FC Bayern verabschiedet Hoeneß Die Uli-Show
Es ist ein freundlicher, aber keineswegs euphorischer Empfang in der Münchner Basketball-Halle. "Du bist der beste Mann", rufen manche der 1593 Besucher Uli Hoeneß zu, doch die Sprechchöre versiegen schnell. Ein langjähriger Bayern-Fan sagt auf der Tribüne: "Ich finde es scheiße, dass er da ist." Dass also Hoeneß, seit Mitte März verurteilter Steuerbetrüger und Ex-Präsident, an diesem Freitagabend an der außerordentlichen Mitgliederversammlung des FC Bayern München teilnimmt.
Doch am Ende, nachdem Hoeneß die Bühne betreten hat, ist der Abend wieder so wie schon bei der Jahreshauptversammlung des Clubs im November: eine One-Man-Show.
Eigentlich sollte die außerordentliche Mitgliederversammlung der Bayern die Stunde von Karl Hopfner sein, dem neu gewählten Präsidenten. 99,6 Prozent der Stimmen bekommt Hopfner, der Finanzfachmann und langjährige FC-Bayern-Funktionär, ein Traumergebnis. Doch der 61-Jährige, der souverän wirkt, aber nicht unbedingt ein Freund großer Bühnen und Worte ist, lässt schnell erkennen, wem er das Spielfeld überlässt: "Mir persönlich wäre es lieber gewesen, er würde hier stehen. Uli Hoeneß war und ist Visionär, Kopf, oft auch Herz und immer Seele des FC Bayern München."

Hoeneß auf der Mitgliederversammlung: Abschied auf Zeit
"Plötzlich war ich ein Arschloch, ein Schwein"
Hoeneß wirkt gerührt, als er sich von seinem Platz in der ersten Reihe erhebt, um den Mitgliedern zu danken. Er scheint dann zu überlegen, ob er noch eine Rede halten soll. Doch dann geht Hoeneß entschlossen ans Pult. Und er nutzt seinen vielleicht letzten öffentlichen Auftritt vor dem Gang ins Gefängnis für eine Generalabrechnung mit seinen Kritikern.
Er geißelt die Häme, die in den vergangenen vierzehn Monaten auf ihn und seine Familie niedergeprasselt sei, rügt die Medien: "Plötzlich war ich ein Arschloch, ein Schwein, ein Mann, der den Leuten Geld aus der Tasche zieht." Außerdem habe er in den letzten Monaten etwas Neues an sich entdeckt: "Hass. Und Hass ist kein guter Ratgeber und Wegbegleiter", sagt Hoeneß.
Er spricht jetzt sehr laut, schreit fast ins Mikrofon. Und am Ende kündigt er an, zurückzukommen nach der Verbüßung seiner Haftstrafe, in welcher Funktion auch immer: "Wenn ich zurück bin, werde ich mich nicht zur Ruhe setzen. Das war's noch nicht." Minutenlang applaudieren nun die Mitglieder.
"Zwischen den FC Bayern und Guardiola passt kein Blatt Papier"
Drei Tage nach dem bitteren Champions-League-Aus gegen Real Madrid verteidigt Hoeneß nicht nur sich selbst, sondern auch die Mannschaft: "Der Rückschlag am Dienstag ist menschlich und normal, wir haben trotzdem wieder eine sehr, sehr gute Saison gespielt", sagt der 62-Jährige - und bekommt Unterstützung von Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge: "Mannschaft und Trainer müssen Kübel an Häme ertragen, die auf ihnen ausgeschüttet werden. Ich finde dieses Motzen zum Kotzen. Zwischen den FC Bayern und Pep Guardiola passt kein Blatt Papier."
Der FC Bayern hat mittlerweile 235.000 Mitglieder, bald hält er in dieser Hinsicht einen Weltrekord. 2014 wird der Club wieder seinen Umsatz und Gewinn steigern, wie Rummenigge ankündigt. Außerdem verlängert Manuel Neuer seinen Vertrag bis 2019. Das sind gute Nachrichten, doch sie gehen fast unter in der Hoeneß-Show.
Nach Hoeneß kommt Hopfner - und das Mikro funktioniert nicht
Zudem ist der Verein in einer kleinen sportlichen Krise, das Pokalfinale gegen Dortmund entscheidet darüber, ob diese Saison noch als erfolgreich zu werten ist. Hoeneß hat nun ein letztes Mal versucht, eine emotionale Wegmarke zu setzen.
Es ist bezeichnend, dass Hopfner nach der Hoeneß-Rede mit einer technischen Panne kämpft, das Mikrofon funktioniert nicht. Und man wird den Eindruck nicht los, dass der neue mächtige Mann, der dieses Amt nie übernehmen wollte, nur eine Interimslösung ist - womöglich für Hoeneß: Denn der Club änderte die Satzung und verkürzte die Amtszeit des neuen Präsidiums auf zweieinhalb Jahre - aus organisatorischen Gründen, wie Hopfner beteuert.
Zur nächsten Wahl im Herbst 2016 wäre Hoeneß - bei guter Führung - womöglich wieder ein freier Mann. "Ich bin bis 2016 gewählt. Was danach passiert, weiß ich nicht. Ich werde aber sicher nicht gegen Uli Hoeneß antreten", sagte Hopfner. Für eine Rückkehr stehen Hoeneß alle Türen offen, das haben die Verantwortlichen immer betont.
Hoeneß schreibt noch schnell ein paar Autogramme, bevor er abtritt. "Ich gehe mit ruhigem Gewissen", hatte Hoeneß zuvor in seiner Rede betont. Und doch ist es nur ein Abschied auf Zeit. Er wird zurückkommen. Auch, weil ein solch würdeloses Ende für Uli Hoeneß nicht akzeptabel ist.