HSV vermeidet direkten Abstieg Der Dino mit den sieben Leben
Plötzlich wurde es dunkel im Stadion des Hamburger SV. Trainer Bruno Labbadia gab gerade seine Stellungnahme zum Spiel gegen den FC Schalke 04 ab, als das Licht im Pressesaal ausging. Für ein paar Sekunden nur, dann saßen Hamburgs Medienchef Jörn Wolf, Schalkes Trainer Roberto Di Matteo und Labbadia wieder im Hellen.
Die Sequenz aus der Nachbesprechung der Partie steht symbolisch für die Lage des HSV. Im Laufe der Saison war es mehrmals stockfinster geworden für die Hamburger, doch nach dem 34. und letzten regulären Spieltag brennt wieder Licht im Volkspark.
Durch den 2:0-Erfolg gegen leblose Schalker und die passenden Ergebnisse in Paderborn und Hannover haben die Hamburger den ersten Abstieg der Geschichte vermieden. Den ersten direkten Abstieg zumindest. Wie schon die Vorsaison geht die Spielzeit für den HSV in die Verlängerung. Wieder muss die Relegation darüber entscheiden, ob die Hamburger ihren Status als ewiger Bundesligist wahren, oder ob sie in der neuen Saison zum ersten Mal eine Etage tiefer spielen.
Kann der HSV überhaupt absteigen?
Doch weil sich der HSV wieder einmal aus höchster Not befreit hat und die zweite Katastrophensaison in Serie nicht mit dem direkten Sturz in die Unterklassigkeit bezahlt, verfestigt sich der Eindruck, dass die Hamburger gar nicht absteigen können. Der Bundesliga-Dino hat offensichtlich sieben Leben.

Freude über den Sieg: Jetzt wartet die Relegation
Foto: Axel Heimken/ dpaIn der Vorsaison hatten die Hamburger mit gütiger Unterstützung des Fußballgotts in der Relegation gegen Greuther Fürth die Klasse gehalten, in diesem Jahr half der Geist von Malente. In dem legendären Trainingscamp in Schleswig-Holstein hatte Trainer Labbadia seine Mannschaft auf das Abstiegsfinale gegen Schalke vorbereitet. Die Maßnahme zeigte Wirkung. Der HSV trat geschlossen auf und kämpfte leidenschaftlich. Gegen die erschütternd lustlosen Gäste aus Gelsenkirchen reichten diese Tugenden.
"Wir haben dem Druck sehr, sehr gut standgehalten", sagte Labbadia. Erstaunlich heiter sprach er darüber, dass sich der Terminplan des HSV geändert habe: "Wir wollen nächste Woche eigentlich zwei Freundschaftsspiele machen. Die ersetzen wir durch die Relegation."
Mit Rückenwind in die Relegation
Am Donnerstag (20.30 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE) treten die Hamburger gegen den Drittplatzierten der zweiten Liga an. Darmstadt, Karlsruhe und Kaiserslautern sind in der Verlosung. "Das sind alles sehr kompakte, solidarische Teams", sagte Hamburgs Sportchef Peter Knäbel.
Anders als in der Vorsaison gehen die Hamburger dieses Mal mit einem Erfolgserlebnis in die Relegation. Sie müssen nicht in die Playoffs um dem Klassenerhalt, sie dürfen. "Wir haben Rückenwind, ganz anders als im vergangenen Jahr", sagte Torwart René Adler.
Trainer Labbadia hat nach dem erleichternden Sieg gegen Schalke daran erinnert, dass die Hamburger fast schon abgestiegen waren, als er im April als vierter Trainer innerhalb einer Saison das Kommando im Volkspark übernommen hatte. "Ich habe damals gedacht: Zehn Punkte brauchen wir, das ist eine ganz schöne Hausnummer", sagte Labbadia. In seinen Sätzen schwingt eine ordentliche Portion Eigenlob mit, denn genau diese Punktzahl schaffte das Team unter seiner Regie.

HSV-Coach Labbadia: "Zehn Punkte sind eine Hausnummer"
Foto: Christian Charisius/ dpaLabbadia hat den HSV aus dem Abstiegssumpf gezogen und die Hoffnung zurückgebracht. "Wir sind dankbar, dass wir sind wo wir sind", sagte Sportchef Knäbel. Dankbar, dass die Bundesliga-Uhr im Hamburger Stadion nach dem 34. Spieltag weiter tickt, mindestens bis nach der Relegation.
Die Partie gegen Schalke war ein Akt der Emotionen. Vor dem Spiel hatten die Fans des HSV einen Marsch von der nahegelegenen S-Bahn-Station zum Stadion initiiert. Der Mannschaftsbus fuhr durch ein Spalier tausender Anhänger auf das Veranstaltungsgelände. "Niemals zweite Liga!", brüllten die Fans, und sie sangen das Lied von der ewigen Erstklassigkeit natürlich auch später im Stadion.
Lange schien die tosende Atmosphäre die Hamburger Profis allerdings zu lähmen. Trotz drückender Überlegenheit in Sachen Ballbesitz tendierte die Torgefahr gegen minus eins. Nicht von ungefähr fielen die Treffer durch Ivica Olic (49. Minute) und Slobodan Rajkovic (58.) nach Standardsituationen. Die Arena bebte, denn zwischendurch sah es sogar danach aus, als sollte der Sieg zum direkten Klassenerhalt reichen. Aber das wäre wohl zu viel des Guten gewesen.
Nach der Partie rief Labbadia seine Spieler zusammen. Bange Minuten vergingen, bis das auch in Hannover Schluss und damit klar war, dass die Hamburger über den Umweg der Relegation weiter im Rennen um den Klassenerhalt sind. "Alleine wegen dieser überragenden Atmosphäre hat es sich gelohnt, den Job hier anzunehmen", sagte Trainer Labbadia. Das Licht brennt noch - das ist zum großen Teil sein Verdienst.
