Interview mit Klaus Toppmöller "Alle Spieler haben geweint"

Für Leverkusen gab es kein Happy End. Borussia Dortmund entschied das Meisterrennen für sich. Bayer-Trainer Klaus Toppmöller zog dennoch ein positives Saisonfazit. Er sei stolz auf die Leistung seiner Mannschaft.

Mit 2:1 gegen Hertha BSC gewonnen, aber nach dem 2:1 von Borussia Dortmund gegen Werder Bremen ist Bayer Leverkusen zum vierten Mal in den letzten sechs Jahren Vizemeister. Wie ist Ihre Gemütslage?

Klaus Toppmöller: Alle Spieler haben in der Kabine geweint, einige wie die Schlosshunde. Schade, dass die Jungs es nicht gepackt haben, sie haben eine tolle Saison gespielt, wurden aber nicht für ihren tollen Fußball belohnt.

Manager Reiner Calmund muss weiter auf die Erfüllung seines Lebenswerkes warten.

Toppmöller: Er tut mir besonders Leid. Calli ist seit 26 Jahren mit Herz und Seele dabei, ich hätte ihm, dem Verein, den Fans, dem Umfeld den Titel gegönnt.

Aber Bayer spielte die bislang beste Saison aller Zeiten, war Herbst- und Wintermeister, stand 16-mal an der Tabellenspitze der Bundesliga, schoss mit 77 Toren die meisten Treffer. Sind Sie nicht stolz auf ihre Mannschaft?

Toppmöller: Ich bin mächtig stolz auf die Mannschaft. Sie spielte Fußball mit Herzblut, hat vom ersten bis letzten Spieltag voll mitgezogen, jeder Arbeitstag mit ihr war hart und schön. Der zweite Platz ist ein großartiger Erfolg. Aber hier sind ja nur Titel und Orden etwas wert. Aber Fakt ist: Borussia Dortmund ist verdient Meister geworden, ich gratuliere neidlos und voller Anerkennung.

Was sind die Gründe, dass Bayer wieder die Meisterschaft verpasst hat?

Toppmöller: Sicherlich an der hohen Belastung in drei Wettbewerben Bundesliga, Champions League und DFB-Pokal. Wir haben eben nicht die Qualität und Klasse der Aufgebote von Borussia Dortmund und Bayern München. Wir haben nur 14, 15 Spieler, dahinter nur Nachwuchsleute. Das ist eben unsere Philosophie. Dennoch haben wir uns bis ins Finale der Champions League gegen Real Madrid vorgearbeitet und stehen auch im DFB-Pokalendspiel gegen Schalke 04.

Was erwarten Sie von den Endspielen?

Toppmöller: Ich hoffe natürlich auf Erfolge. In beiden Endspielen ist alles offen. Natürlich ist Real Madrid mit seinen überragenden Einzelspielern klarer Favorit. Aber in einem Finale ist alles möglich. Ich kann versprechen: Wir werden in Glasgow noch einmal alles geben und den deutschen Fußball gut vertreten. In einem Finale ist alles möglich - auch gegen Real. Ich hoffe auf beide Pokale, aber wir werden mit Sicherheit einen Titel holen.

Bayer 2002 hat wie noch nie Imagepflege betrieben und für Fußball-Deutschland in der Champions League Sympathien erworben. Was erwarten Sie von der neuen Saison?

Toppmöller: In dieser Saison haben wir selbst die Messlatte sehr hoch gelegt. Wir standen auf keiner Rechnung, keiner hat mit uns als Meister gerechnet. Dennoch haben wir drei Endspiele erreicht, das sagt alles über diese Mannschaft. In der nächsten Spielzeit steht uns Michael Ballack nicht mehr zur Verfügung, er wechselt bekanntlich zu den Bayern. Ulf Kirsten wird nur noch als Stand-by-Profi dabei sein. Was Ze Roberto macht, steht in den Sternen, ich hoffe, Ze bleibt bei uns. Es wird sehr schwer, so eine Saison zu wiederholen. Aber wir werden uns wieder hundertprozentig reinhängen und wollen oben mitmischen.

Aufgezeichnet von Joachim Neußer, sid

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