
HSV-Sieg: Starker Drobny und ein Eigentor
HSV-Sieg gegen Hannover Rennen, kämpfen, Glück haben
Nach dem 2:1-Erfolg des Hamburger SV gegen Hannover 96 im sogenannten Topspiel des 20. Spieltags hörte der Trainer gar nicht mehr auf, seine Mannschaft zu loben. "Wir haben genau so gespielt, wie wir uns das vorgestellt haben", sagte der Trainer. Er würdigte den Kombinationsfußball, den seine Profis gezeigt hätten, die hohe Intensität, den Zug zum Tor, und er stellte korrekt fest, dass sein Team in allen Statistiken besser gewesen sei. Beim Ballbesitz, den Torschüssen, der Zweikampfquote. Und so weiter.
Der Trainer war Tayfun Korkut von Hannover 96. Der Trainer des Verlierers.
Sein Hamburger Kollege Josef Zinnbauer versuchte gar nicht erst, die Partie anders zu deuten. "Spielerisch war uns Hannover in allen Bereichen überlegen", sagte er, und es gab vermutlich niemanden im Stadion, der das anders sah, die Spieler beider Mannschaften eingeschlossen.
Kampf und Glück seien die Mittel zum Sieg gewesen, sagte Zinnbauer, wobei vor allem die zweite Variable, das Glück, eine große Rolle gespielt hatte beim Erfolg des HSV. Denn von den beiden Hamburger Toren schoss Hannover anderthalb selbst, genauer: Abwehrspieler Marcelo tat dies. Erst lenkte er Zoltan Stiebers Flanke ins eigene Tor (26. Minute), dann fälschte er einen Schuss von Marcell Jansen unhaltbar ab (50.).
Der HSV kann sich auf sein Glück verlassen, so scheint es, nicht nur im Spiel gegen Hannover. Man muss nur an das Ende der vergangenen Saison denken, als die Mannschaft in der Bundesliga blieb, obwohl sie die letzten fünf Partien verloren hatte und auch in der Relegation gegen Greuther Fürth keinen Sieg schaffte, sondern zweimal unentschieden spielte und bis zur letzten Sekunde um den Klassenerhalt bangte. Der Fußballgott, falls es ihn denn gibt, ist definitiv kein Gegner des HSV.
Zinnbauer findet Spielweise furchtbar
Gegen Hannover war es sogar der Plan der Hamburger gewesen, unansehnlich zu spielen, mit dem Fokus darauf, hinten dicht zu halten um jeden Preis und vorne irgendwie einen Ball reinzuwurschteln. "Wir können nur über den Kampf ins Spiel kommen. Das klappt gut", sagte Trainer Zinnbauer und verwies auf die angespannte Personallage: Pierre-Michel Lasogga verletzt, Lewis Holtby verletzt, Rafael van der Vaart angeschlagen, der Kapitän hielt gegen Hannover 45 Minuten durch.
Offensivfußball sei so nicht machbar, sagte Zinnbauer, und er gab zu, dass er die aktuelle Herangehensweise furchtbar findet. Schließlich sehe es kein Trainer gerne, wenn sich die eigene Mannschaft hinten rein stellt, schon gar nicht Zinnbauer selbst, der sich einen Offensivtrainer nennt. Aber was soll's: "Das bringt uns Punkte."
Der Erfolg gegen Hannover war der zweite Sieg im dritten Rückrundenspiel nach dem 3:0 in Paderborn und zugleich der zweite Sieg nacheinander. Zum ersten Mal seit fast zwei Jahren gewann der HSV mal wieder zwei Spiele in Folge, weshalb die Fans in der Arena im Volkspark in der zweiten Halbzeit tatsächlich vom Europapokal sangen. Aus Spaß natürlich.
HSV vor schweren Aufgaben
Dass die Hamburger plötzlich Tabellenelfter sind, ist weniger ein Beleg für ihre Klasse als dafür, wie eng es im Abstiegskampf zugeht. "Der Tabellenplatz täuscht, es kann alles passieren", sagte Mittelfeldspieler Nicolai Müller. Nur vier Punkte beträgt der Vorsprung auf den Relegationsplatz.
Und die kommenden Gegner werden dem HSV vermutlich weniger Geschenke machen als Hannover. Am kommenden Wochenende treten die Hamburger beim FC Bayern an, wo es vor zwei Jahren eine 2:9-Niederlage gab. Müller nennt die Reise zum Rekordmeister ein Bonusspiel. Soll heißen: Mit Punkten ist nicht zu rechnen. Danach geht es gegen Mönchengladbach, Frankfurt, Dortmund.
Angesichts dieses Programms waren die Siege gegen Paderborn und Hannover dringend nötig. Sie haben neben dem Punktestand auch das Selbstvertrauen der Hamburger gehoben und den Spielern gezeigt, dass ihr Einsatz nicht umsonst ist: "Wir rennen in jedem Spiel 123, 124 Kilometer", sagte Abwehrspieler Heiko Westermann: "Irgendwann wird dieser Aufwand belohnt." Gegen Hannover war die Laufleistung sogar noch einmal höher. "Die Mannschaft hat gewollt", sagte Trainer Zinnbauer.
Wollen, kämpfen, Glück haben - diese Strategie funktioniert beim HSV, aber sie funktioniert nur für den Moment. Ein Plan für die Zukunft ist das nicht.
Hamburger SV - Hannover 96 2:1 (1:0)
1:0 Marcelo (26., Eigentor)
2:0 Jansen (50.)
2:1 Sobiech (66.)
Hamburger SV: Drobny - Westermann (46. Götz), Djourou, Rajkovic, Marcos (78. Kacar) - Diaz - Nicolai Müller, Stieber, van der Vaart (46. Jiracek), Jansen - Olic
Hannover 96: Zieler - Hiroki Sakai (46. Pereira), Marcelo, Christian Schulz (63. Sobiech), Albornoz - Schmiedebach, Salif Sane - Briand, Stindl, Kiyotake (85. Bittencourt) - Joselu
Schiedsrichter: Manuel Gräfe
Zuschauer: 51.779
Gelbe Karten: Jansen