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Frauen-EM in Finnland: DFB-Frauen ziehen ins Halbfinale ein

Foto: Matthias Schrader/ AP

Frauenfußball-EM Sieg mit Wermutstropfen

Zwar gewann die deutsche Frauen-Nationalmannschaft gegen Italien und spielt nun im EM-Halbfinale gegen Norwegen, zufrieden konnte Bundestrainerin Silvia Neid aber nicht sein. Birgit Prinz hat wieder nicht getroffen, die Abwehr wackelte phasenweise, und zudem verletzte sich Ariane Hingst.

Der Wermutstropfen hatte dunkelbraune Haare, trug Trainingsklamotten und blickte reichlich skeptisch in die nahe Zukunft. Erfolgreich war Ariane Hingst ja schon gewesen an diesem Nachmittag im finnischen Wintersportmekka Lahti. Gemeinsam mit den Kolleginnen aus der deutschen Frauen-Nationalmannschaft hatte die gebürtige Berlinerin Italien im EM-Viertelfinale 2:1 besiegt. Knapper als eigentlich nötig vollzogen die Titelverteidigerinnen dabei den Sprung ins EM-Halbfinale, doch so richtig freuen konnte sich Hingst nicht.

Der Grund dafür lag draußen auf dem Rasen, in irgendeiner Bodenunebenheit. "Ganz am Anfang des Spiels muss es passiert sein", sagte die 30-jährige Abwehrchefin, als sie an die Szene dachte, die ihr womöglich die Teilnahme am Rest des Turniers verbaut haben könnte. "Irgendwas hakt, irgendwas klemmt", beschrieb Hingst ihren ersten Gedanken nach dem eigentlich unverfänglichen Querpass auf eine Mitspielerin. So arg, dass sie sofort vom Feld hätte humpeln müssen, war der Zwischenfall nicht. Zunächst jedenfalls. Hingst spielte bis zur Pause weiter, doch "in der Halbzeit habe ich dem Doc das Knie dann gezeigt". Vorläufige Diagnose: "Der Meniskus hat etwas abbekommen. Für mich ist das erst einmal ein Scheißgefühl."

Silvia Neid drückte sich nicht ganz so rabiat aus, unglücklich über die Verletzung ihrer Top-Kraft in der Abwehr war aber auch die Bundestrainerin. "Wir haben mit Sonja Fuss und Saskia Bartusiak zwar zwei Spielerinnen, die in der Innenverteidigung spielen können. Aber ein Ausfall von Ariane Hingst wäre schon sehr schmerzhaft für uns", sagte die 45-Jährige: "Das ist für uns alle nicht schön - aber vor allem für Ariane Hingst nicht."

Ein spezielles Prosit verdiente sich Doppel-Torschützin Grings

Deutlich weniger Sorgen als Hingst hatte nach dem gewonnenen Viertelfinale Kerstin Garefrekes. Die schlaksige Mittelfeldspielerin vom 1. FFC Frankfurt wollte gerade das Innere des Multifunktionsstadions von Lahti betreten, da wurde sie durch Stimmen über ihrem Kopf gestoppt. Erst riefen ihr diese Stimmen vereinzelte Glückwünsche zu, kurz darauf wurde dann gesungen. Ein "Happy birthday to you", vorgetragen aus einem guten Dutzend deutscher Fankehlen.

Auf den Namen ihres Gegners im Halbfinale mussten die deutschen Fußballerinnen bis zum Abend warten, dann stand fest, dass es gegen Norwegen geht. Die Norwegerinnen, die im Auftaktspiel der Vorrunden-Gruppe B vor knapp zwei Wochen 0:4 gegen Deutschland unterlagen, setzten sich im Viertelfinale etwas überraschend 3:1 (2:0) gegen Schweden durch. "Auf das 4:0 können wir nichts mehr geben. Das wird ein ganz neues Spiel", sagteNeid-Assistentin Ulrike Ballweg.

Bei einem anderen Thema gab es im deutschen Lager schon früher Planungssicherheit. Schließlich hatte auch Inka Grings den Geburtstagsgesang vernommen. Deshalb sagte die Angreiferin vom FCR Duisburg vor der Rückfahrt ins Mannschaftshotel: "Ich denke schon, dass die Kerstin Garefrekes heute eine Runde schmeißen muss."

Ein spezielles Prosit verdiente sich Doppel-Torschützin Grings. Gerade 200 Sekunden waren gespielt, als Mittelfeldspielerin Melanie Behringer einen zielgenauen Pass auf die 30-jährige Mittelstürmerin spielte. Grings legte sich den Ball kurz zurecht und schoss aus der Drehung zur frühen Führung ein. Wer aber glaubte, dass sich die Defensivkünstlerinnen aus Italien nach diesem Schreck nun mehr als geplant am Spiel beteiligen würden, sah sich getäuscht.

"Langsam werde ich warm mit dieser EM"

Die in blau gekleideten Frauen waren in erster Linie darauf bedacht, die ihnen zugeordneten Positionen zu halten. So hatte die DFB-Auswahl leichtes Spiel, allerdings wartet die dreimalige Weltfußballerin Birgit Prinz weiter auf ihren ersten EM-Treffer. Prinz, die sich gegen Italien im Sturmzentrum deutlich häufiger als in den ersten Spielen mit Grings abwechselte, brachte vor dem Seitenwechsel nur einen Schuss knapp neben das italienische Tor zustande (37.).

Besser machte es - als Parallele zum ersten Durchgang - gleich nach der Pause einmal mehr Inka Grings. In der 47. Minute traf die Torschützenkönigin der EM 2005 für die DFB-Auswahl. "Langsam werde ich warm mit dieser EM", hatte Grings vor dem Spiel voller Zuversicht angedeutet. Dann schoss sie ihre Turniertreffer drei und vier und erklärte bescheiden: "Priorität hat, dass wir als Mannschaft ins Finale kommen. Wir wollen Europameister werden, alles andere sind i-Tüpfelchen für mich."

Dabei geriet ersteres Ziel noch in Gefahr. Nach einem Ballverlust der Münchnerin Behringer im Mittelfeld gelang Italien durch Mittelstürmerin Patrizia Panico der Anschlusstreffer (63.) - und nur eine Großtat vor Torfrau Nadine Angerer bei einem Panico-Kopfball in der Nachspielzeit bewahrte die Neid-Elf vor einer Verlängerung und dem möglichen Aus.

"Das war Weltklasse von ihr", sagte Bundestrainerin Neid und kritisierte Nachlässigkeiten ihrer Mannschaft: "Wir müssen unser Abwehrverhalten verbessern und die Kopfballduelle gewinnen. Und wir müssen unsere Torchancen besser nutzen. Im Halbfinale bekommt man nicht so viele Möglichkeiten."

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