Frauenfußball-WM: Deutschlands Halbfinalgegner USA
Deutscher Halbfinalgegner USA
Die letzte Chance
Seit 16 Jahren haben die Amerikanerinnen die Fußball-WM nicht mehr gewonnen. Im Halbfinalduell gegen Deutschland stehen US-Torhüterin Hope Solo und Stürmerin Abby Wambach im Fokus. Für beide ist es die letzte Möglichkeit auf den Titel.
Alles rund um die Frauenfußball-Nationalmannschaft der USA ist eine riesengroße Inszenierung. Wer dem Team bei der Weltmeisterschaft in Kanada folgt, der begibt sich in eine laute, hektische Welt. Die deutsche Nationalmannschaft hat das am Sonntag beobachten können, als im gemeinsam bewohnten Teamhotel in Montreal Heerscharen von Autogrammjägern den Lobbybereich besetzten, um auf das US-Team zu warten.
Niemand bekommt so viel Aufmerksamkeit wie der zweifache Weltmeister und vierfache Olympiasieger. Als die Pressekonferenz vor dem Halbfinale gegen das deutsche Team (Spielbeginn: Mittwoch, 1 Uhr deutscher Zeit) anstand, gab es im Saal keinen freien Platz mehr. Dazu verkündete US-Teamchefin Jill Ellis staatstragend, sie erwarte ein "fantastisches Match. Deutschland hat eine Menge Qualitäten. Das wird ein großer Test für uns".
Wobei Test eine ziemliche Untertreibung ist. Der Titelgewinn ist eine Mission, die die Mannschaft antreibt, deren Durchschnittsalter bei 28,8 Jahren liegt, fast vier Jahre höher als beim deutschen Team. Seit dem Heimturnier 1999 haben die Amerikanerinnen die WM nicht mehr gewonnen. Auch, weil die USA bei der Weltmeisterschaft 2003, die ebenfalls im eigenen Land stattfand, im Halbfinale überraschend klar 0:3 gegen den späteren Titelträger verlor - Deutschland. Ein Trauma, das lange anhielt.
Wambach verzichtete für die WM auf die Liga
Zu den enttäuschten US-Spielerinnen zählte vor zwölf Jahren auch Abby Wambach, sie steht noch immer im Kader. Vor dieser WM hat sich die Angreiferin ein "märchenhaftes Ende" für ihre Karriere gewünscht. Im Frühjahr entschied sich die 35-Jährige, die Saison in der amerikanischen Profiliga auszulassen, um sich auf dieses Turnier vorzubereiten.
Für die volle Spielzeit auf Kunstrasen reicht Wambachs Kraft trotzdem nicht. Im Viertelfinale gegen China (2:0) wurde sie erst kurz vor Schluss eingewechselt, im Achtelfinale gegen Kolumbien (1:0) war nach knapp 70 Minuten Schluss. Das Spiel auf dem künstlichen Untergrund, gegen den sie vergeblich geklagt und den sie immer als "Albtraum" bezeichnet hat, ist nicht mehr ihres.
Negativschlagzeilen über Torfrau Hope Solo
Insgesamt hat sie 183 Länderspieltore erzielt, bei dieser WM aber erst einmal getroffen. Bundestrainerin Silvia Neid hat trotzdem großen Respekt vor Wambach: "Ich habe das Gefühl, immer wenn Abby reinkommt, geht ein Ruck durch das Team."
Wambach ist die eine große Frau des US-Fußballs, die andere ist Torhüterin Hope Solo. Auch sie stand im Vorfeld der WM in den Schlagzeilen, allerdings hatte das keine sportlichen Gründe. Vor dem Turnier enthüllte der Sender ESPN neue Details aus der Familienfehde im Hause Solo, wegen der die Star-Torhüterin 2014 kurzzeitig sogar im Gefängnis gesessen hatte. Die Auseinandersetzung mit ihrer Halbschwester - Hope Solo soll dabei vor einem Jahr der Aggressor gewesen sein - ist nur die spektakulärste von vielen Verfehlungen.
Dass ihr Ehemann Jerramy Stevens Anfang des Jahres betrunken einen US-Team-Van steuerte und sie auf dem Beifahrersitz hockte, dafür brummte ihr der eigene Verband eine 30-Tage-Sperre auf. "Ich schäme mich für alles. Damit wir gewinnen, gibt es bei mir keinen Platz mehr für Ablenkungen", sagte Solo dazu. Seit die 175-fache Nationaltorhüterin dieses Versprechen in der Vorbereitung gab, redet sie nicht mehr über die Vergangenheit. Die Mixed Zone durchquert die 33-Jährige stets im Sauseschritt mit einem Wachmann, vorbei an den wartenden Journalisten.
Statt Worte lässt Solo lieber Taten sprechen. Seit 423 Minuten hat sie kein Gegentor mehr kassiert. Solo wirkt bei dieser WM hochkonzentriert und total fokussiert. Ihre Teamkollegin Alex Morgan sagt: "Hope ist eine der besten der Welt."
Wie Wambach bleibt auch Solo wohl nur noch dieses eine Turnier, um den WM-Titel zu gewinnen. Die beiden Leitfiguren seien alles andere als befreundet, heißt es intern; aber sie raufen sich zusammen für das, was die US-Fans bei den Spielen ihres Teams hochhalten: Plakate in Form eines Goldpokals mit der Aufschrift: "Bring it home!".
Fußball-WM der Frauen
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5 BilderFrauenfußball-WM: Deutschlands Halbfinalgegner USA
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Torhüterin und Stürmerin: Hope Solo (l.) und Abby Wambach sind die beiden größten Stars in der Frauenfußball-Nationalmannschaft der USA.
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Trainerin des Teams ist Jill Ellis. Sie trifft mit ihrer Mannschaft im WM-Halbfinale auf Deutschland.
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Wambach (r.) hatte die USA mit ihrem Tor im letzten Vorrundenspiel gegen Nigeria zum Gruppensieg geschossen.
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Hinten ist Solo hauptverantwortlich dafür, dass die Amerikanerinnen erst ein Gegentor kassierten. Im Achtel- und Viertelfinale spielten die USA zu null.
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Matchwinnerin in beiden K.o.-Spielen war Carli Lloyd, die gegen Kolumbien zum 2:0-Endstand traf und im Viertelfinale den 1:0-Sieg gegen China herausschoss.