

Hamburg - Eines der kuriosesten Tore der Bundesliga-Geschichte geht ganz gewöhnlich in die Wertung ein: Zehn Tage nach dem Phantomtor von Sinsheim hat das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) am Montag sein Urteil gesprochen. Ein Wiederholungsspiel wird es nicht geben. Es habe keinen Regelverstoß durch Schiedsrichter Felix Brych gegeben, begründete das Gericht seine Entscheidung.
"Die Entscheidung mag unter sportlichen Gesichtspunkten unbefriedigend sein, entspricht aber der Regel- und Gesetzeslage. Ein Ausnahmefall im Sinne einer Unerträglichkeit der Tatsachenentscheidung lag nicht vor", sagte der Vorsitzende Richter Hans E. Lorenz. Hoffenheims Trainer Markus Gisdol hatte bereits vor der Verkündung mitgeteilt, das Urteil akzeptieren zu wollen, egal wie es ausfalle. Manager Alexander Rosen sagte nun: "Wir prüfen noch, ob wir Einspruch einlegen."
Leverkusens Stürmer Stefan Kießling hatte am neunten Spieltag beim 2:1-Auswärtssieg gegen 1899 Hoffenheim in der 70. Minute per Kopf nur das Außennetz getroffen. Durch ein Loch fiel der Ball hinter die Linie, Schiedsrichter Brych und seine Assistenten erkannten auf Tor. Anschließend hatte Hoffenheim Einspruch beim DFB eingelegt.
Gericht beruft sich auf Tatsachenentscheidung
Mit der Entscheidung gegen eine Wiederholung folgt der DFB dem Weltverband Fifa, seit jeher Verfechter der Tatsachenentscheidung. Im offiziellen Regelwerk des Verbands heißt es unter Punkt fünf: "Die Entscheidungen des Schiedsrichters zu spielrelevanten Tatsachen sind endgültig. Dazu gehören auch das Ergebnis des Spiels sowie die Entscheidung auf 'Tor' oder 'kein Tor'."
Richter Lorenz hatte zum Auftakt der Verhandlung die Unabhängigkeit des Gremiums betont. "Das DFB-Sportgericht ist ein unabhängiges. Wir machen hier keine Entscheidungen, damit sie dem DFB, der DFL oder der Fifa gefallen", sagte Lorenz.
Nach rund 90-minütiger Verhandlung und anschließender Beratung in berief sich das Sportgericht auf eine Tatsachenentscheidung durch Brych. "Ich habe gedacht, der Ball geht am Tor vorbei. Ich habe den Ball aus den Augen verloren durch eine Sichtbehinderung", erklärte der als Zeuge geladene Unparteiische. "Danach habe ich gesehen: Der Ball lag im Tor."
Kießling selbst dachte bei seinem Phantomtor im ersten Moment, Hoffenheims Torwart Koen Casteels hätte den Ball noch ins Netz gelenkt. "Ich sehe den Ball Richtung Außennetz fliegen, die Sicht war versperrt, ich sehe den Einschlag nicht, aber dass der Ball dann im Tor war", sagte Kießling am Montag. Leverkusens Sportdirektor Rudi Völler hatte erneut dafür plädiert, die letzten 22 Minuten noch einmal zu spielen.
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Flickwerk in der Rhein-Neckar-Arena: Nach dem Phantomtor von Stefan Kießling war das Tornetz repariert worden. Doch da war es bereits zu spät, die Bundesliga war um eine kuriose Geschichte reicher.
Es lief die 70. Minute des Bundesliga-Spiels zwischen 1899 Hoffenheim und Bayer Leverkusen. Bayer-Stürmer Stefan Kießling köpfte links am linken Pfosten vorbei, durch ein Loch im Außennetz flog der Ball dennoch ins Tor.
Die Reaktion des Torjägers sprach Bände: Kießling selbst reagierte gefrustet über die vertane Chance, schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Doch Schiedsrichter Felix Brych entschied nach Rücksprache mit seinem Assistenten auf regulären Treffer.
Bayer jubelte über den Treffer zum 2:0, doch so ganz schien Kießling noch nicht überzeugt von dem Tor. Der Stürmer sagte bei der Verhandlung vor dem DFB-Sportgericht aus, er sei selbst überrascht gewesen und habe nicht gewusst, wie der Ball doch noch ins Tor gegangen sei: "Ich habe den Ball Richtung Außennetz fliegen sehen, aber den Einschlag habe ich nicht gesehen."
Direkt nach dem Spielende der Partie bei Hoffenheim, die Leverkusen letztlich 2:1 gewann, suchte Bayer-Sportdirektor Rudi Völler das Gespräch mit dem Phantomtorschützen. Gemeinsam saßen beide am Montag vor dem DFB-Sportgericht.
Kießling hatte stets beteuert, dass er Brych auf den Fehler hingewiesen hätte - wenn er ihn denn erkannt hätte: "Wenn es so gewesen wäre, wäre ich der Letzte gewesen, der nicht gesagt hätte, dass der Ball durch so ein doofes Loch geflogen ist."
Zwischen den Vereinen schien beim Gerichtstermin gute Stimmung zu herrschen. Sowohl Hoffenheim-Manager Alexander Rosen (Mitte) als auch Völler (2.v.r.) gingen entspannt in den Termin.
Schiedsrichter Brych schilderte erneut, wie er die Situation am Spieltag erlebt hatte: "Ich habe gedacht, der Ball geht am Tor vorbei. Ich habe den Ball aus den Augen verloren durch eine Sichtbehinderung. Danach habe ich gesehen: Der Ball lag im Tor." Von Linienrichter Stefan Lupp habe es ein zustimmenden Kopfnicken gegeben. Mit dem anderen Assistenten Mark Borsch habe er via Headset gesprochen.
Der Sportgerichts-Vorsitzende Hans E. Lorenz leitete die Anhörung - und sorgte mit Sprüchen für lockere Stimmung: "Herr Kießling, jetzt haben Sie ja endlich mal eine Einladung vom DFB bekommen", sagte er in Richtung des von Bundestrainer Joachim Löw verschmähten Angreifers. Am Ende fiel die erwartete Entscheidung: Es kommt nicht zu einem Wiederholungsspiel, der Einspruch der Hoffenheimer wurde abgelehnt.
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