Langjähriger DFB-Trainer Hrubesch schimpft über Nachwuchsausbildung im Fußball

Nach vielen Jahren als Trainer zahlreicher DFB-Auswahlmannschaften blickt Horst Hrubesch kritisch auf die Ausbildung junger Talente. Zudem stört ihn die Unterscheidung zwischen Männer- und Frauenfußball.
Horst Hrubesch

Horst Hrubesch

Foto: Friso Gentsch / DPA

Der ehemalige Trainer des Deutschen Fußball-Bunds (DFB), Horst Hrubesch, hat Kritik an den Umständen geübt, unter denen junge Fußballspieler in Deutschland an den Profibereich herangeführt werden. "Ich sehe ein Problem, dass heute schon 14 Jahre alte Jungs einen Berater haben", sagte der 67-Jährige in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeine Zeitung". "Umso mehr müssen die Vereine Wert drauf legen, dass die Spieler zu normalen Menschen erzogen werden, dass sie selbstständig sind, eigenverantwortlich handeln und nicht fremdbestimmt durch den Berater."

Besonders kritisch sieht er die Situation in Nachwuchsleistungszentren, wo Vereine den Spielern "alles abnehmen". Hrubesch, der seit 1996 alle DFB-Jugendnationalmannschaften ab der U16 aufwärts betreut hat, sagte weiter: "Ich finde auch bedenklich, dass die Jungs zu sehr belastet werden: Die fahren am Wochenende Hunderte Kilometer im Bus zu Auswärtsspielen und bei den großen Klubs noch unter der Woche irgendwo in Europa. Wo bleibt da die normale Entwicklung samt Schule?"

Die Diskussion, ob dem heutigen Fußball die Typen fehlen, sieht er kritisch. Um einen streitbaren Charakter auszubilden, "bleibt keine Zeit". Dabei räumt er ein, ein Führungsspieler "muss nicht immer ein Effenberg sein". Am Ende zählt für Hrubesch das Gesamtgefüge, wie er sagt: "Ich messe Typen daran, wie eine Mannschaft funktioniert."

"Es gibt nur Fußball"

Vergleichbare Probleme hätte er als Interimstrainer in seiner Zeit als Trainer der Frauen-Nationalmannschaft nicht gehabt. "Die Mädels geben immer hundert Prozent, was sicher bei Jungs nicht immer der Fall ist. Und sie benehmen sich tadellos", sagt Hrubesch über die unterschiedlichen Erfahrungen, die er als Trainer sammelte: "Die machen das fast alle neben Job und Studium. Bei den Männern frage ich mich tatsächlich: Wie soll das weitergehen?"

Die Verantwortung für die DFB-Frauen hatte Hrubesch im September an Martina Voss-Tecklenburg übergeben, die mit dem Team bei der Weltmeisterschaft im Juni 2019 in Frankreich antreten wird. Gefragt, ob sich Hrubesch bei einer möglichen Rückkehr als Trainer eher die Arbeit im Männer- oder Frauenfußball vorstellen könne, sagte er: "Es gibt nur Fußball."

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