
DFB-Jungstar Sané Vive Leroy!
Die Karriere des Fußballprofis Souleyman Sané nahm 1985 so richtig Fahrt auf. Sané war damals 24 Jahre alt, er kam aus dem beschaulichen Donaueschingen ins ebenso beschauliche Freiburg, um dort in der Zweiten Liga Fußball zu spielen. Schon in der ersten Saison erzielte er in 37 Spielen 18 Tore, es folgten 17 Treffer in der Spielzeit danach, noch einmal zwölf ein Jahr später. Die Fachleute lobten vor allem das blinde Verständnis mit seinem Sturmpartner, der in diesen drei Jahren ebenfalls stolze 36 Treffer erzielte.
Der Name von Sanés Partner war Joachim Löw. Der ist heute Bundestrainer und hat Sanés Sohn Leroy für das Länderspiel gegen Frankreich (Freitag, 21 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE; TV: ARD) erstmals für die Nationalmannschaft nominiert.
Der Kontakt zwischen Löw und Sané senior ist über die Jahre nie komplett abgerissen. Aber auch sonst ist es für den 19-jährigen Leroy ein sehr besonderes Spiel. Der Jungstar besitzt neben der deutschen auch die französische Staatsangehörigkeit. Theoretisch hätte der Schalker auch auf der anderen Seite im Königsblau der "Equipe Tricolore" auflaufen können. Aber Sané hat sich früh Richtung DFB orientiert.
Traumtor gegen Real Madrid
In Essen geboren, in Wattenscheid aufgewachsen, dort wo sein Vater die erfolgreichste Zeit als Profi erlebte, früh in die Knappenschmiede des FC Schalke aufgerückt: Sané ist ein Kind des Reviers. Und die Eigenschaften, die man den Menschen im Ruhrgebiet als Klischee zuträgt - direkt, schnörkellos, angstfrei, ohne großes Gedöns - beschreibt die Spielweise des Jungprofis ganz zutreffend.
Der 19-Jährige hat erst 25 Bundesligaspiele absolviert. Aber dass ihn der große Fußball besonders einschüchtern würde, kann man wirklich nicht behaupten. Im März hatte er seinen ersten Auftritt in der berühmten Champions League. Es ging zu Real Madrid, mehr geht nicht. Sané erzielte ein wunderschönes Tor gegen den früheren Welttorhüter Iker Casillas. Die europäischen Scouts dürften sich spätestens da den Namen in ihr Notizbuch geschrieben haben.
Im Video: Löw über den "Spieler mit einer besonderen Gabe"
"Er ist schnell, technisch stark, unbeschwert", hat der Bundestrainer die Qualitäten seines 77. Debütanten beschrieben, der Trainerstab des DFB sehe bei ihm "ein enormes Potenzial". Ohnehin wird er seit Beginn dieser Spielzeit mit Lob überhäuft. Sein Klubtrainer André Breitenreiter glaubt: "Er kann der absolute Shootingstar der Bundesliga werden." Dass Julian Draxler, ab sofort Nationalmannschaftskollege, nach seinem Abgang nach Wolfsburg in Gelsenkirchen noch keineswegs vermisst wurde, liegt auch an Leroy Sané, der offensiv in die Lücke gesprungen ist. Um es mit Sanés französischer Herkunft zu sagen: Le Roi est mort, Vive le Roi (zu deutsch: Der König ist tot, es lebe der König).
100.000-Euro-Mercedes Schrott gefahren
Sané ist das neue Schalker Versprechen nach Draxler - das dieser nur zum Teil eingelöst hat. "Man kann ihn schlecht mit mir vergleichen, er wird seinen eigenen Weg gehen", hat Draxler vor dem Länderspiel gesagt. Dennoch könne er "immer gern zu mir kommen, wenn er Tipps haben will". Man hat derzeit nicht das Gefühl, das Sané Tipps von Julian Draxler braucht.
Schließlich hat der Jungstar schon am eigenen Leib erlebt, dass das Profileben nicht nur Popcorn bereithält. Im Vorjahr baute Sané mit seinem frisch erworbenen 100.000 Euro teuren Mercedes C-Klasse einen Unfall, nachdem er gerade erst den Führerschein hatte. Totalschaden. Mit so etwas erwirbt man sich schnell den Ruf des abgehobenen Profis, der unbesonnen mit den dicken Luxusautos durch die Gegend fährt. Der "Reviersport" kommentierte danach ein wenig moralinsauer: "Der Verdacht liegt nahe, dass diesen blutjungen Jungprofis schon früh derartig der Kopf verdreht wird, dass ihre erhoffte Karriere schon vorbei ist, bevor sie begonnen hat."
Das kann man bei Leroy Sané ein Jahr später nicht behaupten. Seine Karriere ist nach dem Unfall erst richtig losgegangen, und nach seiner erstmaligen Kaderberufung durch Löw zeigte er sich alles andere als überheblich: "Es geht ein Traum in Erfüllung, weil ich jetzt mit so namhaften Spielern für die A-Nationalmannschaft auflaufen darf. Allein das Mittrainieren ist schon toll." Er wäre froh, "wenn ich ein paar Minuten Spielpraxis sammeln könnte".
Das ist ziemlich wahrscheinlich, da er nur für das Frankreich-Spiel beim A-Team bleiben kann. Danach geht es zurück zur U21-Nationalmannschaft. Die spielt am Dienstag, wenn auch die Löw-Elf ihr Testspiel gegen die Niederlande absolviert, ihr wichtiges Qualifikationsmatch gegen Österreich. Und dort wird Sané derzeit noch nötiger gebraucht.
Und wenn der junge Ruhm ihm bei der Nationalmannschaft tatsächlich mal zu Kopf steigen sollte, dann kann Joachim Löw ja immer noch zum Telefonhörer greifen und seinen alten Freiburger Kumpel informieren. Vater Souleyman wird dem Junior dann schon die entsprechenden Dinge sagen.