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Juan Bernat: Auf der Schnellspur

Foto: Sven Hoppe/ dpa

Juan Bernat Guardiolas Mann für Spanien

Juan Bernat macht gegen Deutschland sein zweites Länderspiel. Er kam in einer komplizierten Zeit ins spanische Nationalteam. Doch ihm könnte die Zukunft gehören - auch mithilfe seines Münchner Trainers.
Von Sara Peschke und Isaac Lluch

Es sah, das muss man zugeben, etwas merkwürdig aus. Philipp Lahm, Thomas Müller und Bastian Schweinsteiger kennt man in Lederhosen und mit Filzhut, die Medienabteilung des FC Bayern verwendet jeden Herbst viel Energie darauf, um diese Bilder ins kollektive Gedächtnis zu brennen. Doch beim diesjährigen Oktoberfestbesuch der Mannschaft stakste ein junger Fußballer über die Wiesn, der ziemlich verloren daherkam in seinen Loden, und der - ja mei! - noch nicht einmal Bier trinken wollte: Juan Bernat, 21, Spanier.

Er habe mit Wasser angestoßen, gab der Münchner Neuling zu, und sagte damit mehr über sich, als er vielleicht wollte. Seit Juli spielt Bernat beim FC Bayern; der bezahlte für den U-19-Europameister von 2012 angeblich zehn Millionen Euro. Viel Geld für jemanden, den hierzulande kaum jemand kannte und der die vergangene Saison mit dem FC Valencia auf dem achten Platz abschloss. Der aber plötzlich zur spanischen A-Nationalmannschaft gehört und zum Stammaufgebot des deutschen Rekordmeisters.

Bernat merkt, dass gerade alles ziemlich schnell geht, es ist ihm vielleicht ein bisschen unheimlich. Vernünftig ist, wer da Wasser trinkt statt Bier, erst recht, wenn er schüchtern ist und noch nicht genau weiß, wie man sich in bayerischer Tracht über die Theresienwiese bewegt. Auf dem Fußballplatz bewegt er sich allerdings schon ziemlich gut, besser, als viele erwartet hatten. Auch deshalb darf Bernat in Vigo (20.45 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE) mit Spanien gegen den Weltmeister Deutschland antreten.

Ausbildung zum Außenstürmer

Nationaltrainer Vicente del Bosque hatte ihn am 12. Oktober in der EM-Qualifikation gegen Luxemburg erstmals berufen. Es war ein rauschendes Debüt, Spanien gewann 4:0, Bernat steuerte in der 88. Minute sogar einen Treffer bei. Dabei ist er Verteidiger. Es fehle ihm, Tore zu schießen, gibt Bernat zu, denn das Fußballspielen lernte er eigentlich auf dem Flügel. In den Nachwuchsteams des FC Valencia, die er seit seinem sechsten Lebensjahr durchlief, wurde er zum Außenstürmer ausgebildet.

Dass Bernat nun als Außenverteidiger zum FC Bayern und ins spanische Nationalteam kam, ist die Schuld von Julen Lopetegi. Als sich Barcelonas Alejandro Grimaldo verletzt hatte, besetzte der Trainer der U20 seine Position mit Bernat. Und der schien nie etwas anderes gemacht zu haben, also probierten Miroslav Djikic und Juan Antonio Pizzi, seine Trainer in Valencia, das Gleiche aus. Bernat sagt, der Positionswechsel habe ihn überrascht, denn eigentlich fühle er sich mehr als offensiver Fußballer. Er fürchtete, dass er das enorme Laufpensum an der Außenlinie nicht schaffen würde.

Tatsächlich ist Bernat für einen Außenverteidiger nicht übermäßig flink, doch er ist robust und zweikampfstark. "Ich gehe hart zur Sache, so ist meine Spielweise", sagte er der "Sport Bild". Hinzu kommen eine hervorragende Ballbeherrschung und - das schätzt vor allem sein Münchner Coach Josep Guardiola - Vielseitigkeit. Michael Reschke, Bayerns neuer technischer Direktor, soll Bernat schon länger auf seiner Wunschliste gehabt haben, noch als er für Leverkusen arbeitete. Bayer konnte sich das spanische Talent aber nicht leisten. Auch Domenech Torrent, Guardiolas Co-Trainer, beobachtete Bernat schon länger.

In München hatte Reschke sowohl das nötige Geld zur Verfügung als auch einen Trainer, dem der Spieler Bernat auf Anhieb gut gefiel. Guardiola habe ihn persönlich angerufen, um ihn von einem Wechsel zu überzeugen, sagt Bernat. "Peps Stil passt mir sehr gut. Mit der Dreierkette kann ich viel nach vorne gehen, wie ich es mag."

Bernat verleiht Alaba Freiheit

Bernat ist unter Guardiola wegen seiner Flexibilität zu einem wichtigen Spieler geworden, unter Ballbesitz löst er sich oft aus der Abwehrreihe und hilft dabei, den Ball über die Außenbahnen nach vorne zu tragen. Entscheidender aber ist seine Rolle im Zusammenspiel mit David Alaba: Bernat soll für den Österreicher nicht Ersatz oder Konkurrent sein, der Verein habe ihn auch geholt "wegen der Option, David dadurch für andere Positionen freizubekommen".

Der Plan ist aufgegangen, das konnte man in den vergangenen Wochen gut beobachten, bevor Alaba sich am Knie verletzte. Weil Bernat ihm den Rücken freihielt, konnte Alaba in der Offensive neue Wege gehen. Bernat war eines der wichtigen Puzzleteile in Guardiolas System, er versteht, was sein katalanischer Trainer von ihm möchte, und kann es schnell umsetzen. Er sei ein großer Pep-Fan, sagt Bernat, und schätze dessen Philosophie sehr, "ich werde noch viel von ihm lernen". Guardiola nennt Bernat "Joan", so heißt er auf Katalanisch, er weiß, dass er dem zurückhaltenden jungen Spieler so ein Gefühl von Heimat geben kann in der bayerischen Fremde.

Bernat sagt, es helfe ihm, dass in München viele Spieler und Betreuer Spanisch sprechen, nur deshalb habe er sich so schnell anpassen können. In Vigo ist er allerdings der einzige spanische Nationalspieler der Bayern, Thiago und Javier Martínez sind verletzt, Xabi Alonso ist zurückgetreten.

Bernat ist in einer komplizierten Zeit in die Selección gekommen, einer Art Zwischenzeit. Nach dem schmerzhaften WM-Vorrundenaus soll ein Neuaufbau stattfinden, doch damit tut sich del Bosque bislang schwer. Der Trainer hat noch kein richtiges Konzept gefunden, um das Alte und Neue zu verbinden.

Klar ist: Bernat soll gemeinsam mit jungen Spielern wie Thiago, Isco oder Koke dafür sorgen, dass Spanien wieder zu seiner Stärke zurückfindet. Vielleicht ist del Bosque dafür als Trainer auch gar nicht entscheidend. Denn auf dem Höhepunkt war die spanische Nationalmannschaft, als sie zum Großteil aus Spielern des FC Barcelona bestand und auch so spielte wie die Katalanen. Der Trainer beim Spitzenklub damals: Josep Guardiola.

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