Deutsches Remis gegen Norwegen <font color="#9e0000">Das war weltmeisterlich! (Eine Halbzeit lang)</font>

Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft steht bei der WM in Kanada vor dem Einzug ins Achtelfinale - dank einer starken ersten Hälfte gegen Norwegen. Im letzten Gruppenspiel hat das Team einen großen Vorteil.
DFB-Stürmerin Sasic (r.): In der zweiten Halbzeit schwanden die Kräfte

DFB-Stürmerin Sasic (r.): In der zweiten Halbzeit schwanden die Kräfte

Foto: Chris Roussakis/ dpa

Das Spiel im Lansdowne-Stadium in Ottawa hinterließ bei den deutschen Fußballerinnen gemischte Gefühle. Nach dem 1:1 (1:0) gegen Norwegen entschloss sich die Nationalmannschaft deshalb dazu, es bei einer Mini-Ehrenrunde zu belassen.

Kapitänin Nadine Angerer winkte also ihre Mitspielerinnen heran, und das Team bedankte sich bei der kleinen Fangruppe, die "Deutschland, Deutschland"-Gesänge angestimmt hatte, mit höflichem, aber zurückhaltendem Applaus. Weil die Mannschaft nur 45 Minuten lang weltmeisterlich gespielt hatte.

"In der ersten Halbzeit haben wir fantastischen Fußball gespielt, da wusste Norwegen gar nicht, wo hinten und vorne ist", sagte Angerer: "In der zweiten Halbzeit haben wir aus unerklärlichen Gründen einen Gang zurückgeschaltet."

Traumtor für Norwegen

Heraus kam ein Remis, das aber die EM-Heldin Angerer - im Finale vor zwei Jahren gegen Norwegen hatte sie zwei Elfmeter gehalten - nicht wirklich verärgerte. Und erst recht wollte sich die 36-Jährige nicht über den sehenswerten Freistoß grämen, den Maren Mjelde zum 1:1 (61.) genau ins Kreuzeck gezirkelt hatte. "Ich dachte nur: nicht schlecht. Da noch zu springen, wäre verschwendete Energie gewesen."

Es war einer von nur vier Torschüssen der Skandinavierinnen - die deutsche Mannschaft kam auf 27. "Ich fand uns unter dem Strich irgendwie besser", sagte Silvia Neid. Die Bundestrainerin lobte einen sehenswerten ersten Durchgang, der mit Abstand das Beste war, was ihr Team seit der EM 2013 in Schweden geboten hat. "Das war grandios, aber wir haben leider das zweite oder dritte Tor versäumt", sagte Neid. Wie ihre Torhüterin konnte aber auch sie mit dem Resultat "gut leben".

Einfacher Grund: Am letzten Gruppenspieltag - Deutschland trifft in Winnipeg auf Thailand, Norwegen in Moncton auf die Elfenbeinküste - geht es beim Gruppensieg vermutlich ums Torverhältnis. Und da hat die DFB-Auswahl nach dem 10:0 gegen die Ivorerinnen im Auftaktspiel einen großen Vorteil. "Ich glaube nicht, dass wir zehn Tore schießen", räumte Norwegens Trainer Even Pellerud ein.

Ein Sieg gegen Thailand und Deutschland stünde wohl als Gruppenerster in der K.o.-Runde. Das würde der deutschen Mannschaft auch das Reisen erleichtern. Nach einem Achtelfinale in Ottawa gegen einen Gruppendritten würden dann nämlich ein mögliches Viertel- und Halbfinale im nur zwei Busstunden entfernten Montreal ausgetragen.

Kräfteverschleiß auf dem Kunstrasen

"Wenn wir das Turnier so durchziehen, dann werden wir erfolgreich sein", sagte Dzsenifer Marozsan. Sie zeigte ein starkes WM-Debüt und wurde anschließend zur Spielerin des Spiels gewählt. Und ihre Mitspielerin Alexandra Popp sagte: "Nur weil wir einmal zehn Tore schießen, sind wir nicht Weltmeister. Wir haben hoffentlich noch viele starke Gegner vor uns."

Warum aber konnte die Mannschaft nach dem frühen 1:0 von Anja Mittag (6.) nicht den forschen Vorwärtsfußball durchhalten? Warum kam nach dem Wechsel in der sonnenüberfluteten Spielstätte am Rideau-Kanal kein einzig gescheiter Spielzug mehr zustande? Warum war jede Spielfreude in den Katakomben geblieben? "Wir haben den Faden verloren, wir haben nicht mehr so gut gearbeitet", sagte Neid.

Ihren Spielerinnen wollte sie dennoch keinen Vorwurf machen. Der Kräfteverschleiß auf dem aufgeheizten Kunstrasen sei unübersehbar gewesen. "Es ist wahnsinnig heiß", sagte die Bundestrainerin. Der Boden sei immer zehn Grad heißer als die Luft.

Dennoch könnte das Team grundsätzlich das Tempo der ersten Hälfte auch über 90 Minuten durchhalten: "Man kann das schaffen, wenn man mental stark bleibt", sagte Neid: "Es wäre schade, wenn wir das nicht schaffen könnten."

Dann dürfte es spätestens ab dem Viertelfinale - mit einem möglichen Gegner Frankreich - schwer werden, den dritten WM-Titel zu holen.

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