Großinvestor Hopp "Deutschland braucht mehr Hoffenheims"
Als Mittelfeldspieler Sejad Salihovic den Elfmeter zum 2:0 für Hoffenheim verwandelt hatte, richteten sich die Blicke auf der Haupttribüne des Dietmar-Hopp-Stadions auf den Gönner. Clubchef Hopp hielt in seiner Loge genauso wenig auf dem Sitz wie die zahlreichen VIP-Gäste neben ihm. Nur wenige Minuten später bejubelte er mit 6.350 Zuschauern fast doppelt so viel wie Hoffenheim Einwohner hat das 5:0 gegen die SpVgg Greuther Fürth, das den Aufstieg in die Bundesliga besiegelte. Sichtlich gerührt versuchte Hopp, in die Klänge des Queen-Klassiker "We are the champions" einzustimmen. Er ließ sich vor den feiernden B-Block zerren, wo er ausgelassen wie seine Spieler den Höhenflug feierte, der noch lange nicht zu Ende sein soll.
Vor knapp 20 Jahren verfügte der Club aus der 3.300-Einwohner-Gemeinde südöstlich von Heidelberg lediglich über einen katastrophalen Sportplatz und hatte keine einzige Jugendmannschaft. Hopp hatte von 1954 bis 1965 hier seine Stiefel geschnürt und stürmte in der A- und B-Klasse für den Verein. Für die große Fußballer-Karriere reichte es trotz seiner Beidfüßigkeit nicht, beruflich war Hopp allerdings umso erfolgreicher. Der gebürtige Heidelberger arbeitete Anfang der siebziger Jahre als Systemberater bei IBM Deutschland in Mannheim und fasste mit vier Kollegen im Alter von 32 den Entschluss, sich selbstständig zu machen. Aus der 1972 gegründeten Firma "Systemanalyse und Programmentwicklung" entwickelte sich der heutige Software-Riese SAP.
"Nichts hat mir so sehr Spaß bereitet, wie der Fußball", betont der Milliardär immer wieder, wenn er als Gastredner einen Vortrag über seinen Werdegang hält. Erst mit zunehmendem Alter habe er sich aufs Golfspielen verlegt. Hopp kann es sich leisten.
"Das Spielfeld war zu meiner Zeit an der gleichen Stelle wie das heutige Stadion, allerdings nur mit wenig Gras bedeckt, bei Regen spielten wir auf schwerem Lehmboden", erinnert sich der 68-Jährige in der Stunde des bislang größten Triumphs an die steinzeitlichen Verhältnisse. "1990 war die TSG in der Kreisliga, wobei die Platzverhältnisse nicht viel besser waren als in den sechziger Jahren." Hopp hat seinen Club nie aus den Augen verloren und irgendwann ein Spiel gesehen, "das mir nicht sonderlich gefallen hat". Nach einem kurzen Gespräch mit dem Vorstand war das Engagement Hopps mit dem langfristigen Ziel Regionalliga besiegelt.
Unter Trainer Hansi Flick, dem heutigen Assistenten von Bundestrainer Joachim Löw, erlebte der Club einen rasanten Aufstieg, der die Blau-Weißen 2001 in die Regionalliga führte. Flicks Arbeitsplatz galt als der sicherste in Deutschland, doch im Spätherbst 2005 endete die Zusammenarbeit mit dem ehemaligen Bayern-Profi abrupt. Die TSG trat mit ihrem Konzept, ausschließlich auf Spieler der Region zu setzen, in der Drittklassigkeit auf der Stelle, und nachdem ein Mannheimer Energiekonzern seinerzeit Brustsponsor bei der TSG großspurig angekündigt hatte, den SV Waldhof in die Bundesliga hieven zu wollen, ließ Hopp die Muskeln spielen. Während der Vorstand des bisherigen Sponsors eine Rolle rückwärts vollführte, zog Hopp ebenfalls Pläne für die erste Liga und für ein neues Stadion aus der Schublade.
Die neue Arena sollte zunächst in Heidelberg entstehen. Doch diese Expansionspläne scheiterten ebenso wie der angedachte Zusammenschluss mit anderen Clubs zum "FC Heidelberg 06". Doch schließlich fand man in Sinsheim ein neues Stadion-Areal. Zwischenzeitlich hatte Hopp entschieden, das Projekt mit der TSG alleine durchzuziehen.
