Fußball-Bestechungsskandal Zeichen der Hoffnung

Wettscheine: Die Gefahr des Betrugs ist nicht gebannt
Foto: dapdAuf den ersten Blick ist die Vorstellung erschreckend: 200 Fußballspiele in Europa, davon 32 in Deutschland sollen manipuliert worden sein, um bei Wetten zu kassieren. Doch selbst wenn nicht nur viele Fans, sondern auch Fußballfunktionäre wie DFB-Präsident Theo Zwanziger ungläubig und entsetzt reagiert haben, ist dieser Fall vor allem einer, der Hoffnung macht.
Acht Monate lang haben die Fahnder der Bochumer Staatsanwaltschaft, ausgewiesene Experten für organisierte Kriminalität und erfolgreiche Mafiajäger, in der Schattenszene der Wettmanipulatoren recherchiert. Sie haben verdeckt ermittelt, Telefone abgehört, und spätestens bei den kommenden Gerichtsverfahren wird die Öffentlichkeit ein genaues Bild davon bekommen, wie Spieler, Schiedsrichter und vielleicht auch Trainer oder Funktionäre Spielausgänge beeinflusst haben, damit in Europa oder im fernen Asien bei Wetten kassiert werden konnte.
Dass es diese Szene gibt, kann niemanden überraschen, der weiß, welche gigantischen Gewinne so zu machen sind. Die Verführung, auf dem globalisierten Wettmarkt mit Betrug erfolgreich zu sein, ist riesengroß. Zumal man heute nicht einmal mehr ein Spiel absichtlich verlieren muss, um Wettergebnisse nach Wunsch zu bekommen.
Andere Ausgangslage als vor vier Jahren
Die hoch professionellen Ermittlungen der Bochumer zeigen aber, dass auf dieses Problem nicht mit Rat- und Hilflosigkeit reagiert werden muss. Deshalb sollte auch der Deutsche Fußball-Bund nicht pikiert reagieren, weil er vorher nicht informiert wurde. Den Kreis der Mitwisser einer solchen Ermittlung möglichst klein zu halten, ist für deren Erfolg entscheidend. Auch der Protest von Liga-Chef Reinhard Rauball gegen die Informationspolitik der Behörden erscheint in diesem Zusammenhang wenig zielführend.
Schon vor vier Jahren hatte das hessische Landeskriminalamt die mutmaßlichen Wettmanipulationen einer Gruppe um den Malaysier William Bee Wah Lim auf ähnliche Weise verfolgt. Allerdings musste die Ermittlung damals nach nur zwei Monaten abgebrochen werden, weil einer der Verdächtigen bei der Telefonüberwachung eine Gewalttat angekündigt hatte und daher Gefahr im Verzug war. Vor dem Frankfurter Landgericht wurde William Bee Wah Lim schließlich zu zwei Jahren und vier Monaten Haft verurteilt. Nach der Hälfte der Zeit kam er auf Kaution frei, tauchte sofort unter und ist bis heute verschwunden.
Sorglose Verdächtige, komplette Beweislage
Damals wurde der Fall öffentlich nicht sonderlich beachtet, weil nur einige Spiele der damaligen Regionalligen betroffen waren, sowie Partien in Österreich. Um der Sache wirklich auf den Grund zu gehen, war die Ermittlung außerdem zu kurz gewesen. Daher wurde auch der Fall des vermutlich manipulierten Bundesligaspiels zwischen Hannover 96 und dem 1.FC Kaiserslautern (5:1) am 26. November 2005 nie wirklich geklärt.
Das dürfte nun anders sein, denn diesmal konnten die Ermittlungen offensichtlich in Ruhe abgeschlossen werden. Außerdem waren viele der Verdächtigen äußerst sorglos und sprachen sich vergnügt am Telefon ab, was die Beweislage ziemlich komplett machen dürfte. Hilfreich war auch, dass der europäische Fußballverband Uefa zu Jahresbeginn eine Anti-Korruptions-Einheit gegründet hatte, mit der die Staatsanwaltschaft Bochum zusammengearbeitet hat.
Ungewöhnliche Besetzung im Ermittlerstab
Unter Leitung des Juristen Peter Limacher konnte die Uefa bereits dem mazedonischen Club FK Pobeda eine Spielmanipulation nachweisen und im April dieses Jahres auch eine langjährige Strafe aussprechen. Der Club darf wegen der Manipulation einer Partie in der Qualifikationsrunde zur Champions League acht Spielzeiten lang an keinem internationalen Wettbewerb teilnehmen.
Limacher ging bei der Besetzung seines Stabs ungewöhnliche und intern durchaus nicht unumstrittene Wege. Einerseits verpflichtete er den österreichischen LKA-Beamten Rudolf Stinner, der im Zuge des Falls William Bee Wah Lim die Manipulationen in seinem Heimatland ermittelt hatte. Außerdem etablierte die Uefa über den belgischen Wettkenner Karl D'Hont einen direkten Kontakt zur Szene der Profiwetter, die oft sehr gut darüber informiert sind, wenn irgendwo etwas nicht mit rechten Dingen zugeht.
Aber auch wenn die Ermittlungen jetzt erfolgreich waren, ist damit die Gefahr des Wettbetrugs selbstverständlich nicht gebannt. Auch in Zukunft werden Kriminelle versuchen, damit viel Geld zu verdienen. Aber die Zeiten, in denen das hierzulande einfach schien, sind erst einmal vorbei.