Leroy Sané und der FC Bayern Eine Posse in drei Akten

Das Hickhack um den Transfer des Nationalspielers Leroy Sané von Manchester nach München hat groteske Züge angenommen - es steht sinnbildlich für die Nervosität beim FC Bayern.
Leroy Sane könnte der zweitteuerste Fußballer der Geschichte werden

Leroy Sane könnte der zweitteuerste Fußballer der Geschichte werden

Foto: Andrew Yates / REUTERS

Die Tweets des FC Bayern am Freitagvormittag: Glückwünsche an Stefan Effenberg zum 51. Geburtstag, gefolgt von wissenswerten Infos zu neuen Fußballregeln ab dieser Saison. Alles eher unaufgeregte Neuigkeiten. Viel überraschender zwitscherte ein bestimmter Tweet vom Donnerstag durchs Netz, in dem der Klub eine Einigung mit Leroy Sané über einen Vier- bis Fünfjahresvertrag samt Jahresgehalt von 20 Millionen Euro offiziell dementiert hatte. "Medienberichte vom heutigen Tage, mit dem Inhalt, dass sich Leroy Sané für einen Wechsel zum FC Bayern entschieden hätte, entsprechen nicht der Wahrheit", heißt es darin.

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In der Aussage spiegelt sich wider, welch große Nervosität an der Säbener Straße rund um die Personalie Sané herrscht. Bleibt er in Manchester? Oder kommt er doch noch? Und wenn ja, wie teuer wird er? Geht es um Sané, liegen die Nerven beim FC Bayern derzeit blank. Das Hin und Her um den linken Flügelspieler entwickelt sich zu einer grotesken Aufführung. Ein Possenstück in bislang drei Akten.

Erster Akt: Der öffentliche Rüffel von Karl-Heinz Rummenigge gegen Niko Kovac am Dienstag, auch das war bereits ein Beleg der Unruhe. Dem Vorstandschef hatte nicht gepasst, dass sich Kovac zuvor "sehr zuversichtlich" geäußert habe, dass man Sané "bekommen könne". Hintergrund: Vor gut zwei Wochen sollen die Klubbosse von Manchester City den Bayern in einem Brief deutlich gemacht haben, in nächster Zeit gefälligst nicht mehr öffentlich um den deutschen Nationalspieler zu buhlen.

Zweiter Akt: So erklärte sich dann auch die Aufregung um die Berichte von "Kicker" und "Bild". Kaum hatten beide Medien am Donnerstag gemeldet, Sané würde für eine Ablösesumme von 100 Millionen Euro nach München wechseln, meinte der FC Bayern, umgehend mit einem Dementi reagieren zu müssen. Erstaunlich insofern, als dass der Klub in der Regel Berichte zu Transfers unkommentiert stehen lässt und sich erst bei Vollzug offiziell äußert. Zwar haben sie auch in der Vergangenheit den ein oder anderen Medienbericht zurückgewiesen und auch rechtliche Schritte eingeleitet, 2017 etwa, als in einer Zeitung stand, Joshua Kimmich werde den FC Bayern verlassen.

100 Millionen sind womöglich zu wenig

Doch sich hier gleich so reflexartig zu melden und alles abzustreiten, das verwunderte dann doch - zumindest im ersten Moment. Womöglich fürchten sie bei den Bayern, man könne in Manchester den Eindruck gewinnen, dass klubinterne Quellen die Informationen an Medien weitergegeben haben könnten - was wiederum die City-Führung verärgern und den einen anstehenden Transfer akut gefährden könnte. Oder die Ablösesumme für Sané noch mal um einige Millionen in die Höhe treiben dürfte.

Die englische Tageszeitung "Manchester Evening News" berichtete unterdessen sowieso, dass Citys Klubführung nicht im Traum daran denken würde, Sané für einen ihrer Ansicht nach lächerlichen Schnäppchenpreis von den bislang kolportierten 100 Millionen Euro ziehen zu lassen. Stattdessen habe man sich auf eine Ablösesumme von 160 Millionen festgelegt, was Sané zum zweitteuersten Transfer der Geschichte werden ließe. Nur Neymar kostete mehr, als er 2017 für 222 Millionen von Barcelona nach Paris wechselte.

Ob die Bayern, für die 100 Millionen bislang als oberste Schmerzgrenze galten, für Sané wirklich 160 Millionen Ablöse zahlen würden, doppelt so viel wie für den bisherigen Rekordtransfer Lucas Hernández? Bei den Citizens in Manchester können sie die Situation jedenfalls recht entspannt sehen und auch mit Zahlen jonglieren, um zu sehen, wie weit die Bayern beim Ablösepoker mitgehen würden. Für den englischen Meister ist es sicher angenehm, Sané weiterhin als Ergänzungsspieler in der Rückhand zu wissen.

Bayern-Kader benötigt Breite

Die Bayern hingegen wissen, dass sie einen Hochkaräter wie Sané unbedingt brauchen. Auch zweieinhalb Monate nach Saisonende und zwei Wochen vor Bundesligastart stockt die Transferpolitik des bislang glücklosen Sportdirektors Hasan Salihamidzic weiterhin. Zudem zeigten die Verletzungen von Kingsley Coman und Serge Gnabry (beide nicht schwer) beim Vorbereitungsturnier in München, wie zerbrechlich das System angesichts des 17-Mann-Kaders momentan ist. Langfristige Verletzungen können sie sich mit dieser dünnen Personaldecke nicht erlauben.

Und sogar wenn sie Sané noch kaufen, zu welchem Preis auch immer, hätten sie trotzdem nur 18 Profis unter Vertrag. Selbst das ist noch zu wenig.

Dritter Akt: Am Freitagmittag gab Kovac eine Pressekonferenz vor dem Super Cup am Samstag (20.30 Uhr Liveticker SPIEGEL ONLINE; TV: ZDF) in Dortmund. Die erste Frage ging an den Klubsprecher Dieter Nickles mit der Bitte um eine Erklärung, warum sich der Verein genötigt sah, den besagten Dementi-Tweet am Donnerstag zu veröffentlichen. Nickles hätte die diffuse Lage aufhellen und Klarheit schaffen können.

Stattdessen sagte er: "Dazu gibt es keine Antwort, weil der Cheftrainer ist in der Pressekonferenz. Wir wollen sportlich bleiben." Damit war das Thema schnell abgebügelt. Auch das sagte viel aus über die anhaltende Nervosität bei den Bayern. Vermutlich liefert das Possenstück noch einige Zugaben.

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