Bayern-Niederlage in Frankfurt Das Schweigen nach der Demütigung

Bayern-Keeper Manuel Neuer
Foto: Alex Grimm / Getty ImagesDie Frankfurter Spieler kehrten gerade erst vom Jubeln vor der Fankurve in die eigene Hälfte zurück, da standen die Bayern längst wieder auf ihren Positionen, die Hände in den Hüften, konsterniert, resigniert, fassungslos. Es war tatsächlich schwer zu begreifen, was an diesem Samstagnachmittag mit dem deutschen Fußball-Rekordmeister passierte.
Es war der Treffer zum 5:1 (2:1) für Eintracht Frankfurt. So hoch hatte der FC Bayern zuletzt im Jahr 2009 verloren, beim VfL Wolfsburg, dem späteren Deutschen Meister. Wolfsburgs Grafite traf damals mit der Hacke, VfL-Trainer Felix Magath wechselte kurz vor Schluss den Torwart aus, es war eine Demütigung. Und demütigend war auch der Auftritt an diesem Samstag.
In Frankfurt können zwar auch gute Mannschaften verlieren. Gerade in Unterzahl. Aber so hoch? Wie erklären die Spieler einen solchen Auftritt?
Profis vermeiden die Presse
Praktisch gar nicht. Kapitän Manuel Neuer sagte in einem TV-Interview zwar, auch nach der frühen Roten Karte gegen Bayern-Verteidiger Jérôme Boateng (10. Minute) dürfe man "keine fünf Dinger bekommen". Zudem habe sich die Niederlage "ein bisschen angebahnt".
Ansonsten äußerte sich aber kein Spieler. Und selbst Neuer, der eigentlich immer umfassend Rede und Antwort steht, vermied den Gang zur schreibenden Presse. Auch Sportchef Hasan Salihamidzic schwieg - genauso wie Präsident Uli Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz-Rummenigge, die direkt nach dem Schlusspfiff in die Kabine marschierten. Dabei hätte es viel zu erklären gegeben.
Schon in den vergangenen Wochen stimmte die Leistung häufig nicht, oft jedoch zumindest das Ergebnis. Aber die Bayern haderten, suchten nach Gründen, nach Lösungen. Einen Ansatzpunkt meinte Trainer Niko Kovac gefunden zu haben: Wiederholt war sein Team gerade in der Anfangsphase schläfrig aufgetreten und dann schlecht ins Spiel gekommen. Zuletzt hatte er auch die Einstellung seiner Spieler kritisiert.
Gegen Frankfurt sah es zunächst so aus, als hätte er sein Team erreicht. Die Bayern begannen mit viel Tempo, waren nach 40 Sekunden erstmals gefährlich im Strafraum, nach knapp 90 das zweite Mal. Diesmal funktionierte der Start also. Danach aber ging fast alles schief.

Die Bilder zum 1:5 der Bayern in Frankfurt: Zum Verzweifeln
Spätestens nach dem frühen Platzverweis war die ungewohnte Nervosität der Bayern wieder zu sehen. Den ersten beiden Toren gingen zudem noch abgefälschte Schüsse als glückliche Vorlagen voraus. Bei Frankfurt klappte alles. Und doch machten es die Bayern ihrem Gegner einmal mehr zu leicht.
Schon der Platzverweis entstand selbstverschuldet. Die Bayern ließen einen einfachen Konter zu, Boateng verfehlte erst den Ball und foulte anschließend Gonçalo Paciência als letzter Mann. Zweimal schenkte dann jeweils Serge Gnabry den Ball leichtfertig her, bevor Frankfurts Filip Kostic zum 1:0 (25. Minute) und David Abraham zum 3:1 traf (49.). Vor dem 0:2 waren die Münchner selbst am eigenen Strafraum zu weit vom Gegenspieler entfernt, um in einen Zweikampf zu kommen.
Und in der zweiten Hälfte, nur kurz nachdem Robert Lewandowski das mögliche 2:3 knapp verpasste, war alles vorbei. Nach einer Ecke setzte sich Martin Hinteregger im Kopfballduell gegen Benjamin Pavard durch und sorgte für die Entscheidung (61.).
"Und ihr wollt Deutscher Meister sein"
Der Rest wurde zum Frankfurter Schaulaufen. Beim Treffer zum 1:5 leistete die Münchner Defensive noch so viel Gegenwehr wie eine Bolzplatzmannschaft, die sich aufgegeben hat. "Einer geht noch, einer geht noch rein." "Und ihr wollt Deutscher Meister sein." "In Europa kennt euch keine Sau." So schallte es an diesem Nachmittag noch durch die Arena. Hohn und Spott für eine Mannschaft, die es gewohnt ist, in gegnerischen Stadien für Respekt, wenn nicht gar für Angst zu sorgen.
Die Bayern steckten vor genau einem Jahr schon einmal in der Krise. Die Ergebnisse passten nicht, die Stimmung war mies, Trainer Kovac wurde angezählt, er überstand das Tief. Aber diesmal wirkt die Situation prekärer. Er sei ein Kämpfer, sagte Kovac nach dem Frankfurt-Spiel. Er gebe nicht auf.
Während der Partie klatschten und sangen die Münchner Fans, der Leistung zum Trotz. Aber nach dem Schlusspfiff, als sich die Mannschaft in die Kurve schleppte, zitierten die Anhänger die Spieler mit wütenden Gesten zu sich an den Zaun. Vorsichtig, zögerlich folgten einige von ihnen, etwa Thomas Müller und David Alaba.
Was dort besprochen wurde? Die Spieler schwiegen ja, es bleibt also offen. Genauso wie die Frage, wie Mannschaft und Verantwortliche zu Trainer Kovac stehen. Ob es für den Coach weiter geht. Ein öffentliches Training, das für den Sonntag angesetzt war, haben die Bayern inzwischen abgesagt. So bleibt vorerst das Bild einer hilflosen, wie versteinerten Mannschaft, mit den Händen in den Hüften.
Eintracht Frankfurt - Bayern München 5:1 (2:1)
1:0 Kostic (25.)
2:0 Sow (33.)
2:1 Lewandowski (37.)
3:1 Abraham (49.)
4:1 Hinteregger (61.)
5:1 Paciência (85.)
Frankfurt: Rönnow - Abraham, Hinteregger, Ndicka - Fernandes (80. Silva) - da Costa, Sow, Rode (71. Gacinovic), Kostic - Dost (64. Kamada), Paciência. - Trainer: Hütter
München: Neuer - Pavard, Boateng, Alaba, Davies - Kimmich, Thiago - Thomas Müller (64. Martínez), Coutinho (57. Coman), Gnabry (69. Goretzka) - Lewandowski. - Trainer: Kovac
Schiedsrichter: Schmidt
Zuschauer: 51.500 (ausverkauft)
Rote Karte: Boateng nach einer Notbremse (9., nach Videobeweis)
Gelbe Karten: Kamada - Ulreich, Kimmich