Ende der Pyro-Debatte "Die Verbände haben uns verarscht"

Pyro-Einsatz beim Bundesliga-Spiel zwischen Mainz und Bremen: Verbot gilt weiterhin
Foto: Thomas Frey/ dpaHamburg - Das Aus der Debatte kam per Pressemitteilung: Eine Legalisierung von Pyrotechnik komme "nicht in Frage". So der lapidare Schlussstrich des Deutschen Fußball-Bundes unter die Gespräche mit Fangruppierungen über das kontrollierte Abbrennen von Bengalischen Feuern in Stadien. Die Pyro-Befürworter reagieren mit Unverständnis.
"Für uns waren die Gespräche reine Zeitverschwendung, die Verbände haben uns verarscht", sagt Jannis Busse, Sprecher der Initiative "Pyrotechnik Legalisieren". Das Ende der Debatte ändert für ihn nichts am künftigen Verhalten der Hardcore-Fans: "Pyrotechnik ist Bestandteil der Ultra-Kultur. Und wird es auch weiterhin bleiben."
In zahlreichen Fanforen wird mittlerweile darüber spekuliert, wann es erneut zu Ausschreitungen kommen werde. "Repressionen machen das Ganze nur noch schlimmer. Strafen haben bei der Thematik noch nie genützt", sagt Busse.
Tatsächlich sind trotz Stadionverboten und hoher Geldstrafen in den vergangenen Wochen zunehmend mehr Feuerwerkskörper in den Stadien abgefackelt worden. So hatten Dresdner Fans beim Pokalspiel in Dortmund mit Bengalischen Feuern mehrmalige Unterbrechungen der Partie erzwungen. Außerdem kam es zu Ausschreitungen.
"Die Provokationen und Ungerechtigkeiten werden immer größer"
Als Reaktion fährt der DFB eine Null-Toleranz-Politik gegen Pyrotechnik in Stadien. In der Begründung für das Ende der Diskussion verweist der DFB in seiner Presseerklärung nun darauf, dass in einem im September in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten zu viel Gefahrenpotential beim Zünden der Feuerwerkskörper festgestellt worden war und dies deshalb auch weiterhin verboten sei. Warum der DFB das Rechtsgutachten nicht bereits zu Beginn der Gespräche erhoben hat, wollte der Verband auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE nicht beantworten.
Karl-Heinz Rummenigge hat zum Verhalten der Verbände eine klare Meinung. Im Interview mit der "Augsburger Allgemeinen Zeitung" sagte der Vorstandschef von Bayern München: "Man muss den schwarzen Peter ein bisschen einigen Leuten beim DFB und bei der DFL zuschieben. Es hat ja einen runden Tisch gegeben mit einigen Fangruppierungen. Und es ist offensichtlich so, dass man in einigen Gesprächen zu verstehen gegeben hat, dass man sich vorstellen kann, Pyrotechnik freizugeben. Was natürlich ein völliger Humbug ist, weil das nach den Statuten der Uefa und Fifa gar nicht möglich ist und auch mit der Polizei nicht abgestimmt war. Da ist wohl ein falscher Eindruck bei den Fans entstanden. Das hat jetzt natürlich dazu geführt, dass es Zirkus gegeben hat. Ich hoffe und bitte alle Beteiligten, schnell an den Tisch zurückzukehren und zu Ende zu diskutieren."
DFB und DFL aber wenden sich von den Ultras ab: Anstatt den Dialog mit den führenden Köpfen der Fanszene zu suchen, setzen sie auf eine noch engere Zusammenarbeit mit der Polizei und damit entsprechend auf noch härtere Bestrafungen. Damit wollen die beiden Verbände einer deutschlandweiten Ultra-Schar von weit über 20.000 Menschen begegnen. "Die Provokationen und Ungerechtigkeiten werden immer größer. Irgendwann werden wir geschlossen dagegen auftreten", sagt ein hochrangiger Münchner Ultra.
Das unrühmliche Ende einer "Geisterdebatte"
Seit Oktober des vergangenen Jahres haben sich 160 Ultra-Gruppierungen der Initiative "Pyrotechnik legalisieren - Emotionen respektieren" angeschlossen. Über Monate haben sie - unterstützt von Anwälten, Sachverständigen und im Dialog mit Ordnungsdiensten und der Polizei - Modelle entwickelt, wie man aus ihrer Sicht Pyrotechnik sicher und ohne Gefahr für die Mitmenschen einsetzen kann.
Die Initiative schaffte es sogar, in einen Dialog mit dem DFB und der DFL zu treten. Monatelang debattierten die Verbände mit den Fans über mögliche Pilotprojekte, über Wege, den Wünschen der Ultra-Szene mit Respekt zu begegnen.
Erst vor wenigen Wochen zeigten die Verbände jedoch, dass diese Debatte niemals einen wirklich ernsthaften Hintergrund hatte: "Es gibt da eine Geisterdebatte, dass DFB und Liga die Pyros doch 'legalisieren' könnten. Schon die Gesetzeslage verhindert das", sagt Liga-Präsident Reinhard Rauball vergangene Woche in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung". Warum die DFL in Person des Fanbeauftragten Thomas Schneider dann trotzdem an den Gesprächen mit den Ultras teilgenommen hat, bleibt schleierhaft.