Manager Bobic verlässt Frankfurt Mann für die schwersten Fälle

Fredi Bobic hat Eintracht Frankfurt vom Abstiegskandidaten zu einem Champions-League-Anwärter umgebaut. Nun verlässt er den Klub und wechselt wohl zu Hertha. Dort wird einer wie er gebraucht.
Fredi Bobic verlässt Eintracht Frankfurt nach fünf Jahren

Fredi Bobic verlässt Eintracht Frankfurt nach fünf Jahren

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Uwe Anspach / dpa

Als sich Fredi Bobic 2016 entschied, seinen Job als Manager bei Eintracht Frankfurt anzutreten, standen die Hessen gerade vor dem Absturz. Das Team war im Abstiegskampf und konnte sich erst über die Relegation die Klasse erhalten. Zuvor war Bobic auch mal Sportdirektor beim VfB Stuttgart gewesen, er hatte dort sein Amt an der Seite von Jochen Schneider angetreten, jener Schneider, der zuletzt beim FC Schalke zum meist kritisierten Fußballfunktionär Deutschlands wurde.

Man kann also durchaus behaupten, dass Fredi Bobic jemand für die schweren Fälle ist. Insofern wäre Hertha BSC als nächster Arbeitgeber eine absolut folgerichtige Wahl.

Der »Kicker« hat dem 49-Jährigen eine »Affinität für Herausforderungen« attestiert, und nach fünf erfolgreichen Jahren bei der Eintracht sucht Bobic nun wieder eine solche. Am Nachmittag bestätigte er gegenüber der ARD seinen Abschied aus Frankfurt im Sommer.

Sein bis 2023 laufender Vertrag bei der Eintracht müsste aufgelöst werden. Philip Holzer, der Aufsichtsratsvorsitzende der Eintracht, sagte nun : »Die Gespräche sind gegenwärtig noch nicht abgeschlossen und werden erst nach der nächsten Aufsichtsratssitzung Mitte März fortgesetzt.« Womöglich muss ihn sein neuer Klub aus dem Vertrag herauskaufen.

Hertha-Mitglied seit 2005

Wohin es Bobic zieht, ist noch nicht offiziell. Aber vieles spricht dafür, dass er in eine Stadt wechselt, die er bestens kennt: Berlin. Bei Hertha BSC ist er seit Längerem Wunschkandidat für die vakante Stelle des Geschäftsführers Sport. Sie ist nach der Verabschiedung von Michael Preetz im Januar frei. Der frühere Nationalspieler Arne Friedrich führt in Berlin gerade als Sportdirektor kommissarisch die Geschäfte. Aber es war stets ein offenes Geheimnis, dass der neue Hertha-CEO Carsten Schmidt eine größere Lösung für die Stelle als Geschäftsführer sucht. Bobic war schnell der Mann der Wahl. Und Hertha kann mit einem wichtigen Faktor punkten: dem Standort.

Bobics Familie lebt in Berlin; wenn es ging, pendelte der Familienvater zwischen Hauptstadt und Frankfurt. Für die Familie war das nicht immer leicht.

Seit 2005 ist Bobic sogar Mitglied von Hertha BSC. Für den Klub hat Bobic auch einmal gespielt: 2003 kam er mit großen Erwartungen als Stürmer nach Berlin, nach zwei Spielzeiten und nur acht Treffern endete die Liaison enttäuschend. Das hat aber die Verbindung nicht getrübt. Bis heute unterhält Bobic beste Beziehungen zu Herthas Führungsetage.

Der Hertha fehlt genau das, was Bobic kann

Das sind die äußeren Rahmendaten, aber auch vom Anforderungsprofil wäre Hertha für Bobic maßgeschneidert. Die Berliner haben in den vergangenen Jahren nachdrücklich bewiesen, dass ihnen genau das fehlt, was Bobic kann: einen Kader so zusammenzustellen, dass er eine gewisse Homogenität bildet, eine Mannschaft zu basteln, die zusammenpasst.

In Frankfurt hat er dabei viel Kreativität an den Tag gelegt, hat mit begrenzten finanziellen Mitteln ein Bundesliga-Spitzenteam gebaut, hat mit Leihmodellen gearbeitet, um auch Spieler an Land zu ziehen, die sich die Eintracht sonst kaum hätte leisten können. Die berühmte Büffelherde in der Offensive mit Sébastien Haller, Ante Rebic und Luka Jovic sind dafür das beste Beispiel. Er lockte Kevin-Prince Boateng nach Frankfurt, er hatte auch bei der Auswahl der Trainer eine glückliche Hand mit Adi Hütter.

Fredi Bobic hat in Frankfurt sehr wenige Fehler und sehr viel richtig gemacht.

Die Obergrenze in Frankfurt erreicht

Die Eintracht hat den DFB-Pokal gewonnen, sie stand im Europa-League-Halbfinale, aus einem Abstiegskandidaten ist mittlerweile eine Mannschaft geworden, die um die Champions-League-Plätze mitspielt. Sie hat damit aber auch vermutlich die Obergrenze erreicht von dem, was in Frankfurt möglich ist. Wenn man dem Motto anhängt, man solle dann gehen, wenn es am schönsten ist, dann ist es jetzt ein guter Zeitpunkt für Fredi Bobic.

Für die Eintracht ist der Abgang von Bobic schmerzlich. Es gehört aber zu der neuen Frankfurter Nachhaltigkeit, dass der Klub offenbar schon einen Nachfolger im Auge hat: Christoph Spycher. Was nicht groß verwundert: Spycher hat als Profi fünf Jahre lang in Frankfurt gespielt, als Sportchef der Young Boys Bern macht er derzeit nach allgemeiner Auffassung einen exzellenten Job. Der Trainer, mit dem Spycher in Bern über Jahre gut und erfolgreich zusammengearbeitet hat, hieß Adi Hütter.

In Berlin fände Bobic derweil rein sportlich einen ähnlichen Patienten vor wie 2016 in Frankfurt. Hertha watet allen Ansprüchen zum Trotz tief im Abstiegssumpf, auch bei ihr ist im Moment noch völlig unklar, in welcher Liga der Verein in der nächsten Saison spielt. Die Relegation wie bei der Eintracht vor fünf Jahren ist eine absolut realistische Option. Den cleveren Mangelverwalter, den Bobic in Frankfurt anschließend geben konnte, würde er bei der Hertha allerdings nicht noch einmal spielen müssen. Dank Investor Lars Windhorst kann die Hertha Geld ausgeben, sie müsste es nur auf intelligente Weise tun. Daran hat es zuletzt gewaltig gehapert.

Bobics Antizipationsfähigkeit, einen Fußballer in einen Kader funktionsfähig einzufügen, sein Gespür, was die Entwicklungsfähigkeit eines Spielers angeht, auch wenn er bei einem anderen Verein schon mal gescheitert sein mag, gepaart mit finanziellen Optionen, die er in Frankfurt bisher noch nicht kannte – das ist das Versprechen, das sich Verein und Manager gegenseitig geben könnten.

Man braucht keine übermäßige Fantasie, um sich vorzustellen, dass dies gut zusammenpassen könnte.

Anmerkung der Redaktion: In einer vorherigen Fassung des Textes war davon die Rede, Bobic habe auch den Trainer Niko Kovac ausgewählt. Kovac wurde jedoch von dessen Vorgänger verpflichtet. Wir haben die Passage korrigiert.

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