Klub-Weltmeister FC Bayern Endlich wieder Bielefeld

Jetzt auch noch Klub-Weltmeister, der sechste Titel in einer Saison: Das ist ein Rekord für den FC Bayern. Doch am Ende des Turniers in Katar mit Aufregern und schlechten Nachrichten wirkt das Team eher müde als euphorisch.
Von Florian Kinast, München
Die Bayern unter Flick: Mehr Titel als Pflichtspielniederlagen

Die Bayern unter Flick: Mehr Titel als Pflichtspielniederlagen

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Uncredited / dpa

Hansi Flick ging bei der Siegerehrung leer aus. Gianni Infantino schickte sich gerade an, die allerletzte seiner zu vergebenden Goldmedaillen dem Trainer des FC Bayern auszuhändigen – als Flick den Fifa-Boss höflich darauf hinwies, dass nach ihm ja noch ein Spieler käme, und obendrein noch ein ganz wichtiger, der das Edelmetall noch eher verdient hätte: Manuel Neuer, der Kapitän. So hüpfte der selbstlose Flick ohne Medaille durch den anschließenden Konfettiregen, an einem Abend, an dem der FC Bayern Geschichte schrieb. Als die zweite Mannschaft der Fußballhistorie, die – nach dem FC Barcelona 2009 – ein Fußballjahr mit sechs Titeln abschließt.

Es war aber auch ein Abend, an dem in einer ohnehin schon komplizierten Zeit die seltsamen Tage eines schwierigen Turniers endeten. Ein Abend, nach dem die Bayern glücklich waren, dass sie die Klub-Weltmeisterschaft gewonnen hatten – vor allem aber auch, dass sie endlich wieder heim durften.

Spieler wie auch Trainer wirkten gezeichnet von den Ereignissen der vergangenen Woche. Unter normalen Umständen hätte die Reise nach Katar auch eine willkommene Abwechslung sein können, ein angenehmer Betriebsausflug raus aus dem deutschen Winter in das milde Klima am Persischen Golf. Dazu zwei Spiele gegen qualitativ limitierte Mannschaften wie beim 2:0 gegen Al Ahly aus Kairo und im Finale beim 1:0 gegen Tigres UANL aus Mexiko. Sportlich gibt es in der Bundesliga größere Herausforderungen.

Alles andere als ein unbeschwerter Betriebsausflug

Doch wirklich unbeschwert war auf diesem Trip sehr wenig bis gar nichts, und das lag noch am allerwenigsten am Hickhack um den verzögerten Abflug und das in der Folge aufgeregte Echauffieren der Klubgranden Rummenigge und Hoeneß. Mühsam waren die Tage für den FC Bayern unter anderem deswegen, weil sie auch diesmal wieder die umstrittenen Geschäftsbeziehungen mit dem Emirat Katar einholten, wenngleich der Klub diesmal natürlich nicht aus eigenen Stücken für ein Trainingslager hierhergekommen war, sondern für ein von der Fifa dorthin vergebenes Turnier.

Dazu kamen die Umstände der Abreise von Jérôme Boateng, der am Mittwoch aus privaten Gründen wieder nach Deutschland geflogen war, Hansi Flick erklärte dazu: »Das hat uns alle mitgenommen.« Und auch der positive Corona-Test von Thomas Müller am Tag des Endspiels warf einen Schatten auf dieses Turnier, das sicher dazu taugte, sich an Titeln gemessen nun als bester FC Bayern aller Zeiten rühmen zu dürfen – ein Turnier, dessen Pokal letztlich aber per se für die Spieler einen deutlich geringeren Stellenwert einnimmt als der Henkelpott in der Champions League.

Und so fehlte nach Abpfiff auch die ganz große Euphorie, die grenzenlose Emotion wie noch im August nach dem Finalsieg gegen Paris St. Germain. Das Entrückte, das Losgelöste. Im Vergleich zur damaligen Nacht von Lissabon wirkte es bei aller Freude auf dem Rasen des Education City Stadium am Stadtrand von Doha dann doch vergleichsweise reduziert. Man sang den Standard-Evergreen von den »Campeones, Campeones«, reichte den Pokal reihum, zwischendrin rekonstruierten Robert Lewandowski und Leroy Sané eher nüchtern einige Spielszenen und schienen sich dabei zu individuellen Optimierungsoptionen auszutauschen.

Immerhin kein Nachtflugverbot in Doha

Viel Zeit zum Feiern blieb eigentlich auch gar nicht. Und auch das passte zu dieser sich merkwürdig anfühlenden Veranstaltung. Früher endeten große Triumphe in ausufernden Gelagen schlafloser Nächte. An diesem Donnerstag in Doha hingegen sputete sich der Tross des FC Bayern zum hurtigen Aufbruch in Richtung Flughafen. Immerhin konnte diesmal keine Flugsicherung mit einem Startverbot dazwischenfunken, am Hamad International Airport gibt es kein Nachtflugverbot.

Müde und erschöpft widmete Hansi Flick den Titel noch all denjenigen, die nicht dabei sein konnten. Boateng, Müller, Leon Goretzka und Javi Martínez. Am Ende nannte Flick auch noch verletzte Spieler wie Tanguy Nianzou und Malik Tillman, seine größte Befürchtung schien es, einen Spieler zu vergessen. Flick wurde schließlich auch noch auf seine phänomenale Bilanz angesprochen, dass er in seinen 15 Monaten als Cheftrainer mehr Titel einsteckte (sechs) als Pflichtspielniederlagen (fünf). Aber auch da entgegnete er trocken, dass das auf Dauer nicht zu halten sei und sicher auch noch mehr Niederlagen kämen. Es war nicht der Abend für überschwängliche Begeisterung. Weshalb Flick als Fazit des sechsten Triumphs, des Sixtuples, Sixpacks oder wie auch immer resümierte: »Das hier ist nun abgehakt.«

Einmal Geschichte geschrieben. Punkt, fertig, Ende. Und ab nach Hause.

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Manchmal war es auch beim FC Bayern so, dass man nach einem großen Triumph erst einmal in ein Loch fiel, dass die Motivation für anstehende Pflichtaufgaben fehlte. Am Donnerstag schien es, als freuten sich Flick wie auch seine Spieler auf daheim. Auf zwei trainingsfreie Tage. Vor allem aber auch auf die Rückkehr in den Liga-Alltag, auf das Montagabendspiel des 21. Spieltags vier Tage später. Wenn es nicht mehr gegen einen Champions-League-Sieger aus Afrika oder Nordamerika geht, sondern gegen einen Tabellensechzehnten aus Ostwestfalen.

Endlich wieder Bundesliga. Endlich wieder Bielefeld. Vielleicht endlich mal wieder einen unbeschwerten Sieg. Nur keine schlechten Nachrichten mehr. Davon hatten die Münchner vergangene Woche genug.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version war von einem Gegner aus Mittelamerika die Rede, dabei spielten die Bayern im Klub-WM-Finale gegen einen mexikanischen Klub, also einen Gegner aus Nordamerika. Wir haben die Stelle geändert.

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