Neuer Sportvorstand "Hättest du Lust auf Schalke?"

Sportvorstand Schneider (l.), Schalke-Boss Tönnies
Foto: FREDERIC SCHEIDEMANN/EPA-EFE/REXClemens Tönnies führt einen Konzern, der knapp sieben Milliarden Euro Umsatz macht, weil er im Jahr 20 Millionen Schweine schlachtet. Den Boss als hemdsärmelig zu bezeichnen, bisweilen auch schroff, würde er wahrscheinlich als Kompliment auffassen.
"Mahlzeit", sagte Tönnies zur Begrüßung, als am Dienstagmittag Schalkes neuer Sportvorstand Jochen Schneider vorgestellt wurde. Tönnies, 62 Jahre alt, führt ein Unternehmen mit etwa 16.500 Mitarbeitern und den Aufsichtsrat eines Fußballklubs, dem Millionen Menschen ihr Herz verschrieben haben. Es ist ein Klub, der mal ein bisschen zur Ruhe kommen wollte, als im Sommer 2016 Christian Heidel zum Sportvorstand berufen wurde. Tönnies versprach damals, selbst auch viel ruhiger werden zu wollen. Das klappte relativ lange relativ gut.
Vor Weihnachten 2018 zuckte Tönnies dann aber doch. Sein kolportiertes Planspiel, Heidel einen Helfer an die Seite zu stellen, reichte, um den Sportvorstand in die Ecke zu treiben. Aus dieser kam Heidel angesichts der sportlichen Krise nicht mehr heraus.
"Damit ist das Thema beendet"
Heidel trat, auch um seinen Ruf zu wahren, freiwillig den Rückzug an. Tönnies rezitierte das Gespräch mit dem Gescheiterten. "Ich habe ihn gefragt: 'Fühlst du dich in der Lage, dich jeden Tag so zu motivieren, diese Karre aus dem Dreck zu ziehen?'" Heidel habe "Nein" gesagt, Tönnies darauf: "Damit ist das Thema beendet."
Tönnies sieht sich als Macher. Also machte er sich an die Aufgabe, die gemäß der Vereinssatzung dem Aufsichtsrat zukommt. Elf Männer sitzen in jenem Gremium. Deren Arbeit bei der Suche nach Heidels Nachfolger beschrieb Tönnies so: "Ich habe dann in mein Netzwerk hineingeguckt." Darin habe er dann Jochen Schneider an erster Stelle gefunden. "Dann habe ich ihn gefragt: 'Hättest Du Lust auf Schalke?'" Schneider habe sofort "Ja" gesagt. Es folgte eine weitere Frage, auch diese geschlossen: "Ist Schalke eine Passion für dich?" Die Antwort sei wieder "Ja" gewesen.
Tönnies wollte, Schneider wollte. Dass der noch einen gültigen Arbeitsvertrag bei RB Leipzig hatte, hielt Tönnies dann auch nicht mehr ab : "Mir ist es dann gelungen, ihn aus Leipzig loszueisen." Und noch einer, dessen Wort bei Schalke Gewicht hat, nickte das Ganze ab, wie Tönnies am Dienstag berichtete. Huub Stevens, ebenfalls im Schalker Aufsichtsrat, habe über Schneider gesagt: "Das ist ein Guter." Stevens, von Schalker Fans zum "Trainer des Jahrhunderts" gewählt, kennt Schneider aus gemeinsamen Zeiten beim VfB Stuttgart. Dort war der gelernte Bankkaufmann 16 Jahre in verschiedenen Positionen tätig, ehe er 2015 nach Leipzig wechselte.
Tedesco bekommt noch das Bremen-Spiel
Offiziell rückt Schneider erst am 14. März in den Vorstand. Schon vorher einen Trainer zu entlassen, wäre heftig, wenn auch nachzuvollziehen angesichts der "prekären Situation", die Schneider beschrieb: "Wir sind im Kampf gegen den Abstieg."
Möglich ist weiterhin, dass Domenico Tedesco seinen Job verliert, bevor der neue Sportvorstand eingesetzt ist. "Wir müssen die Trendwende herbeiführen", so Schneider. Das habe er Tedesco, den er ebenfalls aus Stuttgart kennt, auch so gesagt: "Wir können sportlich so nicht weitermachen. Ich sage auch nicht, dass wir das durchziehen bis zum Vertragsende."
Fest steht, dass Tedesco noch ein Spiel bekommt, die Bundesligapartie bei Werder Bremen. "Der kommende Freitag ist ein ganz wichtiger Tag für uns. Da legen wir alles rein", setzte Schneider die Frist für seinen Trainer. Auf die Frage, ob es die Überlegung gegeben habe, Stevens ein drittes Mal zum Trainer zu machen, sagte Schneider: "Es macht gar keinen Sinn, auf diese Frage zu antworten."
Dass er sich künftig generell weniger äußern will, verpackte Schneider in einen Scherz: "Ich bin Schwabe, deshalb habe ich das abgegeben. Ich bin wortkarg." Die Schalker Stimme in der Öffentlichkeit soll ein Sportdirektor werden, den Schneider noch sucht, genau wie einen Technischen Direktor, der vorrangig den Spielerkader zusammenstellen soll. Schneider wird reiner "Vorstand Sport" - das dürfte ganz nach Tönnies' Geschmack sein. Der hatte Heidel schon 2017 vorgeschlagen, die Arbeit auf mehr Personal zu verteilen. Heidel aber habe abgelehnt.
Anders als sein Vorgänger, der auf der Ersatzbank saß, will Schneider künftig auf der Tribüne Platz nehmen. Dort ist noch ein königsblauer Sessel frei, genau neben Clemens Tönnies.