätte er sein Gutes. DFB und DFL werden sich an der Causa Hopp messen lassen müssen. Künftig müsste jedes sexistische, antisemitische oder rassistische Banner einen Spielabbruch näher rücken lassen. Gleiches Recht für alle. Die Latte liegt hoch, sehr hoch.

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