FC Barcelona im Champions-League-Finale Königinnen ohne Krone

Barcelonas María León darf die Champions-League-Trophäe nur kurz berühren
Foto: Maja Hitij / Getty ImagesSzene des Spiels: Die Balleroberung am linken Flügel allein hätte schon für einen eigenen Eintrag genügt, doch nach ihrem starken Einsatz zog Amandine Henry auch noch in die Mitte und jagte den Ball aus gut 25 Metern in den rechten Winkel. In der sechsten Minute war dieses Finale mit dem Führungstreffer für Olympique Lyon eröffnet.
Ergebnis: Im Duell der Rekordsiegerinnen gegen die Titelverteidigerinnen hat sich Olympique Lyon im Finale der Champions League 3:1 (3:1) gegen den FC Barcelona durchgesetzt. Hier geht es zum Spielbericht.

Amandine Henrys Schuss in den Winkel
Foto: ALBERTO LINGRIA / REUTERSErste Hälfte: Lyon startete mutig, setzte die Abwehr der Katalaninnen früh unter Druck und ging folgerichtig durch Henry in Führung (6. Minute). Barcelona hatte Probleme, den gewohnten Ballzirkukationswirbel zu entfachen, kam aber dennoch zu Chancen. Die beste vergab Jenni, die nach Vorarbeit der immer wieder über links startende Fridolina Rölfö mehr damit beschäftigt war, den Körper zwischen sich und Gegenspielerin zu stellen, als den Ball aus sechs Metern Richtung Tor zu bringen (16.). Besser machte es Ada Hegerberg per Kopf (23.), Catarina Macario erhöhte gar auf 3:0 (33.). Hegerberg vergab das 4:0 (36.), bevor Weltfußballerin Alexia verkürzen konnte (41.).
Selma Bacha, Flankengöttin: Vor dem 2:0 war Bacha bis zur Grundlinie durchgelaufen und hatte eine mustergültige Flanke auf Hegerberg geschlagen, die am zweiten Pfosten nur noch einzuköpfen brauchte. Bereits im Halbfinale hatten zwei tolle Hereingaben der 21-Jährigen zu Torerfolgen geführt, die Vorarbeit zum 2:0 im Finale war ihr neunter (!) Assist in dieser Champions-League-Saison – und das als nominelle Abwehrspielerin.

Auch die Einwechslung von Asisat Oshoala (l.) brachte nicht die Wende
Foto: Maja Hitij / Getty ImagesZweite Hälfte: Nach Hegerberg im ersten, vergab auch Delphine Cascarino im zweiten Durchgang das womöglich vorentscheidende 4:1 (53.). Ein Geniestreich von Patri hätte hingegen fast den Anschlusstreffer gebracht: Aus 45 Metern überlupfte sie Christiane Endler, die etwas zu weit vor dem Olympique-Tor stand. Der Ball prallte allerdings nur an die Latte, kein Tor (59.). Barcelona fand weiterhin offensiv keine Lösungen, erst die eingewechselte Schweizerin Ana-Maria Crnogorcevic hatte nach einem guten Zuspiel von Asisat Oshoala wieder eine gute Gelegenheit, doch die 31-Jährige schoss am linken Pfosten vorbei (83.)., Hegerberg traf noch einmal den Pfosten (90.+7). Es blieb beim 3:1 und dem achten Champions-League-Titel für Lyon.
Barças Angstgegner: Dreimal hatten sich die beiden Teams bislang in der Champions League duelliert, dreimal hatte Lyon gewonnen, zuletzt 2019 im Finale 4:1. Auch bei Aufeinandertreffen Nummer vier tat sich die neue Macht aus Barcelona ungeheuer schwer. Zu körperlich, zu nervig, zu stark in der Abwehrarbeit waren die Französinnen. So mussten die Favoritinnen nach der verkraftbaren 0:2-Niederlage im Halbfinal-Rückspiel in Wolfsburg – ihrer ersten Niederlage überhaupt nach 45 Pflichtspielsiegen in Folge – ihre zweite Niederlage im Wettbewerb hintereinander hinnehmen. Ein vor allem in dieser Deutlichkeit überraschendes Ende einer denkwürdigen Saison des FCB, der in der heimischen Liga 30 Siege in 30 Partien einfuhr.
Die zwei Großen: So stark wie Olympique wollten die Frauen des FC Barcelona werden, so groß wie das dominante Team der vergangenen Jahre. Seit 2016 hatte Lyon immer die Champions League gewonnen, nur 2021 konnte Barcelona, angetrieben vom Ehrgeiz, diese Serie zu brechen, dazwischenfunken. Gewaltig war die Entwicklung in Kataloniens Hauptstadt, bei Team und Umfeld. Begeisternder Fußball war hier zu sehen, auf den Rängen wurden Zuschauerrekorde gebrochen, neue Maßstäbe gesetzt. Angetrieben von den Herausforderinnen, steigerte sich auch Lyon um die nun achtmalige Königsklassensiegerin Wendie Renard noch einmal. Eine Win-win-Situation, bei der nur ein Team am Ende den Pokal gewinnen konnte, die alte Macht Lyon.
Das Jahr des Durchbruchs: Die Spielzeit 2021/2022 hat den Fußball der Frauen in neue Sphären katapultiert. Die TV-Präsenz durch die Berichterstattung bei Dazn erhöhte die Sichtbarkeit, der Entschluss, ab dem Viertelfinale in die großen Stadien zu gehen, schaffte bislang kaum gesehene Fußballkultur und Lust auf diese Spiele in dieser Atmosphäre. Und nicht zuletzt waren es die gezeigten Leistungen, die begeisterten. Das Finale war nur der angemessene Schlusspunkt, auch aus deutscher Sicht waren die Begegnungen des VfL Wolfsburg mit dem FC Arsenal und Barcelona ebenso mitreißende Partien wie das epische Viertelfinalrückspiel der Frauen des FC Bayern bei PSG.