
Häme nach dem Hoeneß-Prozess: "Mia san hier"
Häme nach dem Hoeneß-Prozess German Schadenfreude
Schadenfreude gilt als sehr deutsche Eigenschaft, weshalb das Wort ein teutonischer Exportschlager ist. Im Englischen, zum Beispiel, heißt die Eigenschaft, einen, der am Boden liegt, auch noch zu verhöhnen, schlicht: Schadenfreude.
Der Prozess gegen Uli Hoeneß in der letzten Woche wurde zu einem Fanal von good old German Schadenfreude. "Richter macht ihn rein", titelte der "Berliner Kurier", "Der Runde muss ins Eckige" die "BZ" und nicht einmal die "taz", sonst Insel des Juste Milieu und der Gutmenschen, konnte sich zurückhalten: "Mia san hier" spottete sie und zeigte einen rot-weißen Schal, der aus einem Gefängnisfenster hängt.
Die Strafsache Hoeneß wurde von vielen Medien inszeniert wie Entertainment, in einem Maß, wie so etwas in der Bundesrepublik noch nicht stattgefunden hat. Wie ein Fußballspiel, bei dem es darum geht, den anderen nicht nur zu besiegen, sondern auch noch zu erniedrigen. Ein strafprozessliches Dschungelcamp, es fehlte nur noch, dass der Verurteilte mit dem legendären Festgeld seines Vereins geteert und gefedert worden wäre.
Woher kommt diese Wut? Wo war sie, als Paul Schockemöhle mit seinen Millionen in Liechtenstein aufflog? Wo, als Klaus Zumwinkel verhaftet wurde? Immerhin hatte Hoeneß sich im Gegensatz zu allen anderen prominenten deutschen Steuersündern selbst angezeigt, schlampig, chaotisch, in Panik, mit einer viel geringeren Summe als die obszön-kriminellen 28,5 Millionen Euro Steuerschulden, aber wie der Richter sagte, "ans Messer geliefert haben Sie sich selbst".

Uli Hoeneß: Der Mann, der den FC Bayern schuf
Hoeneß und der FC Bayern, das ist eine Erfolgsgeschichte, aber es ist eine, die alle anderen deutschen Fußballvereine demütigt, durch die Siege natürlich, aber auch durch die Art wie sich Hoeneß über Jahrzehnte präsentierte. "Wir müssen arroganter werden", sagte er, wenn einer es wagte, die Bayern zu kritisieren. Es ging so weit, dass es die Generation Kahn genoss, wenn bei Auswärtsspielen die Fans des Gegners wütend gegen den Bayern-Bus schlugen. Jetzt sprechen die Trainer anderer Mannschaften oft von der "besten Mannschaft der Welt". Aber sie tun es mit zusammengebissenen Zähnen. Naturgemäß, denn natürlich wäre jede Mannschaft gerne die beste der Welt. Aber sie sind nur noch Punktelieferanten für den Erfolgsclub aus München. So etwas schmerzt.
Für die meisten Deutschen ist der FC Bayern der reiche Nachbar, der sich alle drei Monate ein neues, noch schnelleres, noch teureres Auto kauft. Der Nachbar, der in einer Villa wohnt, und der einem, wenn man ihn einmal zufällig beim Bäcker trifft, erzählt, dass er jetzt in den Urlaub fährt, in ein gerade erworbenes Schloss am Meer in Südfrankreich.
Der Vater Teresa vom Tegernsee, die Spenden, die Wohltaten, geschenkt. Am Ende arbeiteten sie sogar gegen Hoeneß, weil sie ihn als den Heuchler entlarvten, der er eben auch war. Wie einen Dagobert Duck, der sein Portfolio noch mit den Gesten des Altruismus großkotzig bestückt.

FC Bayern München: Hopfner soll es richten
Nun tut Hoeneß das einzig Richtige: Er geht ins Gefängnis. Er verzichtet darauf, mit Geld noch neue Tricks zu kaufen. Er zieht das quälende Schauspiel nicht noch in die Länge.
Im Gegensatz zur folkloristischen Betrachtung, laut der reiche Menschen sich im Gefängnis an Hummer und Champagner laben, ist Knast in Bayern kein Spaß. Man sitzt erst mal im Loch, und die meisten, vor allem Ersttäter, fallen mental in eine tiefe Grube. Strafe muss sein, das ist der Leitgedanke auch im Freistaat, aber langsam soll sie übergehen, hin zur Resozialisierung, dem Recht auf eine zweite Chance.
Hoeneß wird die Anstaltskleidung tragen, grünes Hemd, blaue Hose, er wird die Spiele seines Clubs im Radio verfolgen müssen. Vielleicht hat er Zeit, ein paar Bücher zu lesen. Dostojewski oder Shakespeare böten sich an, Stoffe, die von komplexen Charakteren handeln, manchmal Wahngestalten, wandelnd zwischen Gut und Böse.
Er wird zügig einfahren, der Staatsanwalt hat ebenfalls auf Revision verzichtet. Das ist die gute Nachricht für alle Bayern-Hasser, die von den Toten Hosen bis zu Günter Grass reichen. Doch Hoeneß wird wieder herauskommen. Guardiola hat bereits angekündigt, dass er auf das Comeback seines Freundes wartet, und wer weiß, vielleicht tut er es wirklich.
"Ich werde diesem großartigen Verein und seinen Menschen auf andere Weise verbunden bleiben, solange ich lebe", schreibt Hoeneß in seiner Erklärung, gewiss, ein wenig pathetisch klingt das, aber ohne sein Pathos und seine Leidenschaft hätte es diesen Club so nie gegeben. Verbunden bleiben - sicher nicht mehr als Chef des Aufsichtsrats oder Präsident. Trotzdem wird sich ein Platz finden. A bisserl was geht immer, wie man in München sagt.