
ManCity vs. ManUnited: Sieg dank Kopf und Kampf
Premier-League-Topspiel Der Himmel über Manchester ist blau
Ein enttäuschendes Match. Viel Kampf, noch mehr Nervosität, wenig Klasse, kaum Torchancen. Hochgerechnet 650 Millionen Menschen sollen dieses Spiel weltweit gesehen haben. Sie bekamen fast nichts geboten.
Und den Fans von Manchester City wird das alles vollkommen egal sein.
1:0 haben die Himmelblauen gegen den Stadtrivalen United gewonnen. Nur das zählt nach dem Match, das zur "Battle of Manchester" ("die Schlacht von Manchester") stilisiert worden war. ManCity hat den Red Devils mit dem Sieg die Tabellenführung aufgrund der besseren Tordifferenz entrisssen, es sind nur noch zwei Spieltage bis zum Saisonschluss. City ist der Meisterschaft so nah wie seit den sechziger Jahren nicht mehr.
Das Momentum ist jetzt auf Seiten des Teams von Trainer Roberto Mancini. Acht Punkte hat City seit Ostern gegenüber United aufgeholt - Zeichen der Stärke des einen, Zeichen der Schwäche des anderen. United hat sich seine Krise zur Unzeit erlaubt: 0:1 beim Abstiegskandidaten Wigan, 4:4 gegen Everton, 0:1 im Lokalderby: Das sind die ernüchternden Liga-Resultate im April.
Eckball entscheidet die "Battle of Manchester"
Wie der Treffer des Tages fiel, war bezeichnend für diese Partie. Einen Eckball von David Silva köpfte der ehemalige Hamburger Vincent Kompany in der Nachspielzeit der ersten Hälfte ins Netz. Ein schmuckloser Standard entschied das Derby, anders hätte man es sich auch kaum vorstellen können. In den ersten 45 Minuten brachten beide Teams außer dem Treffer nur eine halbe Torchance zustande. Das war aber immerhin noch eine halbe Chance mehr als im gesamten zweiten Durchgang.
Top-Spiele haben häufig diese Aura. Die Erwartungen im Vorfeld sind mittlerweile so hoch, dass die Spieler dem kaum gerecht werden können. Auch in Manchester war der Druck spürbar, die Furcht vor dem Fehler fühlbar, vor der einen zu riskanten Aktion, die den Ertrag einer gesamten Saison gefährden kann. So werden Spitzenspiele zu Angstspielen.
Leidenschaft gab es dennoch genug auf dem Rasen - und an der Seitenlinie. Die beiden Trainer Alex Ferguson und Roberto Mancini gerieten in der zweiten Halbzeit aneinander, nachdem der gerade erst eingewechselte City-Zerstörer Nigel de Jong United-Angreifer Welbeck abgegrätscht hatte. Im Grunde war es die spektakulärste Szene des gesamtes Spiels.
Mit dem Scheichgeld an die Spitze
"Es war ein großer Sieg", bemühte Mancini anschließend dennoch ein wenig italienisches Pathos, was ihm angesichts der jetzigen Tabellenkonstellation nachzusehen sein dürfte. City weist in der Tordifferenz gegenüber dem punktgleichen Mitbewerber einen Vorsprung von acht Treffern auf. Das ist zwar nicht uneinholbar, aber erst einmal beruhigend für die Blauen. Das Restprogramm für City ist mit Newcastle und Queens Park Ranges durchwachsen, aber auch United muss gegen Swansea und Sunderland erst einmal gewinnen. Es spricht viel für City.
Der Club, der 1968 das letzte Mal englischer Titelträger war, hat den Sprung zur Spitze dank der unermesslichen Reichtümer des Scheichs Mansour Bin Zayed al- Nahyan geschafft - das Mitglied der Herrscherfamilie von Abu Dhabi hat seit 2009 Milliarden in den Club gesteckt. Vor zehn Jahren kickte City noch in der zweiten Liga.
City hat dafür viel Neid und Ablehnung erfahren. Dabei hat der Club nur in allerdings gesteigertem Ausmaß und quasi im Zeitraffer das vollzogen, was auch die anderen Top-Clubs der Premier League seit Jahren exekutieren. Ob United, Arsenal, Tottenham oder Chelsea - überall sind es schwerreiche Eigentümer, die die Geldmaschine in der Premier League am Laufen halten. City ist nur der Neureichste unter den Neureichen.
Carlos Tévez, Kun Agüero oder Mario Balotelli: Ohne das Scheichgeld würden solche Offensiv-Hochkaräter anderswo ihr Geld verdienen. Sie zu einer Mannschaft zu formen, das kann allerdings auch ein Milliardär nicht hinbekommen. Das ist die Aufgabe des Trainers - und Roberto Mancini ist denn auch der Vater des Erfolgs bei den Himmelblauen. Der Italiener hat einen Kader schwierigster Charaktere mit den schwer erziehbaren Tévez und Balotelli an der Spitze auszubalancieren. Ihm gelingt dies mit einer Mischung aus Härte, Autorität und Psychologie - Tévez und Balotelli wurden mal suspendiert, dann wieder integriert.
Und wer diese beiden motivieren kann, ohne ihnen gleichzeitig ihre Eskapaden durchgehen zu lassen, der hat jetzt schon sein Meisterstück abgeliefert.