Fifa-Präsident Infantino Donald Blatter

Fifa-Präsident Gianni Infantino
Foto: HAMAD I MOHAMMED/ REUTERSSepp Blatter war 17 Jahre lang Präsident des Fußball-Weltverbands Fifa. Wenn er öffentlich redete, war das vor allem in der Spätphase Entertainment pur. Da brach angesichts immer neuer Korruptionsskandale hinter ihm die Fußballwelt zusammen, aber er saß im Scheinwerferlicht, machte ein ungläubiges Gesicht und fragte: "Krise? Welche Krise?" Er wurde als "Teflon-Blatter" bezeichnet, nannte sich selbst einst "Bergziege": "Ich gehe weiter, immer weiter. Ich kann nicht gestoppt werden."
Das, was Blatter von sich gab, war so absurd und offensichtlich falsch, dass es Reporter gab, die seine Reden mit höhnischem lautstarken Lachen begleiteten. Wenigstens war es lustig.
An diesem Donnerstag in Bahrain war das anders, da lachte niemand.
Ein Retter sieht anders aus
Gianni Infantino, Italo-Schweizer, 47 Jahre alt, hat beim Fifa-Kongress 2017 bewiesen, dass er nicht der Retter dieser kaputten Organisation sein kann. Dass es ihm nicht um die Auferstehung der Fifa geht, sondern nur um sich selbst. Und dass er nicht willens ist, sich und sein Verhalten in den ersten 15 Monaten im höchsten Amt des Weltfußballs zu hinterfragen.
Infantino hielt die Eröffnungsrede in Bahrain, er stand auf der Bühne und ignorierte die Realität, lieferte alternative Fakten, ganz wie sein Vorgänger - oder US-Präsident Donald Trump. "Es gibt viele Fake News über die Fifa, das Fifa-Bashing ist in gewissen Ländern ein Volkssport geworden", rief er. Was er denn mit Fake News meine, wurde er später gefragt und um Beispiele gebeten. Da grinste Infantino und sagte, das meine er ganz allgemein.
Er sprach lieber über Grundsätzliches. Sagte, dass sich die Fifa doch verändert habe. Er und seine Crew würden die Reputation des Verbands wiederherstellen. Die neue Fifa sei eine Demokratie, keine Diktatur. Er sinnierte über "Wahrheit", die leider nicht das sei, was wahr ist, sondern das, was die Leute denken.
Die belegten Fakten sind unter anderem:
- Nach seinem Amtsantritt akzeptierte Infantino sein festgelegtes Gehalt von knapp 1,5 Millionen Schweizer Franken nicht. Er wollte mehr.
- Beim Fifa-Kongress 2016 sorgte er für die Absetzung des Chefkontrolleurs Domenico Scala, der das Gehalt festgelegt hatte.
- Sein Assistent beschwerte sich bei der Fifa-Reisestelle über die Größe eines von der Fifa gebuchten Privatjets.
- Auf Kosten anderer Verbände wie der Uefa flog Infantino mit Privatjets um die Welt.
- Wie der SPIEGEL im April 2017 berichtete, begannen die Ethik-Ermittler im März neue Untersuchungen gegen Infantino wegen des Vorwurfs der Beeinflussung der Wahl des afrikanischen Fußballpräsidenten.
- Zwei Tage vor dem Kongress in Bahrain ließ Infantino ebenjene Ethik-Chefs absetzen, sie griffen den Fifa-Chef daraufhin scharf an.
- Auch Governance-Chef Miguel Maduro, der den russischen Vizeministerpräsidenten Wladimir Mutko nicht für das Fifa-Council zugelassen hatte, musste gehen.
- Der renommierte US-Professor Joseph Weiler trat vor dem Kongress aus Protest gegen die Vorkommnisse von seinem Amt in der Governance-Kommission zurück.
Reichen diese Fakten, um zu sagen, dass etwas gehörig schiefläuft bei der Fifa, und zwar schon wieder? Vor allem die Absetzung der Ethik-Chefs, die mit den Sperren für Männer wie Blatter und Michel Platini ihre Unabhängigkeit und nötige Gnadenlosigkeit bewiesen hatten, hat die Fifa und die angeblichen Reformen in ihren Grundfesten erschüttert.
"Sie sind gescheitert. Das sind Fakten"
Die Krise, sagte jedoch Infantino in der Pressekonferenz, sie sei angesichts der neuen Arbeitsweise tatsächlich vorbei. Er reagierte auf die Kritik der geschassten Ethiker. Ohne Namen zu nennen, attackierte er "Experten", "die Millionen erhalten haben und angestellt wurden, um der Fifa beim Reformprozess zu helfen". Infantino fragte: "Was haben sie getan? Sie haben ein krankes System bestätigt. Wo sind diese selbst ernannten Experten für Good Governance, die damals die Fifa überwachen sollten? Sie sind gescheitert. Das sind Fakten."
Die Ethik-Chefs hatten nach ihrer Absetzung enthüllt, dass noch "Hunderte Ermittlungsverfahren" liefen, deren Ausgang nun unklar ist. Zur Erinnerung: Sie hatten in vier Jahren 70 Fußball-Bandidaten bestraft. Darauf angesprochen, kritisierte Infantino Cornel Borbély und Hans-Joachim Eckert tatsächlich dafür, dass sie nicht schneller gearbeitet haben. Es war ganz schön absurd, man fühlte sich in alte Zeiten versetzt.
Blatter is back, das ist das Resümee aus Bahrain.