Klein, aber oho: Energie Cottbus setzt bei der Vermarktung auf Eigenständigkeit. Andere Clubs vertrauen weiterhin externer Unterstützung. "SPONSORS"-Redakteur Michael Weilguny sieht aber eine neue Entwicklung im Kommen - die Teilautonomie.
Ein Grund für die immer schwierigeren Verhandlungen der Vermarkter mit den Fußballclubs sind die veränderten finanziellen Verhältnisse in der Bundesliga. Philipp Grothe, Vorstandschef des Vermarkters Kentaro und in den neunziger Jahren maßgeblich am Aufbau der Ufa Sports (heute: Sportfive) beteiligt: "Nicht wenige Vermarktungsdeals wurden zu einer Zeit geschlossen, als die Vereine wirtschaftlich mit dem Rücken zur Wand standen. Die von den Vermarktern zugesicherten jährlichen Garantiesummen, eine Beteiligung am Stadionbau oder hohe Signingfees lieferten für viele Clubs die entscheidenden Argumente, um die kompletten Rechte an eine Agentur zu verkaufen."
Mittlerweile haben sich die finanziellen Verhältnisse bei vielen Clubs deutlich verbessert. "Diese insgesamt natürlich erfreuliche Entwicklung macht das Geschäft der Vermarktungsagenturen nicht einfacher", weiß auch Reinhardt Weinberger, Geschäftsführer Infront Germany, der seit Monaten mit dem FC Schalke 04 über eine Verlängerung des Vermarktungsvertrages verhandelt.
Neben den besseren wirtschaftlichen Verhältnissen in der Liga kommt für die Agenturen erschwerend hinzu, dass die Vereine mittlerweile auch eigenes Knowhow im Vermarktungsgeschäft sammeln konnten. Klaus Drach, lange Jahre Marketingleiter beim FSV Mainz 05 und nun in der gleichen Position bei Wolfsburg: "Gerade viele kleinere Vereine haben erst in den letzten Jahren ihre Infrastruktur verbessern können. Davor waren die personellen Ressourcen für eine erfolgreiche Eigenvermarktung häufig gar nicht vorhanden", so Drach, dessen Club den seit 2001 bestehenden Komplettvermarktungsvertrag mit IMG Ende März
gekündigt hatte.
Inzwischen hätten viele Clubs aber selbst professionelle Vertriebs- und Marketingabteilungen aufgebaut, wobei von den Vermarktern nicht selten erfolgreiche Anschauungsbeispiele geliefert wurden. Ralf Lempke, Marketingleiter bei Energie Cottbus, findet weitere Argumente für eine Eigenvermarktung: "Hier in der Lausitz waren schon alle Vermarkter, und ich habe alle wieder zurückgeschickt. Wir haben eine regionale Sponsorenstruktur und die könnte keine Agentur so gut betreuen wie unser Verein selbst."
Lempke glaubt daher, dass der Cottbuser Vermarktungsumsatz im Falle einer Fremdvermarktung sogar um 20 bis 25 Prozent zurückgehen könnte. Sportfive-Chef Thomas Röttgermann will dies so nicht stehen lassen. "Ich bin überzeugt, dass mit unserer Vertriebsstruktur und den daraus resultierenden Sponsoringerlösen kaum ein Verein bei der Eigenvermarktung mithalten kann."
Für die Argumentation des Marketingprofis spricht sicherlich die Bilanz der Agentur in den letzten Jahren. Denn es gibt wohl kaum eine Trikotbrust oder ein Namingright, die die Hamburger mit ihrer Vertriebskraft nicht verkauft bekommen hätte. Für Thomas Treß, Geschäftsführer Finanzen bei Borussia Dortmund, ist dies aber kein entscheidendes Argument: "Wenn ich mir die richtigen Leute einkaufe, kann ich eine Marke wie den BVB in vergleichbarer Weise national vermarkten wie eine Vermarktungsagentur."
Auch Jochen A. Rotthaus, früher beim VfB Stuttgart und nun beim Erstliga-Neuling TSG Hoffenheim für den Vertrieb verantwortlich, argumentiert pro Eigenvermarktung: "Gerade regionale Sponsoren wollen Nähe zum Kunden. Zudem ist es auch für einen jungen Club einfach wichtig, möglichst früh eigenes Know-how in diesem Kerngeschäft aufzubauen."
Bei vielen Clubs könnten die Vermarkter daher in Zukunft damit leben müssen, nur noch Teilrechte vermarkten zu dürfen. Dazu Klaus Fuchs, Geschäftsführer des VfL Wolfsburg: "Natürlich werden wir auch einige überregionale Kunden über Agenturen bei uns einbuchen lassen. Eine Komplettvermarktung kommt für uns aber nicht mehr in Frage."
Bundesliga-Vermarktung
Verein
Vermarkter
Laufzeit
Bielefeld
Sportfive
2015/16
Bochum
Infront*
2010/11
Bochum
Sportfive**
2010/11
Bremen
Infront*
2008/09
Bremen
Sportfive**
2008/09
Dortmund
Sportfive
2019/20
Frankfurt
Sportfive
2018/19
Hamburg
Sportfive
2010/11
Hannover
Sportfive
2013/14
Hertha BSC
Sportfive
2017/18
1. FC Köln
IMG
2013/14
Leverkusen
Sportfive
2014/15
*Banden/**Trikot
Andere Clubvertreter äußerten sich auf SPONSORS-Nachfrage ähnlich. Eine Tendenz, die sich unter anderem Global Sportnet zunutze machen will. "Wir streben keine Komplettvermarktung an, da sich viele Vereinen in einigen Segmenten gut selbst vermarkten können. Unsere Strategie sieht vielmehr eine Vermarktung von Teilrechten vor", erklärt Frederick Ness, neuer Vize bei Global Sportnet.
Aber auch Sportfive, IMG und Infront werden sicherlich versuchen, sich auf die geänderte Marktlage einzustellen und neuen Mehrwert für die Clubs zu schaffen. Ein Beispiel, wie dies aussehen könnten, liefert Treß. "Als Club können wir natürlich nicht alle internationalen Märkte bei der Sponsoren-Akquise abdecken. Einer Agentur, die uns internationale Sponsoren bringt, zahlen wir auch gerne eine angemessene Provision."