

Klaus Augenthaler, Rudi Völler, Michael Skibbe, Bruno Labbadia, Jupp Heynckes, Robin Dutt - sechs Trainer führten in den vergangenen siebeneinhalb Jahren die Lizenz-Mannschaft von Bayer Leverkusen. Sechs Trainer, sechs unterschiedliche Führungs- und Spielphilosophien, Millionenausgaben für neue Spieler. Die sportliche Bilanz aus dieser Zeit lautet: null Titel.
Es ist nicht nur die Bilanz von Bayer Leverkusen, sondern in erster Linie das Fazit eines Führungstrios, bestehend aus Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser, Sportdirektor Rudi Völler und Sportmanager Michael Reschke. Das Trio lenkt seit 2004 die Geschicke des Clubs und machte dabei nur selten eine wirklich gute, souveräne und geduldige Figur. Die aktuelle Saison muss den dreien wie ein Déjà-vu vorkommen.
"Natürlich wünscht sich ein Trainer immer vorbehaltlose Rückendeckung für seinen Kurs. Ich dachte, die hätte ich auch. Aber ich denke nicht, dass die Clubverantwortlichen das tun müssen, was die Spieler wollen. Das ist nicht meine Vorstellung von Trainerarbeit. So kann man nichts verändern." So hätte auch das Fazit von Dutt lauten können. Auch Skibbe oder Augenthaler hätten diese Worte kurz nach ihrem Dienstende sprechen können. Gesagt hat sie jedoch Bruno Labbadia, einen Tag vor dem DFB-Pokalfinale 2009 in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung".
Nur Labbadia wagte Kritik an der "Komfortzone"
Labbadia war bislang der einzige Trainer, der die Probleme mit der Bayer-Führung offen skizzierte. Der Kritik an der "Komfortzone" Leverkusen übte, der anprangerte, dass unzufriedene Spieler ständig Anlaufstellen im Management oder der Geschäftsführung haben. Der Trainer wird in Leverkusen dagegen selten gestützt, vielmehr wird er von Spieltag zu Spieltag ein bisschen mehr degradiert.
Als Dutt, der in der Vorsaison als einer der neuen Konzepttrainer beim SC Freiburg gefeiert wurde, das Traineramt bei Bayer übernahm, sagte Völler, dass "wir uns bewusst für einen anderen Trainertypen entschieden haben." Dutt galt als unbequem, teils sogar arrogant und nicht besonders empfänglich für Ratschläge von außen. Aber auch als Trainer, der einen klaren Plan vor Augen hat, der seine autoritäre Führung gegen alle Widerstände durchsetzt. Er galt als eine Art Gegenbild zu Jupp Heynckes, der im Vorjahr Vizemeister mit Bayer wurde.
Wenn man sich auf einen solchen Trainertypus einlässt, dann muss man ihm die notwendige Zeit und vor allem Rückendeckung geben. Doch davon war in Leverkusen kaum etwas zu spüren. Ganz im Gegenteil. Spätestens seit dem vergangenen November wurden von Holzhäuser und Co. ausschließlich halbherzige Trainerbekundungen abgegeben.
Bei Gegenwind dreht sich die Führung schnell ab
Es hieß zwar immer wieder: "Der Trainer steht nicht zur Disposition." Dass dies jedoch kein voller Ernst war, wurde Mitte Dezember nach dem 0:3 von Bayer im eigenen Stadion gegen den 1.FC Nürnberg deutlich. Völler offenbarte öffentlich, dass "man die gesamte Vorrunde über gesehen hat, dass irgendwas nicht stimmt." Er rückte damit deutlich vom Trainer ab, gab ihm sogar noch mit, dass man im Trainingslager nichts mehr "unter den Teppich" kehren würde.
Auch Holzhäusers Wutreden im Fall von Spielerstar Michael Ballack halfen dem Trainer keineswegs, Ruhe und Homogenität in der Mannschaft entstehen zu lassen. Denkwürdig war zudem die Rede des Geschäftsführers, der nach der peinlichen 1:7-Champions-League-Pleite gegen den FC Barcelona nicht den Druck von der sichtlich geschockten Mannschaft nahm, sondern davon sprach, dass man sich im kommenden Jahr wieder für die Champions League qualifizieren werde.
Wie schon bei Augenthaler, Skibbe und Labbadia bewies die Bayer-Führung, dass sie sich bei Gegenwind früh wegdreht, schnell vom Trainer abwendet. Die drei Leverkusener Verantwortlichen wählten in den vergangenen Jahren stets den einfachsten Weg. Sie setzten sich mit der Kritik und den Problemen nicht auseinander, sondern bugsierten irgendjemand neues auf den Trainer-Schleudersitz und arbeiteten sich anschließend Woche für Woche an ihm ab.
Jetzt, so heißt es in Leverkusen, soll zur kommenden Saison erneut ein Konzepttrainer kommen. Ralf Rangnick gilt als heißester Anwärter auf den Posten. Er ist eine naheliegende, weil kompetenzstarke Lösung. Aber auch Rangnick gilt als unbequem, als eigensinnig und als jemand, der Strukturen für längerfristigen Erfolg aufbaut.
Holzhäuser, Völler und Reschke werden schon irgendetwas an ihm auszusetzen finden.
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