Rafael Buschmann

Enthüllungen zum FC Barcelona Am Nasenring

Der Fall Messi zeigt: Top-Klubs lassen sich von ihren Superstars vorführen. Wer nicht bereit ist, jeden Wunsch zu erfüllen, ist den Spieler schneller los, als ein Vereinsboss "Handgeld" sagen kann.
Lionel Messi

Lionel Messi

Foto: ALBERT GEA/ REUTERS

Der Vereinsmythos des FC Barcelona ist in wenige Worte zu fassen: "Més que un club", zu deutsch: "Mehr als ein Verein". Das Klubmotto soll Tradition, Stolz, Unabhängigkeit vermitteln, ein Weltverein aus Katalonien, widerspenstig, immer im Kampf gegen die Mächtigen.

Slogans haben oft eine Schwäche: Misst man ihre Aussagekraft an der Realität, lösen sie sich zumeist in Luft auf. Puff.

Wer die vielen E-Mails, Verträge, Kontoauszüge, Überweisungsträger und Gutachten liest, die der SPIEGEL von der Enthüllungsplattform "Football Leaks" erhalten hat, erkennt hinter dem großen, stolzen FC Barcelona vielmehr einen Klub, der sich kleinmacht. Der in fast devoter Art handelt, ohne Rücksicht auf die eigenen Werte oder auf Moral.

SPIEGEL-Redakteur Rafael Buschmann im Video: Auf Messis Spuren

DER SPIEGEL

In den Dokumenten, die der SPIEGEL monatelang gemeinsam mit seinen Partnern vom Recherchenetzwerk European Investigative Collaborations ausgewertet hat, geht es insbesondere um das Verhältnis des FC Barcelona zu seinem wichtigsten Spieler, dem argentinischen Superstar Lionel Messi. Und zu dessen Vater Jorge, der im vergangenen Jahr gemeinsam mit seinem Sohn zu 21 Monaten Haft und einer hohen Geldstrafe verurteilt wurde. Es ging um Steuerbetrug. Die Messis wanderten nicht ins Gefängnis, weil sie Ersttäter waren.

Messi verdient über 100 Millionen Euro - pro Saison

Der FC Barcelona und Jorge Messi, der als Berater seines Sohnes auftritt, stehen permanent in Verhandlungen. Sobald ein Arbeitspapier unterzeichnet wird, beginnt zeitnah das Feilschen um den nächsten Vertrag. Der Papa will immer mehr, Barça gibt immer mehr. So geht es seit Jahren. Mittlerweile ist Lionel Messi bei einem Weltrekord angekommen, er verdient nun mehr als 100 Millionen Euro. Pro Saison. Sein neuer Vertrag, den er erst im November unterzeichnete, hat ein Gesamtvolumen von bis zu einer halben Milliarde Euro.

Man kann das anstößig, unverhältnismäßig oder eklig finden. Oder man lässt es und akzeptiert, dass der Fußballmarkt mittlerweile vollkommen aus dem Ruder gelaufen, ja, explodiert ist. Das Geld - ein Großteil davon bezahlt von Fans über Tickets, TV-Abos und Merchandising-Artikel - hat den Profifußball geflutet.

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Das führt zu einer absurden Situation: Mittlerweile wirkt es, als gebe es nicht genügend herausragende Kicker für die vielen Millionen an Euro, Pfund und Dollar, die der Spitzenfußball bewegt. Das bringt die Spieler und ihre Berater in eine so starke Position, dass sie die Klubs scheinbar wie am Nasenring durch die Verhandlungszimmer führen. Ein Verein, der heutzutage nicht bereit ist, die Wünsche eines Superstars zu erfüllen, ist diesen oftmals schneller los, als ein Klubboss "Handgeld" sagen kann.

Um es deutlich zu formulieren: Barcelona ist ein Klub, der fast 20 Jahre lang Steuervergünstigungen vom spanischen Staat erhielt. Und dieser Verein begleicht nun die Steuerschulden eines verurteilten Steuersünders, in dem er einfach sein Gehalt entsprechend anhebt. Messi que un club.

Wenn Vereine so agieren, ihre eigenen Leitplanken, ihre moralischen und ethischen Standards über Bord werfen, nur weil sie unbedingt einen Spieler - egal wie gut er tatsächlich ist - verpflichten oder an sich binden wollen, dann darf der Fußball sich nicht wundern, wenn er zunehmend seine Glaubwürdigkeit verliert.

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