Frauenfußballweltmeister USA Wie ein Tornado

Ein Endspiel im Rausch! Beim 5:2 gegen Japan schlugen die USA den Titelverteidiger bereits nach wenigen Minuten. Überragend agierte das Trio um Abby Wambach, Hope Solo und Dreifach-Torschützin Carli Lloyd.
US-Nationalspielerin Wambach (l.): "Fun-Nacht"

US-Nationalspielerin Wambach (l.): "Fun-Nacht"

Foto: Rich Lam/ AFP

Kaum war der Schlusspfiff ertönt, ging Carli Lloyd auf dem Kunstrasen in die Knie. Hope Solo stand im Strafraum und reckte die Arme zum offenen Dach des Stadions in Vancouver. Abby Wambach sprang hoch, als gelte es noch ein letztes Kopfballduell in diesem WM-Finale zu gewinnen. Unter "USA, USA"-Sprechchören umarmten sich die drei kurz darauf. Es war eine Szene voller Freude - und etwas Wehmut.

Die Matchwinnerin und Dreifach-Torschützin Lloyd, 32, Torfrau Solo, 33, und die Anführerin und Ikone Wambach, 35, wussten: Es war die allerletzte Gelegenheit, sich mit dem WM-Titel zu belohnen. Sie haben sie genutzt. Und wie.

Das furiose 5:2 (4:1) gegen Japan bot Momente für die Ewigkeit. "Ich würde alle meine persönlichen Auszeichnungen zurückgeben für das, was wir heute erreicht haben", sagte Wambach und kündigte eine "Fun-Nacht" in der Stadt am Pazifik an. Und wie hatte Lloyd zuvor gesagt: "Ich will ein Vermächtnis hinterlassen. Die Leute sollen sich mal an mich erinnern."

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WM-Erfolg für die USA: Stars and Smiles

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Wambach schritt gemeinsam mit der eingewechselten Christie Rampone zur Siegerehrung. Die Verteidigerin ist 40 Jahre alt und hat zwei kleine Kinder, Reece Elizabeth und Rylie Cate, mit denen sie später auf dem Platz herumtollte. Solo stand mit einer Hand am Herz vor den feiernden Anhängern, ihr kullerten die Tränen übers Gesicht. Lächelnd, aber still ging sie später durch die Mixed Zone.

Lloyd sagte: "Meine ganze Karriere ist eine lange Reise, mein ganzes Leben habe ich auf diesen Moment hingearbeitet. Als ich einmal wieder zu Hause in Jersey war und ein hartes Training machte, da habe ich von diesem WM-Finale geträumt."

Allein mit der Anfangsphase in der Neuauflage des WM-Finales von 2011 schrieben die USA Geschichte, weil sie wie ein Tornado über ihren Gegner hinwegfegten. Ehe sich die Asiatinnen sortieren konnten, hatte die seit dem Deutschland-Spiel vorgezogene Offensiv-Allrounderin Lloyd den Ball gedankenschnell nach Ecke und Freistoß über die Linie gebracht (3. und 5. Minute). Kaum ließ Lauren Holiday das 3:0 folgen (14.), setzte Lloyd von der Mittellinie einen genialen Heber an (16.). Mit dem 4:0 war die Partie zwar gelaufen, blieb aber bis zum Schluss - auch wegen der weiteren Tore von Tobin Heath (54.) für die USA, Yuki Ogimi (27.) und Julie Johnston (52./Eigentor) für Japan - unterhaltsam.

"Ich dachte: Kneift mich, weckt mich auf", sagte Jill Ellis. Die britische Nationaltrainerin auf der US-Bank hat es in Rekordzeit geschafft, diesen nicht immer einfach zu führenden Kader auf Kurs zu bringen. "Unsere Trainer haben unglaublich gute Entscheidungen bei Einwechslungen und Umstellungen auf dem Spielfeld getroffen", erklärte Wambach.

"Jill verdient diesen World Cup", ergänzte Lloyd, die später noch die Auszeichnung zur besten Spielerin des Turniers empfing und mit sechs Treffern auch Torschützenkönigin geworden wäre. Diese Auszeichnung ging aber an Celia Sasic, die wegen ihrer geringeren Einsatzzeit in dieser Wertung offiziell vorne lag.

Das US-Team jedoch brachte alle Eigenschaften ein, die der deutschen Nationalmannschaft bei dieser siebten Frauen-WM in den entscheidenden Momenten fehlten. Vor allem kollektive Kraft und individuelle Klasse. "Es ist nicht möglich, alle sieben Spiele auf einem Niveau zu spielen", erklärte Ellis, "es gibt Hochs und Tiefs." Man müsse nur das Ziel immer im Auge behalten. Und sich die beste Zeit für ganz am Ende aufheben.

In dieser Hinsicht passte nach dem mühsamen Viertelfinale gegen China (1:0) anschließend immer mehr zusammen: Letztlich habe das Halbfinale gegen Deutschland (2:0) "ein Gefühl gegeben, in dem kein Platz mehr für Selbstzweifel war", sagte Lloyd.

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