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Fredi Bobic in Stuttgart: Vom Liebling zum Sündenbock

Foto: Simon Hofmann/ Bongarts/Getty Images

Bobic-Aus in Stuttgart Mieses Image, schlechte Transfers

Seit Monaten stand Fredi Bobic in der Kritik. Er versuchte es mit Zugeständnissen an die mächtigen Fans, doch es half nichts. Der VfB Stuttgart trennte sich von seinem Sportvorstand, die Probleme des Klubs liegen jedoch tiefer.

Die Ablösung von Sportdirektor Fredi Bobic war wohl unausweichlich. Zu groß waren im Verein die Zweifel an seiner Amtsführung; zu groß war der Widerstand, der ihm aus der mächtigen Cannstatter Kurve, in der die Ultras des VfB Stuttgart stehen, zuletzt entgegenschlug.

Mit vagen Worten trennte sich der Bundesligist von dem 42-Jährigen. In der "jetzigen personellen Konstellation" sehe man "keine Perspektiven mehr", wird der Aufsichtsratsboss in einer Mitteilung zitiert. Präsident Bernd Wahler diktierte seiner Pressestelle: Man danke Bobic und wolle eine neue "Gesamtausrichtung im sportlichen Bereich."

Bobic ist in Stuttgart sowohl an internen als auch an externen Faktoren gescheitert. Nach der 0:2-Heimniederlage gegen Hoffenheim am Samstag hat sich eine Eigendynamik entwickelt, die ihn letztlich den Job kostete. Nichts kann ein Verein, der so enttäuschend gestartet ist wie der VfB, weniger brauchen als ein Publikum, das schon vor Anpfiff auf Krawall gebürstet ist.

Schlechte Außendarstellung

Intern stand Bobic ohnehin längst unter verschärfter Beobachtung, allen Treueschwüren wie denen von Präsident Bernd Wahler zum Trotz. Dass der noch am Sonntag Bobic als "Mann unseres Vertrauens" bezeichnete, um sich nicht einmal 72 Stunden später von ihm zu trennen, macht das deutlich.

Den Zuschauern und ganz besonders der Ultraszene galt Bobic als das Gesicht der Krise. Ihm wurden die Transfers angelastet, die gemeinhin als verunglückt bezeichnet werden. "Kaum ein Zugang schafft den Durchbruch, kaum eine Verpflichtung entwickelt sich weiter, übernimmt Verantwortung auf dem Platz oder stabilisiert die Hierarchie in der Mannschaft", heißt es in einem offenen Brief der führenden Ultragruppe "Commando Cannstatt".

Doch die Transferpolitik ist nicht der Faktor, der die Ultras im Innersten bewegt. Bobic galt ihnen vielmehr als Repräsentant des modernen, smarten Fußballs, der immer mehr Geld erlösen will und kaltlächelnd den Volkssport zu Grabe trägt.

Daran ist er nicht ganz unschuldig. Bobic ist im kleinen Kreis alles andere als unsympathisch, er ist freundlich, schelmisch, manchmal sogar selbstironisch. Vor der Kamera ändert sich seine Ausstrahlung. Viele TV-Zuschauer dürften den Mann aus der Ferne für einen arroganten, ein wenig großkotzigen Emporkömmling halten.

Bobic versuchte, sich mit den mächtigen Fans gutzustellen

Dabei hat Bobic vereinsintern probiert, das Image des eiskalten Fußball-Neoliberalen zu korrigieren. Deshalb hat er den Fans Zugeständnisse gemacht: Etwa bei der Forderung nach der Rückkehr zum alten Wappen. Damit versuchte Bobic, sich mit dem harten Kern der Fanszene gutzustellen, die in Stuttgart viel Einfluss hat.

Seine Hoffnung war es, durch Zugeständnisse im Bereich der Folklore den Rücken freizubekommen für die Strukturveränderungen, die er umsetzen wollte. Die Ausgliederung der Profiabteilung sollte lieber heute als morgen bewerkstelligt werden. Doch gegen die laufen die Ultras Sturm. Befürworter und Gegner haben gute Argumente für ihre Sicht: Wer mehr Geld und kürzere, aber undemokratischere Entscheidungswege will, ist für die Ausgliederung. Wer den Traditionsverein VfB Stuttgart erhalten will, ist für den "eingetragenen Verein". Ein Problem in Stuttgart ist, dass viel zu viele Fans beides wollen: maximale Traditionspflege und den Vorstoß in neue finanzielle Dimensionen.

Am Montag erschien im "Kicker" ein Interview mit Bobic, das man im Nachhinein nur als Flucht nach vorne bezeichnen kann. Wenn die Ausgliederung nicht komme, so Bobic, "werden wir ein Verein in einer Tabellenregion sein, die unseren Ansprüchen nicht genügt". Damit mag er recht gehabt haben. Die Aussage hat sich trotzdem ein wenig komisch angehört. Denn in einer Tabellenregion, die den Ansprüchen in Stuttgart genügt, befand sich der Verein in diesem Jahrtausend nur einmal: Im Sommer 2007 wurde der VfB Meister.

Anmerkung d. Redaktion: In einer früheren Version des Artikels wurde das umstrittene Motto "Furchtlos und treu" als Forderung der Fanszene verstanden. Tatsächlich ist der Slogan eine Idee des Vereins.

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