Schalker Niederlage gegen Werder Zurück zum Beton

Bremens Joshua Sargent verliert eines der vielen Kopfballduelle
Foto: POOL/ REUTERSDie Ziffern des Spiels: Wer zur Hälfte der ersten Halbzeit auf die Zahlen zum Ballbesitz schaute, musste vielleicht ein zweites oder drittes Mal nachsehen, um es glauben zu können: Schalke 04 18 Prozent, Werder Bremen 82 Prozent. Gegen den Tabellenvorletzten verbarrikadierten sich die Gastgeber zunächst mit neun Mann am eigenen Strafraum. Eine Taktik, die sich gegen den Vorletzten auch als Bankrotterklärung lesen ließe - zumal sie nicht einmal funktionierte...
Das Ergebnis: Schalke 04 bleibt auch im elften Spiel in Folge ohne Sieg und verliert 0:1 (0:1) gegen Werder Bremen. Hier geht es zum Spielbericht.
Die erste Hälfte: Anpfiff, Rückzug. Schalke mauerte und hoffte vorn auf ein Wunder, das in Form eines Kopfballs von Weston McKennie beinahe Wirklichkeit geworden wäre, doch sein Versuch ging in der 37. Minute knapp vorbei. Es war die einzige Chance der Gastgeber, dem schlechtesten Team der Rückrunde. Werder lag zu jenem Zeitpunkt bereits 1:0 durch einen Schuss von Leonardo Bittencourt in Führung (32. Minute). Zuvor hatte Schalkes Verteidiger Jean-Clair Todibo beim ambitionierten Versuch eines Dribblings den Ball verloren. Über Davy Klaassen und Milot Rashica gelangte der Ball zu Bittencourt, der aus halbrechter Position traf.
Warnstufe Huub: Auf der Tribüne saß der Schalker "Jahrhunderttrainer" Huub Stevens, und trotz seines vorschriftsmäßig aufgetragenen Mund-Nasen-Schutzes konnte man den aufsteigenden Groll im Gesicht des Niederländers erkennen. Sein Kopfschütteln wirkte drohend und das ausgerechnet bei einem ausgewiesenen Freund des Schalker Betons.
Nübel statt Schubert: Erst hatte Schalke-Trainer David Wagner Alexander Nübel zu seinem Kapitän gemacht, dann nahm er ihn aus dem Tor und brachte Markus Schubert. Jetzt die Rolle rückwärts: "Er konnte in den letzten Spielen der Mannschaft leider nicht helfen und die Sicherheit geben, die wir uns erhofft und erwartet haben", begründete Wagner seine Entscheidung für den erneuten Wechsel. Vorteil für Nübel: Im leeren Stadion konnte ihn wenigstens keiner der Fans auspfeifen.
Die zweite Hälfte: Ach, schau an, Schalke kann auch offensiv. In der 53. Minute scheiterte der eingewechselte Benito Raman an Werder-Torhüter Jirí Pavlenka. Eingeleitet hatte den Angriff McKennie, der Sekunden zuvor nach einem unfairen Einsatz gegen Yuya Osako mit Gelb-Rot hätte sanktioniert werden müssen. Schiedsrichter Felix Zwayer beließ es bei einer Ermahnung, S04-Trainer Wagner hörte die Signale und tauschte McKennie wenig später aus. Nach 15 Minuten hatte Schalke bereits acht Schüsse Richtung Gästetor abgegeben, agierte in einem 4-4-2 mutiger und viel, viel, viel weiter vorn. Das war Bundesligafußball, endlich. In der 88. Minute verweigerte Osako den Abschluss und legte stattdessen fruchtlos quer. Es war die beste, weil einzige Gelegenheit der Bremer in der zweiten Hälfte.
Justice for George: Der Tod des schwarzen US-Amerikaners George Floyd, der bei einem brutalen Einsatz eines weißen Polizisten ums Leben gekommen war, hat Menschen weltweit erschüttert. Auch der Schalker McKennie forderte auf einer Armbinde "Justice for George". Ein Schalker, der an diesem Nachmittag das richtige Zeichen setzte.
Das Dach: Was für eine ausgefeilte Dachkonstruktion die Veltins-Arena zu bieten hat, konnte der geneigte Zuschauer dank des üppigen Schattenwurfs nachvollziehen. Viel Sonne, viele Umrisse auf dem Rasen. Als Laie denkt man ja, so etwas ließe sich verhindern. Aber das dürfte derzeit eines der kleineren Probleme des siebenmaligen Deutschen Meisters sein.
Wundern an der Weser: So erledigt wie die Schalker heute wirkten die Bremer nach dem 1:4 gegen Bayer Leverkusen zum Auftakt des Bundesliga-Neustarts vor nicht einmal zwei Wochen. Seitdem gab es ein 1:0 in Freiburg, ein spielerisch überzeugendes 0:0 gegen Mönchengladbach und nun den Sieg bei Schalke 04. Die Verhinderung des Abstiegs scheint wieder im Bereich des Möglichen, auch die für den neutralen Fan so attraktive Schlusspointe eines Relegationsduells mit dem Hamburger SV ist eine realistische Variante. Der Spielplan bietet Möglichkeiten: Man erwartet nun Eintracht Frankfurt (Mittwoch, 20.30 Uhr) und den VfL Wolfsburg (Sonntag, 13.30 Uhr) in Bremen. Da ist der zweite (!) Heimsieg der Saison allerdings Pflicht.