Fußball-WM 2018 und 2022 Fifa spricht Russland und Katar vom Vorwurf der Korruption frei

Fifa-Präsident Blatter: "Den Ethik-Code nicht verletzt"
Foto: Getty ImagesHamburg - Katar hat vor knapp vier Jahren den Zuschlag zur Ausrichtung der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 erhalten, ohne dass nachweislich Korruption im Spiel gewesen ist. Zu diesem Ergebnis kommt die Ethikkommission des Fußball-Weltverbands Fifa. Auch Russland, Gastgeber der Fußball-WM 2018, ist demnach freigesprochen von dem Verdacht, sich bei der umstrittenen Vergabe beider Turniere Anfang Dezember 2010 Stimmen von Mitgliedern des Fifa-Exekutivkomitees gekauft zu haben.
So steht es in dem 42 Seiten umfassenden Urteil, das der deutsche Richter Hans Joachim Eckert als Vorsitzender der Spruchkammer der Fifa-Ethikkommission verfasst hat. Grundlage von Eckerts Richterspruch sind die Untersuchungen des Fifa-Chefermittlers Michael J. Garcia. Der frühere US-Bundesanwalt war den Korruptionsvorwürfen beim Rennen um den Zuschlag für die beiden Turniere mehr als zwei Jahre lang nachgegangen, seinen Untersuchungsbericht hatte er Eckert Anfang September vorgelegt.
Wie Eckert in seinem Urteil schreibt, war Garcia bei seinen Recherchen zu Katar durchaus auf Vorgänge gestoßen, die "auf einen Mangel an Transparenz" hinwiesen und einen "negativen Eindruck" erwecken konnten. So hebt Eckert "mehrere unterschiedliche unangemessene Zahlungen" des früheren katarischen Fifa-Exekutivkomitee-Mitglieds Mohamed Bin Hammam an hochrangige Funktionäre des afrikanischen Fußballverbands hervor.
Bin Hammans Zahlungen dienten nicht der WM-Bewerbung
Die englische Zeitung "Sunday Times" hatte diese Vorgänge bereits im Sommer enthüllt. Eckert kommt nun wie Garcia zu dem Schluss, dass Bin Hammam mit diesen Zahlungen nicht die WM-Bewerbung Katars "promoten" wollte. Bin Hammams Absicht sei vielmehr gewesen, seine eigene Kandidatur bei der Wahl zum Fifa-Präsidenten im Juni 2011 zu "beeinflussen", bei der er als einziger Herausforderer des Amtsinhabers Joseph Blatter angetreten war.
Konform geht Eckert in seinem Richterspruch auch damit, wie Garcia bei seinen Untersuchungen eine Zahlung in Höhe von 1,2 Millionen Dollar bewertete, die Bin Hammam demnach an das frühere Mitglied der Fifa-Exekutive Jack Warner "im oder um den Juli 2011" überwies. "Diese Zahlung ist ein Bruch des Fifa-Ethik-Kodex", schreibt Eckert. "Jedoch steht dieses Fehlverhalten nicht im Zusammenhang mit der Abstimmung zur Fußball-WM am 2. Dezember 2010."
Länderspiel Argentinien gegen Brasilien auf dem Prüfstand
In seinem Urteil erwähnt Eckert auch ein Freundschaftsspiel zwischen den Nationalteams Argentiniens und Brasiliens in Katars Hauptstadt Doha wenige Wochen vor der entscheidenden WM-Abstimmung - jeweils ein hochrangiger Funktionär beider südamerikanischer Verbände war ebenfalls stimmberechtigtes Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees. Das mehrere Millionen Dollar teure Event sei allerdings von katarischen Geschäftsleuten bezahlt worden, nicht vom WM-Bewerbungskomitee oder dem katarischen Fußballverband.
Eckert folgt sämtlichen Erwägungen Garcias im Fall Katar. In seinem Urteil hält Eckert fest, dass "möglicherweise problematische Fakten und Umstände" bei der WM-Bewerbung Katars "alles in allem nicht geeignet sind, die Integrität des Bieterverfahrens um die Weltmeisterschaften 2018 und 2022 als Ganzes zu kompromittieren".
Eckert schließt sich auch Garcias Einschätzung an, dass es "keine ausreichenden Belege für Fehlverhalten des russischen Bewerberteams" gebe. Aus Eckerts Richterspruch geht allerdings auch hervor, dass die Organisatoren der russischen WM-Bewerbung 2018 Fifa-Chefermittler Garcia bei seinen Untersuchungen nur bedingt unterstützten. So hätten die Russen "nur eine begrenzte Menge von Dokumenten zugänglich" gemacht. Ihre Begründung: Die Computer, die sie während der WM-Kampagne benutzten, seien "geleast" gewesen. "Der Besitzer hat bestätigt, dass die Computer mittlerweile vernichtet sind", heißt es in Eckerts Resümee.
Durchweg positiv bewertet Eckert in seinem Richterspruch die Rolle Blatters. "Die eine konkrete Anschuldigung gegen den Präsidenten", es gebe bei einer US-amerikanischen Bank ein Konto auf seinen Namen, sei "erwiesenermaßen falsch". Eckert betont vielmehr: "Es muss klargemacht werden, dass Präsident Blatter den Ethik-Code nicht verletzt hat." Blatter habe eine "Anzahl kritischer Reformen eingeführt, einschließlich jener, die diese Untersuchung erst möglich machten". Als Chef der Organisation verdiene Blatter "Anerkennung für die Kooperation, welche die Fifa während dieser Ermittlung bewies".
Das Bieterverfahren der Fifa für die Weltmeisterschaften 2018 und 2022 bezeichnet Eckert zusammenfassend als "gut durchdacht, robust und professionell". Dennoch setzt er sich in seinem Urteil für einige Reformvorschläge ein. So sollten Fifa-Exekutivkomiteemitglieder, die sich bislang ohne Amtszeitbeschränkung wieder wählen lassen können, nach maximal acht Jahren ihre Posten endgültig räumen. Zudem sollte die Fifa eine "strenge Berichtspflicht einführen" - etwa für Besuche von Funktionären, die über eine WM-Wahl abstimmen, in Bewerberländern.