Drei Thesen zum Spieltag Die Bundesliga ist wieder mutig

Die Augsburger sorgen als angreifender Außenseiter bei Tabellenführer Dortmund für ein Spektakel, damit liegen sie im Trend. Dieter Hecking erfindet sich neu, und die Bundesliga hat einen Stürmer, wie es ihn noch nie gab.
Jubelnde Augsburger

Jubelnde Augsburger

Foto: Lars Baron/ Bongarts/Getty Images

1. Die Bundesliga ist wieder mutig

Was für ein Spektakel! Beim furiosen 4:3 (0:1) zwischen Borussia Dortmund und dem FC Augsburg trugen die Gäste einen großen Anteil zu diesem Fußballfest bei. Als Außenseiter zum ungeschlagenen Tabellenführer? Da attackieren wir doch mal. Der FCA versteckte sich nicht und war mit seiner mutigen Spielweise über 90 Minuten ebenbürtig. Ein Trend in dieser Saison. Waren in der abgelaufenen Spielzeit noch die Schalker die Trendsetter in Sachen Erfolg durch Torverhinderung, dominieren in dieser Saison die offensiv denkenden Trainer die Tabellenspitze.

Die Hertha spielt auf einmal erfrischend nach vorn, Werder Bremen sucht sein Heil ebenso in der Offensive wie die überraschend forsch auftretenden Neulinge. Fortuna Düsseldorf und der 1. FC Nürnberg tragen gegenüber den Absteigern aus Köln und Hamburg mit ihrer Spielweise maßgeblich zur Qualitätssteigerung der Liga bei.

Auch die Angst vor den übermächtigen Bayern scheint verflogen - der Pokalerfolg der Frankfurter Eintracht hat seine Spuren in der Liga ebenso hinterlassen wie das Vorrunden-Aus der deutschen Nationalmannschaft bei der WM in Russland. Taktik schlägt Behäbigkeit, Geschwindigkeit individuelle Klasse. Wenn dann noch maximal destruktive Pläne wie die des VfB Stuttgart (fünf Verteidiger und drei defensive Mittelfeldspieler beim Tabellenletzten Hannover 96) bestraft werden, kann das nur gut für den Unterhaltungswert der Liga sein.

2. Dieter Hecking erfindet sich in dieser Saison neu

Dieter Hecking wurde in der Rückrunde der vergangenen Saison des Öfteren kritisiert. Er würde die Mannschaft taktisch nicht weiterbringen, er hätte keine Alternativen parat. Gladbachs Sportdirektor Max Eberl hielt Hecking in der Sommerpause den Rücken frei - und der Trainer liefert. Hecking installierte ein offensives 4-3-3, spielt mit nur einem Sechser und zwei offensiveren Achtern. Im Gegensatz zum klassischen Hecking-4-4-2 mit zwei Sechsern mutet das neue System schon sehr riskant an. Aber: Hecking hat sich neu erfunden, einen genauen Plan - und die Spieler dafür.

Beim 3:0 (2:0) gegen die Bayern ließ er den in den vergangenen Wochen im Zentrum glänzenden Alassane Pléa auf den Flügel ausweichen, um Kapitän Lars Stindl in der Sturmmitte aufzustellen. Die Maßnahme wirkte: Bereits nach 16 Minuten hatten beide einen Treffer vorzuweisen. Diese Tore konnten aber nur fallen, weil Gladbach situativ presste, mit den drei Stürmern plus den beiden Achtern anlief - und Bayern im Aufbau fast schon überrannte. Aber immer mit dem Hintergedanken, auch defensiv sicher zu stehen. Thiago Alcántara schien beim 2:0 durch Stindl völlig perplex ob der hochstehenden Gladbacher Achter. Jonas Hofmann schnappte sich den Ball und bediente den Torschützen.

Hecking, der Taktikfuchs: Kamen Bundesligafans diese Worte in der vergangenen Saison nur mit einem verschmitzten Lächeln über die Lippen, ist dies spätestens seit dem herausragenden Auftritt in München Fakt.

3. Paco Alcácer ist der kommende Star der Liga

55 Jahre alt musste die Bundesliga werden, um solch eine Bilanz zu erleben: Für seine sechs ersten Treffer in Deutschlands Topliga benötigte der vom FC Barcelona nach Dortmund gewechselte Angreifer ganze 81 Minuten. Beim 4:3 (0:1) gegen den FC Augsburg wurde er in der 59. Minute eingewechselt und traf dreifach. Höhepunkt der Alcácer-Show: Sein direkt verwandelter Freistoß in der sechsten Minute der Nachspielzeit.

Paco Alcácer

Paco Alcácer

Foto: INA FASSBENDER/ AFP

Solch einen Torjäger gab es in der Bundesliga schon lange nicht mehr zu sehen. Sein Trainer Lucien Favre möchte den Spanier allerdings weiter schonend einsetzen: "Er hat seit drei Jahren kein Spiel mehr über 90 Minuten absolviert." Dass Alcácer dennoch bereits so einschlägt, dafür hat Favre eine einfache Erklärung: "Er spürt Fußball einfach."

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