Barcelonas Dembélé und Aubameyang So schön wie einst beim BVB

Die beiden Ex-Dortmunder Aubameyang (l.) und Dembélé (Mitte) mit Ferran Torres
Foto:JAVIER SORIANO / AFP
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Pierre-Emerick Aubameyang lachte dieses Lachen, das für Fußballstars so untypisch natürlich wirkt. Er erklärte, was es mit der Kugel auf sich hatte, die er beim Torjubel aus dem Publikum gefangen und dann mit geschlossenen Augen hochgehalten hatte. »Ein Dragon Ball, mit ihm kannst du dir etwas wünschen.«
Aubameyang, Stürmer des FC Barcelona mit Familie in Spanien, hatte sich ein Tor für seine verstorbenen Großeltern gewünscht. Am Ende schoss er im Clásico bei Real Madrid sogar zwei. Nach gerade mal 444 Minuten in La Liga seit dem Wechsel von Arsenal zu Barcelona hat er damit schon siebenmal getroffen.
Tore, unkonventioneller Jubel und ansteckend gute Laune: Es ist ein Aubameyang, wie man ihn einst bei Borussia Dortmund in der Bundesliga kannte. Wie er zuletzt nach einem schwierigen Jahr und im Alter von 32 aber schon passé schien. Verloren gegangen wie Barça, das von einem Debakel zum nächsten taumelte. Dem das Lachen fehlte, das Lachen nach Toren, ein Lachen wie von Aubameyang.

Aubameyang in der linken Hand mit einem Dragon Ball, bekannt aus der gleichnamigen Manga-Kultserie
Foto: JAVIER SORIANO / AFP»Viele Spieler hier sind kritisiert und abgeurteilt worden«, erinnerte Trainer Xavi Hernández noch mal an diese Zeiten, die gar nicht lange her sind und doch nur noch wie ein flüchtiger Albtraum erschienen nach einem triumphalen 4:0 (2:0) bei einem konfusen Erzrivalen in dessen Santiago Bernabéu. Das Beste an diesem Abend war das Ergebnis – für Real Madrid. »Es hätte noch viel schlimmer ausgehen können«, wusste Torwart Thibaut Courtois, der für die Schadensbegrenzung verantwortlich war.
Was hätte sein können, wenn die ganze Saison der Kader und der Trainer von jetzt zur Verfügung gestanden hätte, wurde derweil Klubdirektor Jordi Cruyff gefragt. »Wir können es uns alle denken, aber wir werden es nie wissen«, sagte er.
Bestimmt läge Barça nicht zwölf Punkte (bei einem Spiel weniger) hinter Spitzenreiter Real. Wahrscheinlich würde es eher stehen wie in der Xavi-Tabelle: Seit Barças Ex-Spielmacher zum 14. Spieltag als Nachfolger von Ronald Koeman übernahm und sich dabei als ähnlich klug herausstellt wie einst auf dem Platz, hat sein Team in weniger Partien genauso viele Punkte geholt wie Real.
Im Bernabéu war alles zu sehen, was man sich von seiner Verpflichtung erträumt hatte: ein Vintage-Barça mit den klassischen Identitätszeichen – hohe Abwehrlinie, schnelle Passzirkulation, Pressing nach Ballverlust –, aber auch integriertem Update auf vertikalen Tempofußball.
So richtig greift allerdings auch der Xavi-Effekt erst, seit er nicht mehr mit einem Angriff aus Luuk de Jong und den Nachwuchsspielern Ferran Jutglà und Ilias Akhomach antreten muss wie etwa noch bei einem 1:0 am 2. Januar auf Mallorca. Sondern wie in Madrid mit einem aus Aubameyang, dem ebenfalls in der Winterpause verpflichteten Nationalstürmer Ferran Torres – und Ousmane Dembélé.

