Badstuber erneut verletzt Mehr Pech geht nicht

Bayern-Verteidiger Badstuber: Und wieder hat er Trost nötig
Foto: Jonas Güttler/ dpaEs wäre nachvollziehbar, wenn Selbstzweifel aufsteigen würden in Holger Badstuber. Diesmal war es eine gewöhnliche Grätsche im Abschlusstraining vor dem Bundesligaspiel beim FC Augsburg. Eine, wie man sie in jedem Training im Dutzend abliefert. "Ohne Fremdeinwirkung", das haben sie beim FC Bayern sofort mit in die Pressemitteilung geschrieben, habe sich der Innenverteidiger dabei eine Sprunggelenksfraktur zugezogen. Jetzt geht es wieder von vorne los: Operation, Krankenhaus, und dann Reha, Reha, Reha, schon wieder. Nagen die Selbstzweifel bereits?
Nur wenige Stunden nach seiner eilig durchgeführten Operation, beantwortete Badstuber diese Frage selbst. Kurz nach 22 Uhr am Samstagabend war ein Eintrag auf seiner Facebook-Seite zu lesen: "Einmal ein Kämpfer, immer ein Kämpfer. Think positive. Jetzt erst recht!"
Er will es also erneut versuchen, sich wieder herankämpfen, zum wievielten Male eigentlich? Bis Mitternacht hatten über 55.000 Menschen auf "Gefällt mir" geklickt. Tausende Mitleidsbekundungen und Genesungswünsche jenseits von Vereinszugehörigkeiten waren zu lesen. Badstuber sei "ein großes Vorbild", schrieb jemand, "so oft hingefallen und immer wieder aufgestanden."
Zum fünften Mal schwer verletzt
Für den gebürtigen Allgäuer ist es die fünfte schwere Verletzung in etwas mehr als drei Jahren: zwei Kreuzbandrisse, ein Muskelriss, ein Sehnenriss, nun das gebrochene Sprunggelenk. Mit jedem Mal wächst auch die Sorge, dass einer der besten Verteidiger des Landes das sogenannte beste Fußballeralter fast komplett in Reha-Zentren verbringt. Badstuber wird in einem Monat 27.
In der Saison 2009/2010 wurde er zum zuverlässigen Stammspieler in München - ein 20-jähriger Verteidiger mit 49 Einsätzen, der danach auch noch eine gute WM spielte. 2012 begann die Leidenszeit. Dann war er eben nicht dabei, als die Bayern im Halbfinale der Champions League gegen Real Madrid (2014) und gegen den FC Barcelona (2015) verloren. Er war auch in Brasilien nicht dabei, als Deutschland Weltmeister wurde. Die Höhen und Tiefen einer epischen Profikarriere hat er noch gar nicht miterlebt. Jetzt könnte er auch noch die EM 2016 verpassen.

Bei seiner vorletzten Rückkehr vor gut einem Jahr kam Badstuber zwei Monate zum Einsatz. Diesmal kam er gerade einmal auf neun Spiele. Das Comeback verlief holprig. In Champions-League-Heimspiel gegen Olympiakos Piräus Ende November kassierte er eine Rote Karte wegen Notbremse, Mitte Dezember gegen den FC Ingolstadt zog er sich eine Platzwunde zu und musste neben dem Platz getackert werden. Das Timing hatte noch nicht in allen Situationen gepasst.
Guardiola hat jetzt noch mehr Probleme
Doch schnell war es schon wieder selbstverständlich, dass er auf dem Platz stand - ein Indiz für seine Qualität. Es ist im Grunde unerhört, dass jemand mit so wenig Spielpraxis so schnell Anschluss finden kann in einem Kader wie jenem des FC Bayern. Er wurde mit jedem Spiel besser. Im Januar war er auch wieder ein guter Spieleröffner, mit zentimetergenauen Diagonalbällen auf Arjen Robben oder präzisen Flachpässen in die Schnittstellen des Gegners.
Gerade deshalb hat Josep Guardiola nun ein großes Problem. Bisher konnte er die vielen Verletzungen mit Umstellungen kaschieren. Weil viele Spieler auf mehreren Positionen einsetzbar sind, konnte er seine Gegner damit manchmal sogar überraschen. Doch für das Bayern-Derby gegen den Angstgegner - und vielleicht auch für das Champions-League-Achtelfinale bei Juventus Turin in neun Tagen - muss der Spanier wahrlich improvisieren, weil er keinen einzigen Innenverteidiger zur Verfügung hat, der gesund und zugleich eingespielt ist. Jérôme Boateng und Javi Martinez sind schwerer verletzt, in Medhi Benatia hat Guardiola kein großes Vertrauen mehr. Obendrein fehlt Xabi Alonso aktuell Gelb-Rot gesperrt.
Der extra für diesen worst case ausgeliehene Serdar Tasci kennt die Mannschaft kaum, zumal er sich im ersten Training in München eine Gehirnerschütterung zuzog. Der 21-jährige Joshua Kimmich könnte weiter in der Viererkette spielen, übrigens auch dank Badstuber. "Er ist ein strenger Lehrer für mich. Ein Winner-Typ, der einem auch Kommandos gibt, der auch mal negative Sachen anspricht, nur so kann man sich verbessern", hatte Kimmich nach seinem Innenverteidiger-Debüt beim 2:0 gegen 1899 Hoffenheim gesagt.
Die Reaktionen im Netz zeigen, dass es bei Badstuber um mehr geht als Fußball. Sein Pech wird, im Gegensatz zu den anderen Verletzungssorgen im Verein, viel stärker als persönliches Schicksal wahrgenommen. Wenn seine Verletzungsserie irgendetwas Positives mit sich bringt, dann ist es die Tatsache, dass er mit seinen vielen Comebacks anderen Menschen Hoffnung gibt. "Wenn ich aus dieser Zeit raus bin, dann bin ich mental stärker als andere." Das hatte Badstuber im Trainingslager 2013 gesagt. Es gibt im Februar 2016 keinen Grund daran für Zweifel, dass er das immer noch so sieht.
