WM-Star Megan Rapinoe Eine Frau ballert gegen Trump

"Ich halte mich für extrem amerikanisch" - Megan Rapinoe
Foto:FRANCK FIFE / AFP
Megan Rapinoe versteckt nichts. Nicht die Liebe zu ihrer Partnerin Sue Bird, nicht ihren Körper. Beides zeigte sie vor der WM im amerikanischen "ESPN Magazine", das die Fußballspielerin und die Basketballerin als erstes gleichgeschlechtliches Paar aufs Cover hob.
Und Rapinoe hält sich auch mit Kritik nicht zurück. Wenn Rapinoe mit der US-Mannschaft ins Endspiel der Fußball-WM gegen die Niederlande einzieht (17 Uhr; TV: ARD; Liveticker SPIEGEL ONLINE), ist sie als moralische Instanz nicht nur Teamchefin. Sie steht vor allem für das, was Amerika wirklich ausmacht - Disziplin und Freude, Querdenken und Optimismus.
Doch im Amerika dieser Tage passt das eben nicht jedem, etwa Präsident Donald Trump. Mit ihm hat sie sich angelegt, oder: er sich mit ihr. Wie schon bei anderen, die sich den obligatorischen Patrioten-Reflexen ihrer Nation verweigern, zielt Trumps Zorn auf Rapinoe, weil auch sie keine Lust hat auf leere Symbolik und Pseudo-Respekt.
Als Rapinoe kürzlich gefragt wurde, ob sie sich bei einem WM-Sieg aufs Weiße Haus freue, sagte sie, ohne von ihren Schnürsenkeln aufzuschauen: "Ich gehe doch nicht ins fucking Weiße Haus."
Die Reaktion war vorhersehbar. Rapinoe habe "unser Land, das Weiße Haus oder unsere Flagge" missachtet, informierte der Präsident seine 62 Millionen Twitter-Follower. Dabei schrieb er Rapinoes Namen falsch und markierte den Twitter-Kanal einer Megan Rapino. Die schrieb ironisch zurück: "Mama, hol mich ab, alte Männer attackieren mich."
Und Megan Rapinoe? Sie reagierte auf Trumps Vorwurf, nicht stolz genug auf ihr Land zu sein, mit den Worten: "Ich halte mich für extrem amerikanisch." Denn: Was ist denn bitte amerikanischer als Widerstand?
Neuauflage des Streits mit Colin Kaepernick
Das Hin und Her ist eine Neuauflage des Streits mit Footballstar Colin Kaepernick, der 2016 aus Protest gegen den Rassismus begann, bei der Nationalhymne niederzuknien. Rapinoe schloss sich dem an, als erste weiße Frau, wobei unklar ist, ob Trump das damals merkte. Den nun aber so rüde abgelehnten Besuch im Weißen Haus nimmt er persönlich: "Teams lieben es, ins Weiße Haus zu kommen", sagte Trump, wobei oft das Gegenteil zutrifft.
Rapinoe geht es um mehr als um die Person Trumps, den sie neulich als "sexistisch", "engstirnig" und "rassistisch" bezeichnete. Sie sorgt sich, wie Kaepernick, um die sozialen Missstände in den USA. Zwar erlebe sie keine Repressionen wegen ihrer Hautfarbe, schrieb sie, als sie sich vor zwei Jahren erstmals sperrte, bei der Hymne mitzusingen. "Aber ich kann nicht tatenlos zusehen."
Auch bei der WM in Frankreich starrte sie geradeaus. "Ich werde wahrscheinlich nie wieder die Nationalhymne singen", sagte sie dann, was sie automatisch zum roten Tuch für Trumps Loyalisten machte.

Individualität und Geradlinigkeit hätten ihr schon die Eltern mit auf den Weg gegeben, die sie als Kind zum Training fuhren, zwei Stunden hin, zwei Stunden zurück. Fußball war ihre Rettung aus der ländlichen Tristesse Kaliforniens, wo andere in Drogen und Kriminalität versanken - auch ihr älterer Bruder Brian, heute clean und ihr größter Fan.
Dass sie lesbisch ist, wusste lange jeder in ihrem Kreis, doch erst 2012 machte sie es öffentlich - kurz vor den Olympischen Spielen in London, bei denen sie mit der US-Mannschaft Gold gewann. "Als homosexuelle Amerikanerin weiß ich, was es heißt, wenn die Flagge nicht alle deine Freiheiten beschützt", sagt sie.
Kampf um Gleichberechtigung im Sport
Rapinoe kämpft auch im Sport für die Gleichbehandlung und Gleichbezahlung von Frauen, ihr Team hat den US-Fußballverband wegen Diskriminierung verklagt. Erst am Samstag bemängelte sie, dass am gleichen Tag wie das WM-Endspiel das Finale der Copa América und der Gold Cup der Männer ausgetragen werden und dass das Preisgeld der Frauen ein Bruchteil dessen der Männer sei.
Es hilft natürlich, wenn man Erfolg hat. NFL-Spieler verehren sie, Hillary Clinton nennt sie ein Vorbild, Fans lassen sich ihr Gesicht tätowieren, nach dem WM-Sieg 2015 schnitt es einer in ein Maisfeld. Damals waren Rapinoe und ihre Kolleginnen das erste Frauenteam in den USA, das mit einer Konfettiparade durch Manhattan geehrt wurde.
Auch damals lud der Präsident die Weltmeisterinnen ins Weißen Haus, was sie ausnahmslos annahmen. Strahlend stand Rapinoe hinter dem fast zwei Köpfe größeren Barack Obama. Diesmal wird sie fehlen. Rapinoe möchte lieber die progressive Kongressabgeordnete Alexandria Ocasio-Cortez besuchen.