Hooligans bei der EM Polizei stoppt Bus mit russischen Verdächtigen

Die französische Polizei geht gegen mutmaßliche Hooligans aus Russland vor. Sie machte eigenen Angaben zufolge mehrere Verdächtige aus, die nun das Land verlassen sollen. Auch der Kreml reagierte.
Polizeieinsatz in Südfrankreich

Polizeieinsatz in Südfrankreich

Foto: ERIC GAILLARD/ REUTERS

Nach den schweren Ausschreitungen am Rande des EM-Spiels England gegen Russland in Marseille ziehen die französischen Sicherheitskräfte Konsequenzen: Eine Gruppe russischer Anhänger soll des Landes verwiesen werden, wie die Behörden mitteilten. Polizeibeamte hätten am Morgen die Personalien von insgesamt 29 Russen in einem Hotel bei Marseille überprüft.

Für einige der Fans sei bereits Abschiebehaft angeordnet worden, heißt es. Sie wollten laut Behördenangaben am Morgen mit Autos nach Lille aufbrechen, wo Russland am Mittwoch gegen die Slowakei spielt.

Überprüft werde, ob die Russen auf einer Liste gefährlicher Hooligans stehen und folglich eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit darstellen, sagte François-Xavier Lauch von der Präfektur des Départements Alpes-Maritimes. Es bestehe zudem der dringende Verdacht, dass die Kontrollierten an den Krawallen in Marseille beteiligt gewesen seien.

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EM-Spielort Marseille: Tränengas und fliegende Stühle

Foto: ANNE-CHRISTINE POUJOULAT/ AFP

Nach Darstellung eines Insassen stoppte die französische Polizei einen Bus mit russischen Fans auf dem Weg nach Lille. Den fast 50 Reisenden drohe die Abschiebung, sagte der Sprecher der Fangruppe, Alexander Schprygin - ein Mann mit zweifelhafter Geschichte, wie etwa der "Guardian" berichtet.

Bereitschaftspolizisten umstellten seinen Angaben zufolge das Fahrzeug. Der herbeigerufene russische Konsul habe die geplante Erstürmung des Busses verhindert.

Vor allem russische, aber auch englische und französische Hooligans hatten sich am Wochenende anlässlich des Spiels Russland gegen England blutige Auseinandersetzungen geliefert. Dabei wurden 35 Menschen verletzt, fast ausnahmslos Briten, einer von ihnen lebensgefährlich.

Die Ausschreitungen hatten sich im Vorfeld der Partie über drei Tage hingezogen. Am Samstagabend im Stadion stürmten russische Hooligans dann einen Block von englischen Fans.

Die russische Regierung hat die Krawalle inzwischen als "absolut inakzeptabel" verurteilt. Wir setzen darauf, dass sich russische Bürger und Fans an die Gesetze des Landes halten, in dem sie sich aufhalten", sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. "Wir können unseren Fans nur dazu raten, nicht auf irgendwelche Provokationen zu reagieren."

Frankreichs Generalstaatsanwalt Brice Robin präsentierte am Montag Ermittlungsergebnisse. Demnach sei eine große Gruppe russischer Hooligans für viele der Ausschreitungen verantwortlich gewesen, Robin spricht von 150 Personen, die für "ultraschnelle, ultraharte Gewalt" sehr gut vorbereitet gewesen sein sollen.

Dafür sprechen auch die Aussagen eines russischen Hooligans, der der französischen Nachrichtenagentur AFP ein Interview gegeben hat. "Auf eine solche Chance habe ich zehn Jahre gewartet. 120 Russen haben 2000 Engländer in die Flucht geschlagen, und die ganze Welt hat es gesehen", sagte der Mann, der nur Wladimir genannt werden wollte.

Die russischen Hooligans seien bestens vorbereitet gewesen. Sie seien alle in verschiedenen Kampfsportarten trainiert, sagte der Mann, zudem sei man nüchtern gewesen und im Schnitt jünger als die Engländer, "die jede Menge Bier trinken". Um in der Menge verschwinden zu können, seien die Russen in unauffälliger Kleidung unterwegs gewesen.

Igor Lebedew, Vorstandsmitglied des russischen Fußball-Verbands RFS, twitterte nach den Ausschreitungen: "Ich kann nichts Schlimmes an kämpfenden Fans finden. Eher im Gegenteil. Bravo, Jungs. Macht weiter so!"

BKA sucht Zeugen für Krawalle deutscher Hooligans in Lille

In Lille hatten deutsche Hooligan-Gruppen Jagd auf ukrainische Fans gemacht. Das Bundeskriminalamt (BKA) sucht nun nach Film- und Videoaufnahmen von Augenzeugen. Dazu hat das BKA im Internet ein Hinweisportal eingerichtet , in dem die Aufnahmen elektronisch zur Verfügung gestellt werden können.

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Amateurvideos aus Marseille:

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wit/sid/Reuters/AFP
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