Bayerns Aus in der Champions League Aus Pep wird kein Sepp
Ausgangslage des Spiels: Ob die dreijährige Trainertätigkeit von Josep Guardiola als erfolgreich oder als gescheitert in die lange Klubhistorie des FC Bayern eingehen wird, soll sich an diesem einen Spiel gegen Atlético Madrid entscheiden. Unwichtig sind 118 Siege in 155 Pflichtspielen. Völlig gewöhnlich sind drei Deutsche Meisterschaften in Folge. Dreimal in Folge im Champions-League-Halbfinale? Pah, das hätte Hermann Gerland auch geschafft - und der hätte sich ab und zu auch mal Zeit für ein Interview genommen. Frei von Ironie benötigten die Bayern nach der 0:1-Niederlage im Hinspiel zum Einzug ins Finale der Champions League einen Sieg mit zwei Toren Unterschied. Das ist den defensivstarken Spaniern letztmals im Februar 2015 passiert.
Aufstellungen:
FC Bayern: Neuer - Lahm, Martínez, Boateng, Alaba - Alonso - Costa (73. Coman), Müller, Vidal, Ribéry - Lewandowski.
Atlético: Oblak - Juanfran, Giménez, Godín, Luís - Koke (90. Savic), Gabi, Fernández (46. Carrasco), Ñíguez - Griezmann (82. Thomas), Torres.
Das Ergebnis: Die Bayern siegten 2:1, verpassten das Finale der Champions League aber zum dritten Mal in Folge.

Erste Halbzeit: Seit dem Hinspiel weiß die Fußballwelt, wie Spiele zwischen Raumverknappern und Raumöffnern aussehen können. Atlético hatte zwar einige Torchancen zugelassen, die Bayern hatten Torhüter Jan Oblak dabei aber selten in Gefahr gebracht. In München starteten die Madrilenen mit zwei Gabi-Fernschüssen (6. Minute/15.) zwar passabel, ansonsten ließen sich die Gäste aber weit in die eigene Hälfte drängen. Das lag in erster Linie an Guardiolas Taktik, der seine Mannschaft höher anlaufen ließ. Auch im defensiven Umschaltspiel agierten die Bayern deutlich aufmerksamer - heraus kam ein Torschussverhältnis von 16:2. Das Tor erzielte Xabi Alonso mit einem abgefälschten Freistoß (31.).
Fehlschuss 1: Nur drei Minuten später hätte der deutsche Rekordmeister Atléticos Probleme mit einem zweiten Treffer vergrößern können. Nach einem Foul an Javi Martínez gab Schiedsrichter Cüneyt Cakir Elfmeter. Thomas Müller trat an - und scheiterte mit einem schwachen Schuss an Oblak. Eben dieser Müller hatte in Madrid noch auf der Bank gesessen und seinen Unmut über Guardiolas Entscheidung runtergeschluckt: "Ein Gesicht zu ziehen, hilft keinem weiter." Am Dienstag hatte Müller noch mehr Grund, enttäuscht zu sein.
Heißsporn: Atléticos Trainer Diego Simeone ist berühmt, weil er in den vergangenen fünf Jahren aus einer spanischen Durchschnittsmannschaft ein europäisches Top-Team geformt hat. Und er ist berüchtigt, weil er es versteht, Spieler und Fans aufzuheizen und dafür manchmal auch zu unfairen Mitteln greift. In Spanien ist er derzeit wegen eines Ballwurfs von Atléticos Bank aus in einen laufenden Konter des Gegners gesperrt. Sein Temperament zeigte Simeone auch in München. Höhepunkt der Simeone-Show war eine Rangelei mit Franck Ribéry, als ihn der Franzose am Eindringen in Guardiolas Coaching Zone hinderte. Kurz vor Spielende schubste er dann einen seiner Assistenten, der dem Linienrichter nicht schnell genug eine Auswechslung angezeigt hatte.
Zweite Halbzeit: Simeone stellte in der Pause aber auch unter Beweis, welch exzellenter Taktik-Kenner er ist. Mit der Einwechslung von Yannick Carrasco stellte der Argentinier auf ein 4-1-4-1 um, Ñíguez rückte ins Zentrum und so bekamen die Gäste in der Offensive etwas mehr Zugriff. Weil sich die Bayern dann auch noch in einer Umschaltaktion überspielen ließen, stand Antoine Griezmann plötzlich frei vor Torwart Manuel Neuer und erzielte das wichtige Auswärtstor (53.). Die Münchner wirkten eine Viertelstunde geschockt, spätestens nach Lewandowskis Kopfballtor (74.) war der Finaleinzug wieder möglich. Doch auch die fünfminütige Nachspielzeit brachte nicht das nötige dritte Bayern-Tor.
Fehlschuss 2: Es war eine Kopie des Elfmeters von Müller. Martínez hatte an der Strafraumgrenze Fernando Torres gefoult, Cakir zeigte wieder auf den Punkt - eine strittige Entscheidung. Torres trat an, schoss wie Müller halbhoch ins linke Eck und Neuer konnte parieren. So gab es noch eine spannende Schlussphase - mit dem besseren Ende für Atlético.
Erkenntnis des Spiels: Für den FC Bayern hat es wieder nicht gereicht. Trotzdem kann man nur hoffen, dass Guardiola auch außerhalb von München die Würdigung erhält, die er nach den taktischen Innovationen für die Bundesliga verdient.