Im November 2005 verlor Flick seinen ursprünglich bis 2010 gesicherten Arbeitsplatz an Lorenz-Günther Köstner, dessen Verpflichtung sich jedoch als Missverständnis erwies. Die TSG verpasste den Zweitliga-Aufstieg deutlich. Erst mit der Verpflichtung Ralf Rangnicks während der WM 2006 startete der Dorfclub richtig durch.
Doch schon damals beklagte Hopp die immer wiederkehrenden Vergleiche mit dem russischen Oligarchen und Gönner des Chelsea FC: "Ich bin kein Klein-Abramowitsch aus dem Kraichgau. Die Region hat mir viel gegeben, und das zahle ich ihr jetzt zurück." Neben unzähligen sozialen Engagements baute Hopp den Golfclub St. Leon-Rot, der mehrere deutsche Meistertitel auf dem Briefkopf stehen hat, auf und "schenkte" seinem Sohn Daniel die Mannheimer Adler, die er Ende der neunziger Jahre vor dem Ruin rettete. Heute ist die Spielbetriebsgesellschaft des altehrwürdigen Mannheimer ERC DEL-Rekordmeister und spielt in einer der modernsten Arenen Deutschlands, der SAP Arena.
Zum 70. Geburtstag einen Nationalspieler
Auch die Nachwuchsförderung war ihm wichtig - ein weiterer Unterschied zu Abramowitsch, der lieber auf fertige Stars setzt: Viele der mittlerweile 22 Jugendteams der TSG spielen in der jeweiligen höchsten Spielklasse, zudem bezahlte Hopp in der Region den Bau zahlreicher Trainings- und Förderzentren. "Erfolg kann nur mit guter Jugendarbeit einhergehen", sagt der 68-Jährige. Selbst für den SV Waldhof, dessen Fans Hopp nicht ausnahmslos wohlgesonnen sind, ließ er ein Nachwuchszentrum im Wert von drei Millionen Euro springen - seither ist Hopp in der Waldhofer Kurve nicht mehr so unbeliebt.
Um das Ziel Bundesliga zu erreichen, hat er zuletzt jedoch das Konzept, auf Spieler aus der Region zu setzen, aus den Augen verloren. Zumindest vorerst. "Ich habe große Hoffnung, dass aus unserer Jugendarbeit bundesligataugliche Talente kommen werden. Wir wären mächtig stolz, wenn unsere B-Jugend es schaffen würde, Deutscher Meister zu werden", sagt Hopp SPIEGEL ONLINE. "Viele, die immer wieder anmahnen, dass nur zwei Eigengewächse im Kader der ersten Mannschaft stehen, vergessen, dass wir rund 1000 Jugendliche in der Fußballförderung haben und damit auch erheblich Sozialarbeit betreiben", so der Club-Boss.
Jetzt freut sich Hopp auf die Bundesliga, FC Bayern statt 1.FC Stebbach. "Vor uns muss niemand Angst haben", sagt er. "Wir spielen erfrischenden Offensivfußball, haben anständige Fans und sind gute Gastgeber." Zunächst in Mannheim, ab der Rückrunde 2008/09 dann im neuen Stadion, das noch Rhein-Neckar-Arena heißt, aber mit Sicherheit bald den Namen eines Sponsors tragen wird. Auch diesen Spaß lässt sich Hopp, dessen Gesamtvermögen auf 6,3 Milliarden Euro geschätzt wird, rund 40 Millionen Euro kosten: "Das Stadion wird das Nonplusultra werden.
Rangnick, der Mann, der Hopps Vision in die Tat umgesetzt hat, sagte am Sonntag in der Aufstiegsemotion: "Deutschland bräuchte mehr Hoffenheims." Der Gedanke, bei der WM 2010 einen Nationalspieler zu sehen, der aus Hoffenheims Jugendarbeit hervorgegangen ist, treibt Hopp voran. "Dann", so Hopp, "würde ich mich zu meinem 70. Geburtstag selbst beglückwünschen."