Geständnis eines Stürmers Früherer St.-Pauli-Profi nahm 100.000 Euro von Wettpaten an

Neue Enthüllungen im Bundesliga-Wettskandal: Der ehemalige St.-Pauli-Profi René Schnitzler hat zugegeben, in der Zweiten Liga 100.000 Euro von einem Wettpaten angenommen zu haben. Dass er dafür Spiele manipuliert hat, streitet er ab - und bekommt Rückendeckung von seinem damaligen Club.
Fußballprofi Schnitzler: "Kaum ein Tag, an dem ich nicht gespielt habe"

Fußballprofi Schnitzler: "Kaum ein Tag, an dem ich nicht gespielt habe"

Foto: Friedemann Vogel/ Bongarts/Getty Images

Hamburg - Der frühere Zweitliga-Profi René Schnitzler hat zugegeben, von einem Wettpaten insgesamt mehr als 100.000 Euro Bestechungsgeld angenommen zu haben. Das meldet das Magazin "Stern". In dem Bericht bezeichnet sich der Profi als spielsüchtig: "Seit ich 18 Jahre alt bin, gibt es kaum einen Tag, an dem ich nicht gespielt habe."

Schnitzler sollte 2008 nach eigenen Angaben fünf Spiele seines damaligen Vereins FC St. Pauli manipulieren. Es handelte sich um Zweitliga-Auswärtsspiele bei Hansa Rostock, dem FC Augsburg, dem MSV Duisburg und zweimal bei Mainz 05. Schnitzler bestreitet allerdings, die Spiele tatsächlich durch bewusst herbeigeführte Fehler manipuliert zu haben. In drei der betreffenden fünf Begegnungen spielte er sogar überhaupt nicht.

Auch beim FC St. Pauli glaubt man nicht daran, dass Schnitzler die Manipulationen ausgeführt hat. "René hat offenbar einen Betrüger betrogen", sagt St. Paulis Teammanager Christian Bönig SPIEGEL ONLINE. Zu diesem Ergebnis seien die Verantwortlichen des Hamburger Stadtteilvereins nach näherer Betrachtung der fünf Spiele gekommen. "Entweder hat René nicht gespielt, saß auf der Bank, oder die Wette ist nicht angelaufen", sagt Bönig.

Auch den Verdacht, dass Schnitzler Mitspieler zu Manipulationen angestiftet haben könnte, weist Bönig "in das Reich der Fabeln. Da besteht von Vereinsseite überhaupt kein Zweifel, dieser Vorwurf ist für uns nicht diskutabel".

"Nicht mehr wie ein Profi verhalten"

Bei dem Wettpaten soll es sich laut "Stern" um den Niederländer Paul R. handeln. R. gilt als eine zentrale Figur im Fußball-Wettskandal. So zitiert das Magazin aus Akten der Bochumer Staatsanwaltschaft, nach denen R. mit vielen der im Bochumer Wettskandal-Prozess Beschuldigten in Kontakt stand. Der Niederländer soll hohe Wetten auf dem asiatischen Glücksspielmarkt platziert haben.

Der 25-jährige Schnitzler ist zurzeit vereinslos. Zuletzt war er für den Verbandsligisten FC Wegberg-Beeck tätig. In der Bundesliga hat er ein einziges Spiel, damals in Diensten von Borussia Mönchengladbach, absolviert: Er kam am letzten Spieltag der Saison 2006/2007 zu einem Kurzeinsatz gegen den VfL Bochum. Von Mönchengladbach wechselte er nach einem kurzen Gastspiel bei Bayer Leverkusen zum FC St. Pauli. Für die Hamburger stand er zwischen 2007 und 2009 33-mal in der Zweiten Liga auf dem Platz. Dabei erzielte er sieben Treffer.

Immer wieder fiel Schnitzler damals durch unsteten Lebenswandel auf. Am Ende löste St. Pauli den Vertrag zwei Monate vor Ablauf auf. "Wir wussten, dass René viel spielt, uns war allerdings nicht die Tiefe seines Problems klar", erinnert sich Bönig. "Er hat sich am Ende einfach nicht mehr wie ein Profi verhalten", so Bönig.

Schnitzler hat im "Stern" behauptet, die Mehrzahl der Top-Spieler seien notorische Zocker. "Viele Profis haben gewettet wie Wahnsinnige. 70 oder 80 Prozent der Spieler einer Mannschaft setzen auf irgendwelche Partien in irgendwelchen Ligen", sagte er. Aus seiner Zeit bei Bayer berichtet Schnitzler, ein Nationalspieler habe den Kollegen am Flughafen vor einem Testspiel gegen Legia Warschau einen Hut hingehalten: Jeder Profi sollte 500 Euro in den Jackpot einzahlen. "Da segelten die Scheine, mehr als 5000 Euro lagen drin. Und die hat der kassiert, dessen Koffer zuerst aufs Gepäckband fiel."

Mit Material vom sid
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