Fifa im Zwielicht So muss der Verband reformiert werden

Prinz Ali Bin Al Hussein (l.), Joseph Blatter: Neuanfang ohne alte Protagonisten
Foto: Philipp Schmidli/ Getty ImagesGroßaufräumen in der Fifa ist angesagt - aber es wird nicht einfach, egal mit welchem Chef. Grund sind die Strukturen des Fußball-Weltverbands. Was also wäre für einen Neubeginn nötig? Fünf Vorschläge:
1) Rücktritt der kompletten Führungsmannschaft
Der wichtigste Schritt wäre zunächst der Rücktritt des Fifa-Exekutivkomitees und der sechs Kontinentalföderationen - natürlich inklusive der Europäischen Fußball-Union (Uefa), die ebenfalls schwer belastet ist von Korruptionsvorwürfen.
Auch sämtliche Führungspositionen in den Administrationen dieser sieben Verbände müssten neu besetzt und die Ämter zunächst übergangsweise geleitet werden - und zwar entweder von unabhängigen Personen, die keine Verbindung zum Sportbusiness, dafür aber Kompetenz in der Bekämpfung von Wirtschaftskriminalität haben. Diese Personen ließen sich finden. Oder man nimmt internes Fachpersonal aus der zweiten und dritten Reihe: Hier gibt es gerade in den Administrationen von Fifa und Uefa viele gute Leute, die das Tagesgeschäft problemlos übernehmen könnten.
Der Fußball nähme davon keinen Schaden, wenn die Direktoren, Exekutivmitglieder und Kommissionschefs zurücktreten würden. Natürlich müssen sämtliche Gehälter von Exekutivmitgliedern und Managern offengelegt werden - auch dagegen verwahren sich Blatter und die Seinen bislang.
2) Transparenz
Ein zweiter Schritt wäre die Öffnung aller Verbandsarchive, Konten und der Buchhaltung für unabhängige Ermittler. Das sollten erfahrene Fahnder machen, Experten für Korruption. Zum Team könnten auch Vertreter von Nichtregierungsorganisationen mit Fachexpertise und investigative Journalisten wie der Schotte Andrew Jennings gehören, die die sportpolitischen Komponenten und das Machtgefüge durchschauen.
Figuren wie dem Amerikaner Michael Garcia, jenem ehemaligen Bundesanwalt, der in den vergangenen Jahren für eine Millionensumme im Fifa-Auftrag recherchierte, ist dagegen nicht zu trauen. Sie sind belastet. Auch sämtliche Ethik- und Audit-Kommissionen sind neu zu besetzen.
3) Juristische Aufklärung
Parallel dazu wird es in den USA ohnehin zu Prozessen gegen derzeit 14 Funktionäre und Manager aus der Fifa und aus Marketingfirmen kommen. Das ist derzeit am schmerzhaftesten für die Fifa und die größte Hoffnung der Öffentlichkeit auf weitere Aufklärung. Die Bundespolizei FBI und die Steuerbehörde IRS ermitteln seit 2011, diese Recherchen werden ohnehin ausgeweitet, wenn sich aus den Vernehmungen der Betroffenen und den Prozessen weitere Anhaltspunkte ergeben.
Die beiden Söhne des schwer korrupten langjährigen Fifa-Vizepräsidenten Jack Warner (Trinidad) und das ehemalige Exekutivmitglied Chuck Blazer (USA) haben bereits viele Vergehen gestanden und mit den Behörden kooperiert, in der Angst, Jahrzehnte in Bundesgefängnissen verbringen zu müssen.
Ähnliches ist vom aktuellen Vizepräsidenten Jeffrey Webb von den Cayman Islands zu erwarten. Bei dem Banker liefen seit 15 Jahren viele Fäden zusammen. Dort muss und wird weiter angesetzt werden. Nur knallharter Druck mit dem vollen Instrumentarium des Strafrechts wirkt, das haben die Ereignisse dieser Woche einmal mehr bewiesen.
Nach Monaten der Untätigkeit hat nun das Serious Fraud Office (SFO), die britische Strafverfolgungsbehörde, angekündigt, sich der Fifa-Themen annehmen zu wollen. Ähnliche Äußerungen gab es mehrfach, nur keine Taten. Ohne eine derartige Aufklärung ist ein Neuanfang unmöglich.
4) Aufarbeitung der WM-Vergaben
In der Schweiz läuft außerdem seit einigen Wochen ein Ermittlungsverfahren wegen der mutmaßlichen und in Teilen bereits belegten Korruption bei der Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 an Russland und 2022 an Katar. Viel ist da allerdings nicht zu erwarten. Die Zugriffsmöglichkeiten der Schweizer Justiz in Russland, Katar und anderen Ländern sind gering, selbst wenn die Ermittlungen tatsächlich mit allem Nachdruck vorangetrieben werden sollten.
Auf Fifa-Kongressen wurden in den vergangenen Jahren die meisten jener Vorschläge abgeschmettert, die von sogenannten Reformkommissionen ausgearbeitet worden waren. Diese Vorschläge zu Satzungsänderungen müssen überarbeitet und neu zur Abstimmung gebracht werden. Dazu zählen auch Fragen der Amtszeitbegrenzung und die Altersregeln.
5) Neues Fifa-Wahlsystem
Einer der wichtigsten Punkte aber wäre, das Prinzip one country, one vote aufzubrechen. Dieses System wurde in den vergangenen 40 Jahren nachweislich missbraucht. Es gibt in anderen Föderationen gute Beispiele für ein Verhältniswahlrecht, etwa im Welt-Skiverband (Fis), wo die Nationalverbände je nach Größe, Erfahrung und Erfolgen eine Stimmen-Gewichtung erhalten. Das allein löst nicht alle Probleme, aber es wäre ein wichtiger Anfang.
Video: "Betrübt, traurig, empört" - Warum Platini die Fifa satthat