Fotostrecke

DFB-Torhüter: Aus drei mach zwei

Foto: Joern Pollex/ Bongarts/Getty Images

Torhüter im EM-Kader Drei für die Bank

Kaum eine Position ist im DFB-Team so umkämpft wie die des Ersatztorwarts. Manuel Neuer ist als Nummer eins gesetzt - doch wer kommt danach? Drei Kandidaten gibt es, einen Namen muss Joachim Löw in den nächsten Tagen streichen.

Es ist ein amüsantes Bild. Täglich ein-, manchmal zweimal betreten Tim Wiese, Ron-Robert Zieler und Marc-André ter Stegen den perfekt gemähten Trainingsrasen im französischen Bergörtchen Tourrettes. Entenkindern nicht unähnlich watscheln sie dann hinter Torwarttrainer Andreas Köpke her, der sie anschließend zwei Stunden lang mit strammen Schüssen aus kürzester Distanz oder Flanken traktiert.

Ob einer von den dreien dabei bisher besser oder schlechter abschneidet, lässt sich nur bedingt feststellen. Während ter Stegen auch die härtesten Schüsse, abgefeuert aus vier, fünf Metern Distanz, festhält, als habe er seine Handschuhe mit Pattex beschmiert, wirken Zielers Reflexe auf der Linie manchmal fast unwirklich schnell. Tim Wiese strahlt die meiste Zeit souveräne Gelassenheit aus.

Alle drei Keeper haben ihre Stärken, alle drei haben aber auch kleine Schwächen. Sie haben in den vergangenen Monaten aber zur Genüge bewiesen, dass sie zu Deutschlands besten Torhütern gehören. Und sie eint ein Ziel: "Wir sind alle sehr ehrgeizig und wollen mit zur EM", sagt Ron-Robert Zieler.

Dabei wissen alle: Das Köpkesche Casting hat nur begrenzt sportliche Bedeutung. Während die drei Torhüter jetzt noch in Frankreich springen, fausten und schwitzen, wird jemand anders ihren Job machen, wenn es im Turnier darauf ankommt: Manuel Neuer. Der Münchner Keeper trifft mit den anderen Bayern-Spielern erst am Samstag beim DFB-Team ein.

Gebraucht wird der, der sich ohne Murren fügt

"Natürlich ist es eine sehr unbefriedigende Situation. Jeder will spielen. Aber es ist für uns alle klar, Manuel ist die Nummer eins", sagt Zieler SPIEGEL ONLINE. Es geht ausschließlich um den Platz auf der Ersatzbank. Es geht darum, überhaupt dabei sein zu dürfen.

Doch für diesen Platz als Backup für den als unauswechselbar geltenden Neuer, der in seiner bisherigen Karriere kaum Verletzungen oder Rote Karten kassiert hat, bedarf es nicht zuallererst eines sportlichen Überfliegers. Vielmehr wird in Polen und der Ukraine jemand gebraucht, der die Situation als Nummer zwei erträgt, sich damit abfindet und keine schlechte Stimmung verbreitet. Sich mit der Reservistenrolle begnügen - das ist normalerweise nicht die Stärke eines Schlussmanns. Torleute müssen auf dem Platz selbstbewusst und von ihren Stärken überzeugt sein. Das gilt auch für Wiese. Für Zieler. Für ter Stegen.

Wiese hat bereits bei der WM 2010 gezeigt, dass er den Job des Ersatzmanns durchaus beherrscht. Für Zieler wäre das ebenfalls keine neue Situation: "Ich habe schließlich fünf Jahre bei Manchester United gespielt. Dort war Edwin van der Saar die klare Nummer eins." Gemeckert hat der aktuelle Keeper von Hannover 96 deshalb nicht. Genau so wenig, als er bei den Niedersachsen zunächst den Platz hinter Florian Fromlowitz einnehmen musste.

Köpke hält viel von ter Stegen

Die große Unbekannte in dieser Ersatz-Troika ist der Gladbacher ter Stegen. Mit 20 Jahren ist er der jüngste der drei, zudem hat er bislang kaum internationale Erfahrung. Aber in seinen Bewegungen, seinem Äußeren, seiner Entschlossenheit ähnelt er fast schon Oliver Kahn. Ter Stegen spaßt auf dem Fußballfeld wenig herum, läuft auch durch das Mannschaftshotel mit eher ernster Miene. "Marc ist ein konzentrierter, talentierter Junge", sagt Köpke. Er lobt den Gladbacher immer wieder mit Nachdruck, redet auch auf dem Trainingsplatz sehr häufig mit ihm. Köpke wirkt sehr überzeugt von dem Jüngsten.

Doch ob ter Stegen auch ein guter Ersatzmann ist, ist unsicher. Bislang war der Nachwuchskeeper auf allen seinen sportlichen Stationen schnell die Nummer eins, spielte in sämtlichen U-Nationalmannschaften des DFB. Aus Gladbach ist überliefert, dass der damalige A-Jugendliche ter Stegen, als er merkte, dass sein Konkurrent Logan Bailly eine schlechte Phase hatte, fast ohne Unterbrechung auf dem Trainingsplatz zu sehen war. Er versuchte so, bei den Trainern Michael Frontzeck und später Lucien Favre Präsenz zu zeigen, spielte sich dann bei Favre auch tatsächlich ins Borussen-Team.

Bundestrainer Joachim Löw wird am Samstag beim Testspiel gegen die Schweiz (18 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE) andeuten, auf wen er künftig setzen wird. "Er hat noch nicht mit uns gesprochen. Wir sind sehr gespannt. Aber natürlich wird dieses Spiel ein echtes Signal", sagt Zieler.

Manuel Neuer wird es sich in aller Ruhe anschauen.

Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren