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Fotostrecke: Aus Syrien in die große Fußballwelt

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Gladbacher Jungstar Dahoud Überflieger aus Syrien

Zwei Jahre lang war Mo Dahoud nur Bankdrücker bei Borussia Mönchengladbach, kam auf eine einzige Bundesligaminute. Jetzt ist der 19-jährige gebürtige Syrer die Symbolfigur des Gladbacher Siegeszuges.

Die Stadt Amude liegt an der syrisch-türkischen Grenze, sie wird überwiegend von Kurden bewohnt, ihre Einwohner hatten jahrelang unter den Repressionen des Regimes Assad zu leiden. Im Jahr 1996 hatte eine Familie genug von all dem, sie begab sich auf die Flucht nach Deutschland, dabei hatte sie ihr zehnmonatiges Baby.

Das Baby hatten die Eltern auf den Namen Mahmoud getauft. Es ist heute der erste Bundesligastar, der aus Syrien stammt.

Mahmoud, kurz: Mo, Dahoud ist erst 19 Jahre alt, er hat erst zwölf Bundesligaspiele für Borussia Mönchengladbach absolviert, davon gerade einmal sechs in der Startelf - und TV-Experte Lothar Matthäus hat ihn bei Sky schon als möglichen künftigen Weltfußballer tituliert.

Nun nimmt Matthäus gerne einmal den Mund sehr voll, und bei Dahouds Klub hören sie so etwas vor dem Champions-League-Duell gegen Juventus Turin (20.45 Uhr, Liveticker SPIEGEL ONLINE) überhaupt nicht gerne. Der junge Mittelfeldspieler ist zwar so etwas wie das Symbol des Gladbacher Aufschwungs unter dem Interimscoach André Schubert. Dennoch versuchen Trainer und Sportdirektor einen Hype um Dahoud im Keim zu ersticken.

"Der macht das im Moment ganz ordentlich"

Was nicht so einfach ist, wenn man den Sechser an der Seite des zwar auch erst 23-jährigen, aber ungleich erfahreneren Granit Xhaka agieren sieht wie vor zwei Wochen bei der Bundesligapartie in Frankfurt. Beim 5:1-Erfolg über die Eintracht erzielte Dahoud nicht nur sein zweites Bundesligator, er assistierte bei zwei weiteren Treffern, er war der Mann des Spiels.

Dass Schubert anschließend die Gala mit dem nüchternen Satz "Der macht das im Moment ganz ordentlich" kommentierte, gehört zur Strategie des Vereins. Auch mediale Anfragen zu den Umständen der Flucht aus Syrien werden von der Borussia derzeit abschlägig beschieden. Der Junge soll sich aufs Fußballspielen konzentrieren. Und das funktioniert derzeit ja auch mindestens sehr ordentlich.

Xhaka und Dahoud, das ist derzeit die Achse im Mittelfeld, die das gesamte Gladbacher Spiel stabilisiert. Es gehört zu den letzten verdienstvollen Amtshandlungen des zurückgetretenen Trainers Lucien Favre, dass er dieses Duo am fünften Spieltag in Köln nach zuvor vier Ligapleiten erstmals in der Startformation installierte. Auch diese Partie ging verloren, Favre war einen Tag später weg, aber das Sechser-Duo hatte sich gefunden und blieb seitdem bestehen.

Vor zwei Jahren schon einmal vor dem Durchbruch

"Mo hat ein riesiges Potenzial. Ich hoffe für ihn, dass er so weitermacht", sagt Nebenmann Xhaka, unter Schubert zudem Kapitän der Mannschaft. Schließlich schien der junge Mann, der in Rösrath unweit von Köln aufwuchs, schon einmal so weit zu sein. Vor zwei Jahren galt er als Gewinner der Saisonvorbereitung, in einem Testspiel gegen die Bayern trickste er ohne jede Scheu vor den großen Namen des Gegners wie ein Meister, und Favre sagte anschließend, Dahoud zeige "Sachen, oh là là".

Mehr als das "Oh là là" hatte der Trainer seinem Jungstar anschließend allerdings nicht anzubieten. An der stabilen Sechs mit Xhaka und dem heutigen Leverkusener Christoph Kramer war kein Vorbeikommen, Dahoud plagte sich zudem mit Verletzungen herum. Nach zwei Jahren im Gladbacher Profikader kam er gerade mal auf eine einzige Bundesligaminute. Ein Talent war auf dem Weg, in Vergessenheit zu geraten.

Dann verließ erst Kramer den Verein, dann Favre, und plötzlich war für Dahoud der Platz im Team frei, er bekam die Chance, er hat sie genutzt. Wenn das große Juventus Turin an diesem Dienstagabend den Weg in den Borussia Park findet, sitzt Juve-Sportdirektor Giuseppe Marotta nicht nur auf der Tribüne, weil er seine eigene Mannschaft anschaut. Er wird auch ein besonderes Augenmerk auf einen 19-jährigen Deutsch-Syrer haben, vermeldet die italienische Zeitung "Tuttosport".

Vor drei Monaten noch ein Bankdrücker ohne große Perspektive, jetzt schon im Notizblock der Scouts des Champions-League-Finalisten Juventus Turin. So schnell geht es manchmal.

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