US-Coach Gregg Berhalter und die Reynas Wie die Kränkung eines BVB-Stars einen Übergriff des US-Trainers an die Öffentlichkeit brachte

US-Coach Gregg Berhalter hat einen mehr als 30 Jahre alten Tritt gegen seine heutige Frau öffentlich gemacht. Doch warum? US-Medien berichten, dass die Eltern von Gio Reyna den Verband auf den Fall aufmerksam machten – wegen eines Rüffels?
US-Trainer Gregg Berhalter (l.), Offensivspieler Reyna bei der WM in Katar

US-Trainer Gregg Berhalter (l.), Offensivspieler Reyna bei der WM in Katar

Foto: Esteban Biba / IMAGO / Agencia EFE

Eine Affäre um US-Nationaltrainer Gregg Berhalter, der mit der Fußballmannschaft der Männer an der WM in Katar teilgenommen hatte, beschäftigt den Verband. Es geht um einen Schienbeintritt vor 30 Jahren, eine späte Enthüllung – und Nationalspieler Gio Reyna, dessen Eltern eine gewichtige Rolle in dem Ganzen gespielt haben sollen.

1991 hat Berhalter, der den Vorfall in einem Statement öffentlich machte, seiner damaligen Freundin und heutigen Frau Rosalind im Anschluss an einem Barbesuch während einer »hitzigen Auseinandersetzung« gegen die Beine getreten. Daraufhin hätten sich die beiden getrennt, sieben Monate später aber wieder zueinandergefunden.

»Es war ein einziger Vorfall, mehr als drei Jahrzehnte her, und eine schreckliche Entscheidung in einem schlechten Moment eines 18-Jährigen«, teilte Berhalter mit. Rosalind habe ihm vergeben. Familien und Freunde der beiden sowie auch die vier Kinder wüssten von dem Vorfall. Eine Anzeige gab es damals nicht, die Polizei wurde nicht eingeschaltet.

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Doch weshalb kam der Vorfall nun, nach all den Jahren, an die Öffentlichkeit? Berhalter schrieb in seiner Stellungnahme, dass jemand – einen Namen nannte er nicht – den US-Verband alarmiert habe, um ihn »zur Strecke zu bringen« (»to take him down«). Die Spur führt zur vergangenen Weltmeisterschaft, bei der die USA im Achtelfinale gegen die Niederlande ausschieden.

In dem Team hatte es einen Konflikt zwischen Berhalter und Offensivspieler Gio Reyna gegeben. Überraschend saß Reyna, der in der Bundesliga für den BVB spielt, überwiegend auf der Bank, bekam kaum Spielzeiten. Er wurde lediglich in zwei Spielen eingewechselt. Auf einer Pressekonferenz kritisierte der Coach Reyna zudem, ohne ihn namentlich zu nennen. »Ein Spieler« habe die Erwartungen auf und neben dem Spielfeld nicht erfüllt. Er habe kurz vor einer Suspendierung gestanden.

Reyna bestätigte in einem Instagram-Post später, dass er gemeint war, dass er enttäuscht über seine begrenzte Rolle gewesen sei und dies tatsächlich einige Tage lang sein Verhalten beim Training beeinflusst habe. Er habe sich bei Trainer und Mannschaft entschuldigt, und ihm sei auch verziehen worden.

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Reyna schrieb aber auch: »Ich bin der Meinung, dass Dinge, die im Rahmen einer Mannschaft geschehen, privat bleiben sollten.« Eine gewisse Verärgerung schien im Hause Reyna wohl gegeben gewesen zu sein, denn, so berichten es die »New York Times « und das Sportportal ESPN , die Eltern von Gio entschieden sich, dem Verband von dem Vorfall vor rund 30 Jahren zu erzählen.

Laut »NYT« habe Mutter Danielle Team-Sportdirektor Earnie Stewart kontaktiert. Sie sei »empört und am Boden zerstört« gewesen. Die Reynas bestreiten aber, dass sie Berhalter in irgendeiner Weise bedroht hätten. Auf eine SPIEGEL-Anfrage hat sich Reynas Berateragentur bislang noch nicht gemeldet.

Enge Freunde: Claudio war Trauzeuge, Danielle Mitbewohnerin

Doch wieso wussten die Reynas von dem Vorfall zwischen den Berhalters? Die Antwort: Die beiden Familien sind (oder waren?) lange Jahre befreundet. Berhalter und Gios Vater Claudio spielten gemeinsam in der Nationalmannschaft, Claudio war Trauzeuge bei Berhalters Hochzeit. Danielle und Rosalind waren Mitbewohner im College und enge Freunde.

Familie Reyna im Jahr 2008: Claudio und Danielle mit ihren Kindern Jack, Joah und Gio (v.l.n.r.)

Familie Reyna im Jahr 2008: Claudio und Danielle mit ihren Kindern Jack, Joah und Gio (v.l.n.r.)

Foto: Mike Derer / AP

Danielle sagte bezüglich des Statements von Berhalter ESPN: »Ohne ins Detail zu gehen, verharmlosen die gestrigen Aussagen den Missbrauch in der fraglichen Nacht erheblich. Rosalind Berhalter war meine Mitbewohnerin, Mannschaftskameradin und beste Freundin, und ich habe sie durch das folgende Trauma hindurch unterstützt.«

Sie habe lange gebraucht, um Berhalter zu verzeihen, »und schließlich beide und ihre Kinder zu einem wichtigen Teil meines Familienlebens gemacht«. Sie hätte sich gewünscht und erwartet, dass Berhalter Gio die gleiche Gnade entgegenbringt. »Deshalb ist die jetzige Situation so verletzend und hart.«

»Wir nehmen solches Verhalten ernst«

Nachdem der US-Fußballverband Kenntnis von Berhalters 30 Jahre altem Übergriff bekommen hatte, beauftragte er die Anwaltsfirma Alston & Bird LLP, eine unabhängige Untersuchung durchzuführen, die noch nicht abgeschlossen ist. Man habe von »potenziell unangemessenem Verhalten gegenüber mehreren Mitgliedern unseres Personals durch Personen außerhalb unserer Organisation« erfahren.

»Wir nehmen solches Verhalten ernst und haben unsere Untersuchung auf diese Vorwürfe ausgeweitet«, teilte der Verband mit: »US Soccer verurteilt jede Art von Gewalt und nimmt solche Anschuldigungen sehr ernst.« Bis zum Ende der Untersuchung wolle man sich zu dem Thema nicht mehr äußern, schrieb der Verband dem SPIEGEL.

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In den kommenden Tagen soll bekannt gegeben werden, wer die Nationalmannschaft künftig leiten wird. Berhalters Vertrag war am 31. Dezember ausgelaufen. »Offensichtlich ist dies keine positive Zeit für den Fußball in diesem Land und für unsere Männer-Nationalmannschaft«, sagte Verbandspräsidentin Cindy Parlow Cone bei einer Pressekonferenz.

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