Hoyzer-Verfahren Bundesanwaltschaft fordert Freisprüche
Leipzig - Oberstaatsanwalt Hartmut Schneider beantragte heute vor dem in Leipzig ansässigen 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH), das Urteil des Landgerichts Berlin vom 17. November 2005 aufzuheben. Es sei von "bemerkenswerter Oberflächlichkeit", kritisierte Schneider. Der BGH gab am Nachmittag bekannt, dass ein neues Urteil erst am 15. Dezember gefällt wird.
Die Berliner Richter hatten den früheren Fußball-Schiedsrichter Hoyzer wegen Beihilfe zum Betrug zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und fünf Monaten verurteilt. Der Hauptangeklagte Ante Sapina hatte als Drahtzieher wegen Wettbetrugs durch manipulierte Fußballspiele in elf Fällen eine Gesamtstrafe von zwei Jahren und elf Monaten erhalten.
Nach Schneiders Ansicht bietet das Strafgesetzbuch bislang keine Möglichkeit, die Manipulationen als Betrug zu ahnden. "Das ist eine Gaunerei. Aber strafrechtlich kommt man da nicht dran", sagte der Anwalt. Folgerichtig seien auch alle anderen Beschuldigten wie der Ex-Schiedsrichter Dominik Marks und Ex-Fußball-Profi Steffen Karl nicht der Beihilfe schuldig. Als Begründung nannte der Oberstaatsanwalt eine Entscheidung des 5. Strafsenats des BGH von 1961. Damals war ein Mann freigesprochen worden, der durch schnelles Telefonieren Pferderennergebnisse vor dem Wettbüro herausbekommen und sofort gesetzt hatte.
Schneider verwies in seinem Antrag auf die allgemeinen Geschäftsbedingungen für die Oddset-Wetten - in denen zu Zeiten der Betrügereien durch Hoyzer kein ausreichender Schutz vor Manipulationen enthalten war. "Ein Selbstschutz wäre mit einer anderen Formulierung durchaus möglich", sagte der Jurist. Es sei gut, dass das Unternehmen nach Bekanntwerden des Wettskandals bereits die Formulierung geändert habe. Weitere Zusätze sind nach Ansicht Schneiders nötig, wenn sich das Unternehmen schützen will. Oddset wollte auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE nicht Stellung zum laufenden Verfahren nehmen.
Ante Sapina, der als Drahtzieher im größten Skandal des deutschen Fußballs gilt, hatte nach Ansicht des Landgerichts Berlin Hoyzer und dessen damaligen Schiedsrichterkollegen Dominik Marks für Spielmanipulationen bezahlt. Marks war wie der ehemalige Fußballprofi Steffen Karl und zwei Brüder Sapinas im November vergangenen Jahres wegen Beihilfe zum Betrug zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden. Gegen Karl war die Entscheidung in einem abgetrennten Verfahren ergangen.
all/ach/dpa/AP/sid