Interview mit Klaus Toppmöller "Wir hauen uns die Dinger selber rein"
1:0 zur Halbzeit gegen den großen FC Barcelona geführt, dann noch 1:2 verloren - was war ausschlaggebend für die Niederlage zum Auftakt in der Zwischenrunde der Champions League?
Klaus Toppmöller: Die schwache Leistung nach der Pause ist mir unerklärlich. Ich denke aber, dass der Fehler vor dem 1:1 den Ausschlag gegeben hat. So ein Bock passiert Diego Placente alle zehn Jahre einmal. Das war ein Hammer für die Mannschaft.
Die Mannschaft hat in den ersten 45 Minuten alles investiert, steht aber mit leeren Händen da.
Toppmöller: Wir bestrafen uns immer selbst, hauen uns die Dinger selber rein, das ist ärgerlich. Die Spieler des FC Barcelona sind zwar raffiniert, aber wenn die zu packen waren, dann waren sie es heute. Aber wir machen immer so dumme Fehler, die werden international gnadenlos bestraft.
Aber Bayer scheint nicht mehr die Klasse aus der vergangenen Saison zu haben, als man in Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League jeweils Zweiter wurde, oder?
Toppmöller: Wir haben die Klasse aus der letzten Saison nicht mehr, da haben wir über unsere Verhältnisse gespielt. Jedem Spieler fehlen 10 bis 15 Prozent zur Bestform. Man darf aber nicht vergessen, dass Michael Ballack und Zé Roberto nicht mehr bei uns spielen, Kapitän Jens Nowotny monatelang ausfällt, und Ulf Kirsten nur noch Stand-By-Mann ist. Diese Ausfälle kann man so schnell nicht kompensieren.
Die Sturmflaute bei Bayer ist offensichtlich, obwohl in Franca, Simak, Berbatow, Neuville und Brdaric und in der Hinterhand Kirsten sechs Stürmer im Kader stehen. Warum haben Sie ein Sturmproblem?
Toppmöller: Unsere Stürmer bringen mich zur Verzweiflung, sie verlieren zu viele Bälle, sie können sie nicht verteidigen und nutzen die Chancen nicht konsequent. Ich werde mit Reiner Calmund darüber reden, um noch einen Stürmer zu holen. Aber Klassestürmer sind nicht zu haben, kein Verein der Welt erteilt einem Torjäger eine Freigabe aus seinem Vertrag.
Bis zur Winterpause stehen noch fünf Pflichtspiele auf dem Programm. Ihre Mannschaft droht schon frühzeitig in dieser Saison alles zu verspielen.
Toppmöller: Ich sehne mich wie noch nie als Trainer in 15 Jahren nach der Winterpause. Bis dahin müssen wir uns in Bundesliga, DFB-Pokal und Champions League alle Optionen offen halten. Danach wollen wir mit einem gesunden Jens Nowotny, einem kompletten Kader und einer optimalen Vorbereitung noch einmal voll angreifen.
Bayer verlor gegen Barcelona, Inter siegte bei Newcastle mit 4:1. Sehen Sie in der schweren Gruppe noch eine Chance auf den Einzug ins Viertelfinale?
Toppmöller: Dass wir eine schwere Gruppe erwischt haben, wussten wir vorher. Wir werden alles geben, kämpfen und fighten, um noch weiter zu kommen. Noch ist nichts verloren. Im letztjährigen Wettbewerb haben wir auch das erste Zwischenrundenspiel bei Juventus Turin mit 0:4 verloren und sind dann ins Finale vorgestoßen.
Am Samstag steht das schwere Heimspiel gegen den Hamburger SV auf dem Programm. Da ist ein Sieg Pflicht.
Toppmöller: Ich hoffe, unsere dominante erste Halbzeit gibt uns Moral für die kommenden Spiele. Das ist unbedingt notwendig, wenn man sich die Bundesliga-Tabellen anschaut.
Aufgezeichnet von Joachim Neußer, sid