Dembélé kam im Sommer 2017 für angeblich 140 Millionen Euro Ablöse von Dortmund nach Barcelona
Foto: Manu Fernandez / APJa, Dembélé. Der ist zwar eigentlich seit fast fünf Jahren im Verein. Aber auch er fühlt sich trotzdem an wie ein Neuzugang. Wo Aubameyang nach einem Ende in Streit, Bitternis und Disziplinlosigkeiten bei Arsenal schon abgeschrieben war, hatten das bei seinem Dortmunder Ex-Mitspieler Dembélé die ständigen Verletzungen besorgt – sowie zuletzt auch der eigene Klub. Kurz vor Ende der Transferfrist wurde er mit einem Ultimatum aus dem Kader für das Pokalspiel in Bilbao geworfen: Entweder er verlängere seinen Vertrag oder er werde nie wieder für Barça spielen.
Dembélé hat bis heute nicht verlängert. Aber er spielt.
Die »Dembeliever« sind zurück
In Bilbao gab es die bisher letzte Niederlage für Barça, das war am 20. Januar. Dann kamen Aubameyang und Dembélé. Und nun, in Madrid, wo die ehemaligen Dortmunder bereits in ihrer großen Saison 2016/2017 bei einem 2:2 in der Vorrunde überragten, sprintete Dembélé immer wieder leicht vorbei an Reals Aushilfslinksverteidiger Nacho – so bereitete er das 1:0 durch Aubameyang vor.
Auch das 2:0 durch einen Kopfball von Abwehrspieler Ronald Araújo folgte seiner Flanke. Als zweiter Barça-Spieler der Geschichte gelingen Dembélé damit zwei Torvorlagen in einer ersten Halbzeit im Bernabéu. Der Erste war sein Trainer gewesen, 2009 bei einem mythischen 6:2.
Ob wegen Xavi, dem positiven Einfluss seines alten Freundes Aubameyang oder einfach nur, weil bei Dembélé gern das Gegenteil dessen passiert, was man erwartet: In den vergangen fünf Ligapartien allein kommt der 24-Jährige auf sieben Torvorlagen. Die »Dembeliever« in Barcelona, zeitweise fast vom Aussterben bedroht, können wieder frohlocken, und plötzlich klingen vergangene Elogen nicht mehr ganz so vermessen. »Besser als Mbappé« hatte ihn Klubpräsident Joan Laporta genannt, als man ihm noch mit warmen Worten zur Vertragsunterschrift schmeicheln wollte. »Richtig an die Hand genommen, kann er der Weltbeste auf seiner Position sein«, erklärte damals Xavi.

So ein Bild sieht man nicht jeden Tag
Foto: JAVIER BARBANCHO / REUTERSAktuell wird das Thema nicht berührt. Aus Dembélés Lager wird immer noch kolportiert, er würde gern bleiben. Aus dem Klub hingegen heißt es, man habe keine neuen Signale empfangen und werde sein Angebot angesichts der finanziellen Lage nicht aufbessern. Nur der freimütige Aubameyang spricht offen und erzählte zuletzt: »Als ich hier ankam, sagte ich zu ihm: ›Du musst bleiben, Bruder.‹«
Aubameyang selbst hat ein Arbeitspapier bis Sommer 2025. Unter seinen ausschlaggebenden Aktionen im Bernabéu war es schwer, eine über die anderen zu stellen. Der Kopfball zwischen den Innenverteidigern Éder Militão und David Alaba zum 1:0 war wohl die wichtigste. Eine brillante Hackenvorlage zum 3:0 von Torres die kreativste. Ein gefühlvoller Lupfer über Courtois zum 4:0 die eleganteste. Außerdem arbeitet er nach hinten mit, presst vorn gut, ist stets anspielbar, öffnet mit seiner Stärke im Raum neue Register für Barças Spiel und gibt Komplimente artig weiter: »Mit solchen Mitspielern ist es einfach.«
Und so konnten sie bei Barcelona ihr Glück kaum fassen. Mit Aubameyang, der ihnen nach Vertragsauflösung in London ablösefrei in den Schoß fiel. Und überhaupt. »Außer Barça-Trainer bin ich auch culé (Barça-Fan), das sind spektakuläre Erlebnisse, die müssen wir genießen«, sagte Xavi und bestätigte den Eindruck einer Trendwende im Team: »Wir haben die Trägheit des Verlierens abgestreift.«
In ähnlichem Sinne fasste sich Barças etablierter Lautsprecher Gerard Piqué ganz kurz. Er twitterte nach Spielschluss nur drei Worte, auf Englisch: »We are back«.