Fan-Krawalle Sechs Gebote gegen Gewalt

Austria-Fans (r.) gegen Ordner: Den Dialog fördern
Foto: Herbert Neubauer/ dpa
Übt keine Gewalt aus und droht diese auch nicht an!
Klaut und präsentiert keine gegnerischen Fanutensilien!
Toleriert kein Fehlverhalten, vor allem nicht in den eigenen Reihen!
Verzichtet auf Fanmärsche und konspirative Anreisen!
Unterlasst das Mitbringen und Abbrennen von Pyrotechnik und Feuerwerkskörpern!
Lasst euch nicht provozieren!
Die gemeinsame Erklärung von 1. FC Köln und Borussia Mönchengladbach liest sich fast so, als hätten die Vereine biblische Gebote verfasst. Sie richten sich an die Fans vor dem Rhein-Derby an diesem Freitag (20.30 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE), und sie sind die Gebote für einen ordentlichen Fußballfan. Gebote der Hoffnung.
Bahn und Polizei wollen sich darauf nicht verlassen. Sie haben vor dem Spiel Beschränkungen erlassen: Fans dürfen in Zügen bei der An- und Abreise keinen Alkohol trinken und keine Flaschen oder Gläser dabei haben. Die Bundespolizei hat 38 Personen aus Köln und Mönchengladbach verboten, sich in Kölner Bahnhöfen und Zügen aufzuhalten. Knapp 200 Kölner und 60 Mönchengladbacher, die schon mal aufgefallen sind, haben Stadionverbot. Fahrräder dürfen an bestimmten Stellen nicht geparkt werden - sie könnten als Wurfobjekte missbraucht werden.
Schon vor dem Hinspiel gab es solche Vorkehrungen, außerdem verhängte die Stadt Mönchengladbach damals für 142 Straßen ein Alkoholverbot. Die Methoden haben sich aus Sicht der Polizei bewährt: "Wir sehen das positiv, wir haben mit diesen Maßnahmen positive Erfahrungen gemacht", sagt Günter Ahr von der Bundespolizeidirektion Sankt Augustin SPIEGEL ONLINE. "Es gibt weniger Vandalismus und weniger Aggressionspotential."
Und trotzdem macht sich so mancher Sorgen. "Wir sind alle nicht glücklich über diesen Termin", sagt Borussias Sportdirektor Max Eberl in Anspielung auf die späte Anstoßzeit - und die damit verbundene Feierlaune der Fans. Die Kölner Polizei hat zur Sicherheit eine Verstärkung ihrer Kräfte ankündigt.
Viele Maßnahmen, viele Pläne - einige gehen ins Absurde
Noch weiter geht die Hamburger Polizei vor der brisanten Partie zwischen dem FC St. Pauli und Hansa Rostock am 28. März in der zweiten Bundesliga. Für Hansa-Anhänger werden nur 500 Sitzplatzkarten zum personifizierten Verkauf zur Verfügung gestellt, also gegen Vorlage von Personalpapieren. Beim Einlass werden die Karteninhaber überprüft. Nach Angaben des FC St. Pauli wollte die Polizei erst sogar, dass Rostock ohne Auswärtsfans antritt - dabei hatten sich die Rostocker Verantwortlichen erst noch für mindestens 1400 Tickets stark gemacht.
Die Aufregung um die beiden Spiele zeigt, wie vielfältig inzwischen die Maßnahmen und Pläne gegen Gewalt bei Fußballspielen sind. Und nicht genug - spätestens seit den Ausschreitungen bei Hertha Berlin am vergangenen Wochenende bekommt die Debatte manchmal Züge, die ins Absurde spielen.

Rainer Wendt, Bundesvorsitzender der Polizeigewerkschaft DPolG, hat inzwischen gefordert: "Diese Kurven, wo sich die Gewalt hochschaukelt, müssten gesperrt werden." Gemeint sind die Stehplatztribünen - nur gibt es davon in Berlin gar keine mehr.
Wendt verlangt außerdem "mindestens einige Spiele ohne Zuschauer, damit diese Krawallmacher auch merken, dass sie ihrem Verein schaden". Der innenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im nordrhein-westfälischen Landtag, Karsten Rudolph, findet "Nacktscanner eine wirkungsvolle Methode, um gefährliche Gegenstände aus den Stadien fernzuhalten" - so sagte er es der "Rheinischen Post".
Volker Goll von der Koordinationsstelle Fanprojekte fürchtet, dass durch solche "übertriebenen Forderungen eine gezielte interne Diskussion bei Fans verhindert" wird: "Da werden Maßnahmen verkündet, die keinen Bezug zu den Handlungen haben. Auch in der Erziehung kann der Holzhammer keine konstruktiven Wirkungen erzielen." Man könne die Probleme nicht pauschal lösen, sondern "muss gezielt vor Ort arbeiten. Denn es gibt in unterschiedlichen Fangruppen unterschiedliche Probleme. Deswegen brauchen wir einen lokalen Dialog, diesen können Fanprojekte vermitteln."
In Mönchengladbach gibt es einen Arbeitskreis für einen ständigen Dialog zwischen Verein und Fans. Auch Ultras sind vertreten. Vor dem Spiel gegen Köln wurden die Gespräche intensiviert - "wir sind guter Dinge, dass alles friedlich ablaufen wird", sagt Gladbachs Pressesprecher Markus Aretz SPIEGEL ONLINE.
Wenn es klappt, wäre es ein wichtiger Erfolg.