


Die nervigste Transfer-Geschichte des Sommers hat das erwartete Ende genommen, Kevin De Bruyne wechselt für 75 Millionen Euro vom VfL Wolfsburg zu Manchester City. Die Premier League, das Geld, der so viel attraktiver wirkende Standort - De Bruyne hat wohlklingende Argumente für seinen Umzug nach England. Trotzdem hätte er in Wolfsburg bleiben sollen, zumindest noch für eine Saison.
Das wäre gut für die Bundesliga gewesen. Vor allem dank De Bruyne erwuchsen die Wolfsburger in der abgelaufenen Spielzeit zum ärgsten Konkurrenten des FC Bayern. Ohne den 24 Jahre alten Belgier wird der VfL nicht im Stande sein, den Rekordmeister aus München zu nerven. De Bruynes Weggang raubt der Fußball-Republik die Hoffnung auf ein halbwegs spannendes Rennen um die Meisterschaft. Sein Abschied zeigt auch, dass es außer dem FC Bayern keinen Klub gibt, der seine besten Spieler trotz verlockender Angebote aus dem Ausland halten kann. Nicht einmal die reichen Wolfsburger. De Bruynes Wechsel betoniert die Alleinherrschaft der Münchner.
Ein Verbleib in Wolfsburg wäre auch das Beste für den Spieler selbst gewesen. Beim VfL hatte De Bruyne beste Bedingungen, um seine Brillanz aus der Vorsaison in Konstanz zu verwandeln. Das Spiel der Mannschaft war auf ihn zugeschnitten, bei Trainer Dieter Hecking genoss er künstlerische Freiheit, das Publikum lag ihm zu Füßen. Wichtige Kriterien für einen Spieler wie De Bruyne, der schüchtern ist und die Zuneigung seines Umfelds braucht. Und verarmt wäre De Bruyne auch in Wolfsburg nicht - die Verantwortlichen waren bereit, sein Gehalt deutlich zu heben.
In Wolfsburg hätte er auch seinen Ruf korrigieren können, seine Klasse nie von einer in die darauffolgende Saison zu retten. Die Bayern zu jagen und sich als Herzstück der VfL-Mannschaft in der Champions League zu beweisen, wären gute Aussichten gewesen für De Bruyne. Er hätte in der neuen Saison in Wolfsburg den entscheidenden Schritt zur Reife machen und im Sommer auf der Höhe seine Schaffenskraft mit Belgien zur Europameisterschaft nach Frankreich fahren können. Danach wäre ein Wechsel immer noch möglich gewesen - und zwar zu einer Mannschaft, die in der Champions League um den Titel mitspielt.
Manchester City war davon weit entfernt in den vergangenen Jahren. Bei seinem neuen Arbeitgeber findet De Bruyne unsichere Verhältnisse vor: Die Garantie auf einen Stammplatz hat er nicht, die Konkurrenz im Mittelfeld ist groß mit Spielern wie David Silva, Raheem Sterling und Jesús Navas. Nach drei Siegen in den ersten drei Saisonspielen, darunter einem 3:0 gegen den FC Chelsea, hat City-Trainer Manuel Pellegrini keinen Zwang, seine Mannschaft um- und De Bruyne einzubauen.
Und dann ist da immer noch der Chelsea-Makel. Bei seinem ersten Aufenthalt in England setzte sich De Bruyne in einem ähnlich luxuriös ausgestatteten Ensemble nicht durch. Natürlich ist der Belgier heute erfahrener und besser. Aber auch Druck und Erwartungen sind nun deutlich höher: Nur für eine Handvoll Spieler wurde weltweit je mehr Geld bezahlt.
Im Video: Die Chronologie des Wechsels
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Kevin De Bruyne - die Nummer eins der Top-Transfers des Sommers. Nach langem Ringen und vielen Spekulationen ist sein Wechsel vom VfL Wolfsburg zu Manchester City perfekt.
Seine Karriere begann in Belgien. De Bruyne spielte beim KRC Genk, wurde 2009 belgischer Pokalsieger und 2011 belgischer Meister. Der FC Chelsea wurde auf den Mittelfeldspieler aufmerksam, verpflichtete ihn im Januar 2012 für acht Millionen Euro, ließ ihn aber weiter in Belgien spielen.
Im Juli 2012 holte der FC Chelsea den Belgier nach England, verlieh ihn aber gleich wieder: Für eine Leihgebühr von 450.000 Euro kam De Bruyne zu Werder Bremen. Sein Debüt in der Bundesliga feierte er am 24. August 2012 gegen Borussia Dortmund. Für die Bremer absolvierte De Bruyne 33 Partien und schoss zehn Tore.
Nach einer Saison bei Werder Bremen meldeten sich Interessenten auf Dortmund und Leverkusen, doch das Ausleihen hatte ein Ende. Der FC Chelsea holte De Bruyne zurück und er lief erstmals für den Klub auf. Am 18. August 2013 gab der Belgier sein Premier-League-Debüt.
Doch De Bruyne war unzufrieden beim FC Chelsea, er hatte nicht genügend Einsatzzeiten und wollte wechseln. Den Zuschlag erhielt der VfL Wolfsburg, der 25 Millionen Euro Ablöse an Chelsea zahlte. Im Januar 2014 präsentierten Trainer Dieter Hecking (l.) und Sportmanager Klaus Allofs den Zugang in der Volkswagen-Arena.
Auch in der belgischen Nationalmannschaft fand De Bruyne seinen Platz. Sein Debüt hatte er im Sommer 2010 in Turku bei einer Niederlage gegen Finnland gegeben. Während der Qualifikation für die WM 2014 absolvierte De Bruyne zehn Spiele und traf viermal für die Nationalmannschaft. Bei der WM in Brasilien posiert das Nationalteam mit Belgiens König Philippe.
Im Viertelfinale war für Belgiens Nationalmannschaft in Brasilien Schluss, doch vorher durfte De Bruyne noch jubeln: Im Achtelfinale gegen die USA bereitete er einen Treffer vor und traf selbst in der Nachspielzeit zum Sieg.
In der vergangenen Saison ging es dann für den VfL Wolfsburg weit nach vorn. In der Bundesliga waren die Wolfsburger erster Bayern-Verfolger und schlossen die Spielzeit 2014/2015 als Vizemeister ab. Außerdem gewann die Mannschaft um De Bryune den DFB-Pokal und siegte im Supercup gegen Bayern München.
Der Wolfsburger Erfolg hing vor allem auch an De Bruyne: Er bestritt in der abgelaufenen Saison 34 Ligaspiele, schoss zehn Tore und stellte mit 20 Torvorbereitungen den Bundesliga-Rekord ein.
Top-Scorer De Bruyne wurde zu Deutschlands Fußballer des Jahres gekürt und, fast noch wichtiger, zu Niedersachsens Fußballer des Jahres 2015.
Zu Saisonbeginn wurden die Wechselspekulationen immer wilder und schienen auch bei De Bruyne Spuren zu hinterlassen. Zwischenzeitlich hieß es, der FC Bayern habe Interesse angemeldet, Paris St. Germain sollte um den Spieler buhlen und Manchester City hatte ohnehin schon erste Gebote für den Belgier abgegeben. Wolfsburg versuchte De Bryune zu halten, doch Manchester City hat den Transfer-Poker schließlich gewonnen.
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