

Wenn die Nationalmannschaft im Sand von Santo André spazieren geht, läuft Mario Götze häufig hinter André Schürrle her, direkt in dessen Schatten. Wenn Fotos der Spieler auf einem Boot geknipst werden, schaut Götze verlegen drein, so als sei ihm das irgendwie unangenehm. Wenn man mit ihm spricht, blickt er fast immer über die Schulter des Gesprächspartners. Wenn er etwas sagt, ist seine Stimme dabei oftmals so leise, dass sie von den Geräuschen der Umgebung komplett geschluckt wird.
Götze ist der talentierteste deutsche Spieler, der teuerste Transfer, den es je innerhalb der Bundesliga gab. Er kann Dinge mit dem Ball anstellen, die bei manchem Mitspieler zu Muskelverletzungen führen würden. Eigentlich müsste Götze vor Selbstvertrauen platzen - und doch wirkt er oft verloren, noch nicht im Profifußball angekommen. Für einen wie ihn müsste die Weltmeisterschaft eine wunderbare Bühne sein. Doch vor dem Spiel gegen Portugal (18 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE) ist Götze lediglich ein Wackelkandidat, es ist unklar, ob er für die Startaufstellung infrage kommt.
Wie konnte das passieren?
Die vergangenen Jahre stellten ihn vor einige Herausforderungen: Bei Borussia Dortmund stoppte ihn 2012 eine langwierige Verletzung für die komplette Rückrunde, er spielte beim Double-Sieg des BVB und der anschließenden Europameisterschaft allenfalls eine Nebenrolle. Kurz vor dem wichtigsten Spiel seiner bisherigen Karriere, dem Champions-League-Finale 2013, verletzte sich Götze erneut. Er verpasste das Match gegen seinen zukünftigen Arbeitgeber, den FC Bayern. Im vergangenen Sommer wechselte Götze für 37 Millionen Euro nach München, fehlte dort aber lange aufgrund seiner Verletzung. Hohe Amplitudenausschläge im Leben eines jungen Menschen.
Götze hat immer wieder mit sich zu kämpfen
Trotzdem kam Götze in der vergangenen Saison auf 27 Bundesligaspiele, holte mit den Bayern das Double. Dass er dabei lediglich neun Partien über die volle Spielzeit absolvieren durfte, relativiert dieses Bild aber sofort wieder.
Der 22-Jährige hat immer wieder mit körperlichen Problemen zu kämpfen. Deshalb hat er es bisher nicht geschafft, sich innerhalb der beiden besten deutschen Mannschaften, der des FC Bayern und des DFB-Teams, unverzichtbar zu machen. Bei den Münchnern durfte er mal links spielen (wenn Franck Ribéry verletzt war), mal rechts (wenn Arjen Robben oder Thomas Müller pausieren mussten), mal als falsche Neun im Sturm und nur selten auf seiner Lieblingsposition, zentral hinter den Spitzen.
Götze, der Alleskönner, wurde in den vergangenen Monaten immer weniger zu einem Topstar, sondern immer mehr zu einem Lückenbüßer. Eine ähnliche Rolle könnte ihm nun auch bei der WM drohen. Manchmal ist es ein Fluch, wenn man zu vieles gut spielen kann.
"Mario ist Weltklasse"
"Mario ist ein überragender Spieler, absolute Weltklasse. Eigentlich führt an ihm kein Weg vorbei", urteilte Hans-Joachim Watzke, der BVB-Geschäftsführer, noch vor wenigen Monaten. Bis zu Joachim Löw scheint diese Bewertung allerdings nicht vorgedrungen zu sein. Der Bundestrainer setzt weiterhin auf Mesut Özil als Spielmacher. Dabei lässt sich der Nationaltrainer auch nicht von der anhaltenden Kritik an der Form des Regisseurs des FC Arsenal abhalten. Auf der rechten Seite scheint für Löw Thomas Müller gesetzt zu sein.
Möglicherweise plant der Bundestrainer mit Götze im Sturm, als falsche Neun. Es wäre die Messi-Light-Version, eine, die Götze bisher nicht immer gelegen hat. In München tat er sich oft schwer, wenn er allein an vorderster Front agieren musste. Auch, weil ihm manchmal die Kaltschnäuzigkeit und der Torinstinkt fehlen. Im vorletzten Testspiel des DFB gegen Kamerun blieb Götze als Stürmer völlig blass.
Eine andere Variante könnte für Löw sein, Götze auf links außen spielen zu lassen. Dort, wo eigentlich sein alter Kumpel Marco Reus hätte auflaufen sollen, der es aufgrund seiner schweren Knöchelverletzung nicht kann. Da wäre allerdings für Götze die Konkurrenz mit den Formstarken Podolski und Schürrle sehr groß.
Dieses Turnier in Brasilien wäre für Götze die Chance, sich endlich unverzichtbar zu machen. Das Versprechen Mario Götze einzulösen.
Es kann für ihn aber auch eine Zeit werden, in der er wieder nur von Position zu Position geschoben wird.
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Mario Götze ist der vielleicht talentierteste deutsche Fußballer. Noch ist es ihm aber nicht gelungen, sein volles Potenzial auszuschöpfen.
Götze wirkt im Vergleich zu seinen Mannschaftskameraden im Nationalteam fast schüchtern.
Von seinen technischen Fähigkeiten her müsste Götze im DFB-Team als Stammspieler gesetzt sein. Einen festen Platz hat er sich bislang aber nicht sichern können.
Oft wurde Götze von Bundestrainer Joachim Löw im Sturm eingesetzt. Dort sollte er eine Rolle einnehmen wie Lionel Messi beim FC Barcelona. Wohl fühlt sich Götze dort offenbar nicht, selten konnte er im Angriff überzeugen. Auch im vorletzten WM-Test gegen Kamerun blieb der 22-Jährige blass.
In der vergangenen Saison kam Götze auf 27 Bundesligaspiele, holte mit dem FC Bayern das Double. Dass er dabei lediglich neun Partien über die volle Spielzeit absolvieren durfte, relativiert dieses Bild.
Hier ist Götze im Duell mit seinem ehemaligen Mitspieler von Borussia Dortmund, Kevin Großkreutz, zu sehen.
Götzes Konkurrent im DFB-Team ist vor allem Mesut Özil. Trotz anhaltender Kritik an der Form des Regisseurs scheint Löw an diesem festhalten zu wollen.
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