Uefa in der Fifa-Krise Die Einknicker
Joseph Blatter ist DFB-Ehrenmitglied. Der Deutsche Fußball-Bund nahm den Fifa-Chef 2010 auf, aus Dankbarkeit für die Weltmeisterschaft 2006. Auch das Bundesverdienstkreuz erhielt Blatter auf Empfehlung des DFB.
Mittlerweile, nach all den Durchsuchungen und Festnahmen, dürfte das den Funktionären um DFB-Chef Wolfgang Niersbach eher unangenehm sein, sie würden den 79-Jährigen am Freitag in Zürich gerne stürzen. Und damit gehören sie zur Mehrheit im europäischen Fußball-Verband Uefa.
Doch die Art und Weise, mit der die Uefa, geführt vom Franzosen Michel Platini, das Projekt Machtwechsel angeht, ist armselig. Am Donnerstag teilten die Funktionäre mit, sie hätten sich gegen einen Boykott des Kongresses entschieden. Man wolle stattdessen den quasi chancenlosen Gegenkandidaten Prinz Ali Bin Al Hussein unterstützen.
Zuvor, am Mittwoch, hatten die Uefa-Vertreter in Warschau noch vollmundig verkündet, die Präsidentenwahl müsse verlegt werden. Um sechs Monate, damit die Ermittler Zeit haben, die WM-Zuschläge für Russland und Katar sowie sämtliche Korruptionsvorwürfe zu prüfen.
Und jetzt? Da die anderen Konföderationen, also die Blatter-Anhänger, die Wahl unbedingt wie geplant durchführen wollen, knickten die Europäer ein. Und stellen damit wiederum unter Beweis, wie heuchlerisch sie im Umgang mit Blatter agieren.
Video: Wie Blatter den Fifa-Skandal sieht
Drei Beispiele: Lange hatte Platini seine Entscheidung hinausgezögert, ob er für den Fifa-Vorsitz und damit gegen Blatter kandidiert. Gleichzeitig hat Platini stets vollmundig erklärt, er sei der Einzige, der Blatter schlagen könne. Am Ende kniff der Franzose.
Die WM in Katar? Sehen viele Funktionäre heute kritisch, obwohl gerade die europäischen Vertreter im Fifa-Exekutivkomitee dafür gesorgt hatten, dass Katar den Zuschlag bekam.
Die Menschenrechtsverletzungen in dem Emirat? Sind bei der Uefa ebenfalls ein Thema. Aber konkrete Schritte, um Katar zu Reformen zu zwingen, hat außer Ex-DFB-Präsident Theo Zwanziger kein Uefa-Funktionär unternommen. Jener Zwanziger übrigens, den die Uefa im März zum Paria abstempelte.
Nun kann man argumentieren, dass ein Boykott des Kongresses nichts gebracht hätte. Immerhin kann die Wahl trotzdem stattfinden und Blatter einen unangefochten Wahlsieg einfahren.
Dieses Argument überzeugt aber nicht. Denn zum einen ist unklar, ob der Fifa-Chef wirklich so dreist wäre, eine Kür ohne Vertreter des europäischen Fußballs abzuhalten. Und zum anderen wäre ein Boykott ein starkes Signal gewesen, dass die Uefa nicht länger bereit ist, das System Blatter mitzutragen.
Eigentlich - das zeigen die vergangenen beiden Tage - müsste die europäischen Funktionäre viel weitergehen, um einen Wandel bei der Fifa zu erreichen: Die großen Fußballnationen Deutschland, Spanien, England und Italien müssten ernst machen und die Weltmeisterschaften in Russland und Katar boykottieren.
Oder am besten gleich aus dem Weltverband austreten.