Fußball-Randale Aufstand der Wut-Fans

Gewalt als Frustablass: Ultras von Eintracht Frankfurt haben die eigene Mannschaft und die Polizei attackiert. Erst ein Warnschuss stoppte den Mob. Gladbacher Schläger verletzten einen Dortmund-Fan und dessen Mutter schwer. Dass es auch anders geht, zeigten die Anhänger des HSV.
Frankfurter Fans: Attacke auf die eigene Mannschaft

Frankfurter Fans: Attacke auf die eigene Mannschaft

Foto: Bongarts/Getty Images

Als das Team der abstiegsbedrohten Eintracht aus Frankfurt am Samstagabend wieder am eigenen Stadion ankam, wurde es bereits erwartet. Rund 200 gewaltbereite Fans der Ultra-Szene wollten ihren Frust über die desolate Vorstellung beim 0:3 in Mainz entladen. Der Mannschaftsbus konnte nach Angaben der Polizei, die mit rund 100 Beamten vor Ort war, sicher in die Tiefgarage geleitet werden.

Aber danach stürmten rund 40 Personen zum Stadion und bedrängten die Polizisten. Dabei sei es einigen vermummten Randalierern gelungen, in das Stadion einzudringen. Ein Polizist musste einen Warnschuss abgeben, weil die Situation so brenzlig gewesen sei, sagte ein Sprecher. "Sie gebärden sich wie die Verrückten."

Später hätten Spieler und Offizielle das Stadion unbehelligt verlassen können, so die Polizei. Ein zuvor vereinbartes Treffen zwischen Fans, Profis und Trainer Christoph Daum habe allerdings nicht stattfinden können. Insgesamt gab es während der Auseinandersetzung 19 vorübergehende Festnahmen. Gegen zwei Personen wird wegen Landfriedensbruch ermittelt. Aufgrund der Ausschreitungen sagte die Eintracht die Trainingseinheiten für Sonntag und Montag ab. "Die Polizei und unser Sicherheitsdienst haben empfohlen, kein Training durchzuführen", sagte Pressesprecher Carsten Knoop.

Die Frankfurter Ultras widersprachen am Sonntag den Berichten: "Wir wehren uns vehement gegen die Darstellungen, die Berichte zum Ablauf der Vorfälle entsprechen nicht der Wahrheit. Richtig ist, dass es zu einem Einsatz einer Schusswaffe vonseiten eines Polizisten kam. Wir stehen geschockt und fassungslos dieser Situation gegenüber", hieß es in einer Presseerklärung der Fan-Gruppierung.

In dieser Saison sind Eintracht-Anhänger allerdings schon mehrfach negativ aufgefallen. Vor dem Spiel beim 1. FC Kaiserslautern am 16. Oktober 2010 hatten Ultras im Internet unter der Überschrift "Pfalzüberball 2010 - Schlachtfest in Kaiserslautern" offen zur Gewalt aufgerufen. Mitte Februar hatten angebliche Frankfurter Fans in Offenbach Anhänger von Bayer Leverkusen zusammengeschlagen. Und beim Heimspiel gegen den FCK am 5. März randalierten Anhänger beider Teams.

Gladbach-Fans greifen BVB-Anhänger auf Raststätte an

Ebenfalls am Samstagabend griffen Fans von Borussia Mönchengladbach einen Fan des neuen Deutschen Meisters Borussia Dortmund und seine Begleiter an. Das berichtete das Internetportal "Der Westen". An einer Raststätte der A2 in unmittelbarer Nähe der Autobahnabfahrt Hamm-Uentrop kam es zu einer gewalttätigen Auseinandersetzung. Vier Personen wurden verletzt.

Demnach hatten Gladbach-Anhänger, die mit einem Reisebus unterwegs waren und an der Raststätte Pause machten, den 38 Jahre alten BVB-Fan geschlagen und getreten, nachdem dieser aus einem Auto ausgestiegen war. Die 20-Jährige Fahrerin und der 22-Jährige Mitinsasse wurden ebenfalls attackiert. Zuvor hatten sich etwa zehn bis 15 Personen um das Auto gestellt und den Wagen aufgeschaukelt. Als die 62 Jahre alte Mutter des Dortmunder Fans, die im eigenen Auto dahinter stand, eingreifen wollte, versuchte der Mob, deren Smart umzuwerfen. Die Frau wurde ebenfalls geschlagen und getreten. Fan und Mutter erlitten schwere Verletzungen und mussten stationär behandelt werden.

Die mutmaßlichen Angreifer, die beim Eintreffen der Polizei die Raststätte bereits verlassen hatten, wurden später in Mönchengladbach angehalten. Die Personalien wurden festgehalten. Nun wird wegen Landfriedensbruch und gefährlicher Körperverletzung ermittelt.

HSV-Fans reagieren mit Spott

Am Freitagabend war es in Berlin bereits zu Ausschreitungen gekommen. Rund 800 Hertha-Fans hatten nach der 1:2-Niederlage in der Zweiten Bundesliga gegen 1860 München randaliert. Dabei steht ihr Club bereits als Aufsteiger fest. Zehn Polizisten waren leicht verletzt worden, 14 Personen wurden festgenommen. Außerdem kam es ebenfalls in Berlin zu einer Auseinandersetzung zwischen Anhängern von Dynamo Dresden und der Polizei. Vermeintliche Fans des 1. FC Köln hatten in der Vorwoche sogar eine Morddrohung auf Werbebanden am Trainingsgelände des Clubs geschmiert.

Dass der Frust auch anders entladen werden kann, zeigten die Anhänger des Hamburger SV. Beim 0:2 gegen den SC Freiburg wurde in der Schlussphase jeder Ballkontakt der Gäste lautstark gefeiert, "Oh, wie ist das schön" und "Auswärtssieg"-Gesänge schallten von den Tribünen. Nach dem Schlusspfiff wurden dann die HSV-Profis ausgepfiffen. Häme, Hohn und Spott für die eigene Mannschaft.

"Wir hatten am Ende eine Atmosphäre, in der sich der gesamte Frust entladen hat", sagte Hamburgs neuer Cheftrainer Michael Oenning. Frustration ist ein Gefühl, das die HSV-Fans nur zu gut kennen. Die eigenen Ansprüche sind hoch, der Kader teuer. Trotzdem wird der Club die Saison wohl im Niemandsland der Tabelle beenden. Es sind aber nicht nur die Ergebnisse, die nicht stimmen. Der Mannschaft war bereits in den Vorjahren keinerlei Kampfgeist anzumerken. Kein Wille, Spiele noch zu drehen. Die hochbezahlten Profis lieferten meist nur Alibi-Fußball.

Dieses Auftreten zeige auch, dass sich der Kader in der kommenden Saison verändern müsse, so Oenning, der von der Leistung sehr enttäuscht gewesen sei. "Das war der Endpunkt einer schwierigen Saison. Ich kann die Reaktion der Zuschauer verstehen."

mit Material vom sid
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